Wu. Frank Rudolph
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武术起原中国,属于世界。
弘扬中华武术。
武术最高境界贡献于人类,和谐社会。
wu shu qi yuan zhong guo, shu yu shi jie.
hong yang zhong hua wu shu.
wu shu zui gao jing jie gong xian yu ren lei, he xie she hui.
Das wushu ist China entsprungen, es gehört jedoch der ganzen Welt. Fördert die (chinesischen) Kampfkünste.
Die höchste Stufe der Kampfkunst ist es, einen Beitrag für die Menschheit zu leisten, für eine ausgeglichene und harmonische Gesellschaft.
Li Zhenghua – 李正华, Wuhan, 1. Februar 2011
Hinter Mauern
Hinter einer Mauer wurde ich geboren und wuchs dort auf.1 Als die Mauer zusammenbrach, stürzte ich mich gierig auf die Welt der Kampfkünste. Der Koautor dieses Buches machte mich noch hungriger auf die Kunst des Kämpfens. Er inspirierte mich und riss viele Mauern in mir ein.
Vor zehn Jahren reiste ich in ein großes Land, das die größte Mauer der Welt besitzt – China. Diese Mauer wird nicht einstürzen. Hinter diesem Wall lernte ich einiges. Vor allem, dass von den Menschen immer Mauern errichtet werden, die alles voneinander trennen, alle Wissenschaften, alle Kampfkünste … Wir trennen Ost von West, wir trennen unsere Glaubensrichtungen und natürlich auch die Stile der Kampfkunst. Durch Mauern entstehen Abgrenzungen und werden Kriege hervorgerufen. Der Mensch mauert sich ein, geistig und körperlich. Doch es sollte immer unser Ziel sein, eigene Mauern einzureißen, dahinter zu schauen und so den Horizont zu erweitern.
Im Kampf bzw. im Krieg es ist das Ziel, Mauern zu durchbrechen und zu überwinden. Zu diesem Zweck haben Menschen Kampfkünste entwickelt. Die okinawanische Kampfform passai drückt dies sogar wörtlich aus.2 Und doch entstehen gerade dadurch neue Wälle, die man dann wieder durchbrechen und umstürzen möchte. Das ist der Kreislauf innerhalb von Mauern.
Auch Bücher mit ihren vielen Worten gleichen Mauern. Der Mensch ist begierig danach, diese Mauern abzureißen, um zu sehen, was dahinter ist. Doch oftmals entdeckt er nur neue Hindernisse. Schließlich aber erkennt man, dass es, mit freiem Geist betrachtet, gar keine Mauern gibt.
Maik Albrecht, Wuhan 2010
Einleitung
Kampfkünste gehören zur Evolution des Menschen wie der aufrechte Gang oder die Sprache. Sie sind eine Form der menschlichen Kultur, von Menschen geschaffen und ausgeübt, genauso wie Religion oder Philosophie.
Nach einem Jahrzehnt in China, zehn Jahren Training bei einigen der letzten noch lebenden echten Meister des chinesischen wushu, möchte ich hier meine Sichtweise und Gedanken zur Kampfkunst wiedergeben. Anhand meiner Erfahrungen möchte ich verständlich werden lassen, was wushu ist und was nicht. Doch es geht nicht allein um die chinesische Kampfkunst. Das Buch befasst sich auch mit der Thematik der Kampfkünste im allgemeinen und ist dadurch für jeden geeignet, der sich mit dieser Materie in irgendeiner Weise beschäftigt.
Ich will versuchen, einige wichtige Fragen zur Kampfkunst zu beantworten. Fragen, die bisher selten gestellt wurden und auch solche, die statt Antworten noch mehr Fragen lieferten. Was ist wushu, was ist gongfu? Was unterscheidet die Kampfkünste voneinander? Ist es überhaupt sinnvoll, eine Differenzierung vorzunehmen? Worin liegt der Unterschied zwischen einer modernen und einer traditionellen Methode? Was ist Kampfkunst und was Kampfsport? Wofür sind Kampfkünste gut bzw. sind sie eigentlich in unserer Zeit überhaupt noch für etwas gut?
All diese Fragen wurden bisher höchst unterschiedlich beantwortet, ungenau in einigen Fällen, gar falsch in anderen. Nicht zuletzt aus diesem Grund herrscht in der Welt der Kampfkunst heute ein heilloses Durcheinander. Dazu kommt, dass das Nichterkennen der Gemeinsamkeiten zu einem Konkurrenzkampf führt, der letztendlich allen Beteiligten schadet.
Lange bevor ich nach China ging, habe ich mich bereits mehr oder weniger intensiv mit verschiedenen östlichen und westlichen Kampfkünsten (Kampfsportarten) beschäftigt. Ich kann heute im Rückblick keine wirklichen, das Wesen betreffenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Stilen erkennen, wo auch immer sie herstammen. Im Grunde geht es überall um das gleiche, die Ziele sind dieselben, nur die Form unterscheidet sich. Dennoch streitet man darum, was das beste sei. Ob es so etwas wie die »beste Kampfkunst« überhaupt gibt, ist zu bezweifeln.
Die Trainingsmethoden des traditionellen wushu sind die wirksamsten, die ich kenne, wenn es darum geht, seinen Körper gesundzuerhalten und eine flexible Kraft zu entwickeln. Die alten Wushu-Techniken sind sehr effektiv, und sie sind anders als das, was man heute als das »moderne wushu« bezeichnet. Doch halte ich beispielsweise die westlichen Boxtechniken gegenüber den Fausttechniken der meisten chinesischen Wushu-Stile (Südfaust, Langfaust) für überlegen. Letzten Endes hat es aber wenig Sinn, Vergleiche anzustellen, um festzustellen, welche Kampfkunst nun die Ehrung als die beste verdient. Solche Überlegungen führen nur selten zu etwas Gutem, dafür um so häufiger zu Neid, Frustration und Feindschaft.
Ein großes Problem stellt die Einführung von Neuerungen, für die es keine Notwendigkeit gibt, dar. Oft ist es ja so: Irgend jemand beschließt eines Tages, einen »neuen« Stil zu erschaffen oder einen »alten« so zu verändern, dass er »besser in die neue Zeit« passt. So ähnlich, wie es Nakayama Masatoshi mit dem shotokan tat. Ist dieser Jemand geschickt, eröffnet er bald eine Kette von Schulen, produziert eine DVD, schreibt ein Buch und verbreitet seine neue und »bessere« Lehre in der ganzen Welt. Bald wird niemand mehr den Ursprung erkennen und zu würdigen wissen. Jene Meister, die solch eine Entwicklung aufhalten könnten, nehmen die ganze Sache nicht ernst – bis es irgendwann zu spät ist. Schließlich passt sich die alte Garde sogar an oder geht buchstäblich in den Untergrund. Unser Neuling baut um seine Lehre herum eine ganze Welt auf mit Urkunden, Wettkämpfen, Meisterschaften. Und eines Tages geht er zu den alten Lehrern und erklärt ihnen, dass sie alles falsch machen und besser zu ihm in die Lehre gehen sollten. Wer das für ein Horrormärchen hält, der irrt. Das ist die moderne Welt der Kampfkunst.
Die Kampfkunstgemeinde ist heute in hohem Maße ein Marktplatz, auf dem es darum geht, seine Ware so teuer wie möglich an den Mann zu bringen, wo nur zählt, wer der Erste und natürlich der Beste ist. Der Verkauf von Titeln, Urkunden und Zertifikaten ist heute gängige Praxis. Wer sich nicht anpassen möchte, wem es nur um die Kunst geht, der wird unglaubwürdig gemacht, indem man einfach auf seine nicht vorhandenen »Ehrungen« verweist. Auch in China ist das nicht anders.
Meister Li, mein shifu, ist einer der wenigen Meister in China, die niemals auch nur einen Fen dafür ausgegeben oder Beamten geschmeichelt haben, um an eine Urkunde zu gelangen. Offen gestanden bezweifle ich bei vielen Meistern, dass sie ihre Grade durch Leistungen errungen haben, und bei einigen weiß ich sicher, daß dies nicht der Fall war.
Meister Li bekam eines Tages das Angebot, den seltenen Stil lusiquan in einem Video darzustellen. Dieser Stil ist auch in ganz China unbekannt, selbst bei den dortigen Wushu-Experten. Für dieses Video hätte mein Meister vom Staat einen noch höheren Grad bekommen. Er wäre dann der jüngste Träger des 8. Duan gewesen, den es China gibt. Diese Ehrung hätte nicht einmal auf Betrug, Macht und Geld beruht, sondern auf einer wirklichen Leistung. Doch selbst hier lehnte Meister Li ab.