Ich sag's mit Sax!. Kathrin Eipert
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Ausreichend Lampenfieber war auch immer im Gepäck.
Einmal begleiteten wir ein internationales Tanzturnier. Man erklärte mir vorab, was auf mich (immer noch als Schülerin!) zukommt. Standards, Walzer, Tango, Quickstep, Rock ’n’ Roll und lateinamerikanische Sachen wie Samba, Rumba, Paso Doble, Jive.
Oh, was war ich aufgeregt! Ich war sogar so aufgeregt, dass ich zwar alle meine passenden Outfits einpackte, aber beide Saxophone vergaß. Wir bemerkten das nach knapp 80 Kilometern zurückgelegter Strecke. Der Bandbus drehte meinetwegen und wir holten die Instrumente. Ich hörte mir 160 Kilometer lang an, wie unerklärlich es sei, zwar an Outfits zu denken, aber die Saxophone zu vergessen und welche Vorteile doch ein Mann am Saxophon hätte. Mist, irgendwie hatten sie ja Recht.
Ich riss mich bei diesem Tanzturnier dermaßen zusammen, dass ich sämtliche Stilistiken einhielt, keinen Einsatz verpasste und mich trotzdem noch showmäßig bewegte. Wahrscheinlich war ich selten sieben Stunden am Stück so hochkonzentriert. Am Ende kam ein Wertungsrichter in die Bandgarderobe und meinte:
»Meine Herren – Glückwunsch zu dieser gelungenen Veranstaltung. Sehr gern kommen wir wieder auf sie zu. Und ihre Frau mit Saxophon war klasse.«
Ich verkniff mir ein Lächeln.
Viele Abende stand ich nun musizierend auf Bühnen und kam erst spät nachts heim. Da ich in der Schule ausgesprochen gut war, entfiel so auch gelegentlich die erste Stunde Mathematik oder Geografie. Die Hausaufgaben waren immer leicht, gab es doch mal die Schulnote zwei, ärgerte ich mich maßlos. Ich hatte fast immer alles Einsen (außer in Ordnung und Betragen). Das hielt mir den Rücken frei, um die verbleibende Zeit in die Musik zu investieren und mit meinem Hund zu spielen.
Als Band arbeiteten wir mit Dagmar Frederic, Heinz Florian Oertel, Eberhard Chors, Günthi Krause und Peter Wieland. Sie waren zur damaligen Zeit der Wende echte Stars, die sich ihre Karriere bereits erarbeitet hatten und mit mir trotzdem bodenständig und ausgesprochen liebenswert umgingen. Das prägte mich für die Zukunft: »Den wahren Charakter eines Menschen erkennt man daran, wie er mit Schwächeren umgeht.« Die ersten Schritte auf die Bühne waren also getan und ich verstand allmählich:
Erfolg ist eine Treppe – keine Tür! Man geht nicht einfach durch eine Tür und ist am Ziel. Und eine Treppe kann man recht mühsam nach oben steigen, aber ebenso flott nach unten stolpern … und in High Heels geht’s noch schneller abwärts! Aber oft war das Glück an meiner Seite.
Vom Fern-Sehen
Wenn sich ein Künstler nur auf sein Glück verlässt, wird er ganz schnell vom Glück verlassen sein. Zu unserem Beruf gehört mehr, als so mancher glaubt. Das Zauberwort heißt Arbeit. Damit meine ich Beständigkeit, Biss, Kreativität und immer wieder üben, üben und nochmals üben. Sonst sieht man dem Geschäft schneller zu, als einem lieb ist – und zwar aus der Ferne!
Da ich das nicht vorhatte, war ich längst zum Arbeiter geworden. Ich wollte nicht auf dem Sofa liegen, Schokolade in mich reinstopfen und über andere Leute im Fernsehen meckern.
Und ein Künstler braucht Öffentlichkeit. Er muss gesehen werden – am besten im Fernsehen. Mein Ziel war, es wenigstens selbst zu versuchen. Dass diesen Gedanken Unmengen an Menschen haben, ist zu jeder Tageszeit im TV zu erleben. Nun gut, bei manchen klappt es, bei manchen geht es schief. Welche Varianten hatte ich also für mich?
Das Risiko, dass mein Fernsehauftritt bei Günther Jauchs »Wer wird Millionär« in öffentlicher Blamage endet, war zu hoch. Ehrlich, dafür bin ich zu doof.
Für die Chirurgen-Sendung »Extrem schön« war ich eventuell von Mutter Natur noch zu gut ausgestattet, also nicht hässlich genug. Ich halte mich zwar nicht für schön, aber wenn ich gebadet, eingecremt und geschminkt bin, ist es zumindest irgendwie auch ohne plastische Chirurgie zu vertreten. Und das »Dschungelcamp« kam für mich als Vegetarier und mit einigen Phobien belastet auch nicht in Frage. Es gibt noch »Frauentausch«. Aber das hätte extremes Aufräumen bedeutet. Irgendwie ist bei mir im Haus immer das Chaos vorherrschend. Ich hatte ja schon als Kind in Ordnung nur ne Zwei auf dem Zeugnis. Außerdem, welcher fremde Mann könnte mich und mein ständiges Saxophonspiel eine Woche lang ertragen? Diese Kraft hatte nur einer, und der hätte mich NIEMALS eine komplette Woche mit einer anderen Frau getauscht.
Beim Schreiben dieser Zeilen stockt mir gerade der Atem – ich hab IHN eigentlich nie danach gefragt …
Oh, also schnell zurück zur Realität!
Meine realistische Chance ins Fernsehen zu kommen, bestand also nur, wenn ich gute Arbeit vorlegte und mein Saxophon klingen ließ. Dieser Grundsatz zieht sich bis heute durch mein Leben. Ich hab ganz sicher ne Menge Fehler, aber mangelnden Fleiß kann mir niemand vorwerfen.
Nun ist Fernsehen aber ein sehr spezielles Thema.
Als Zuschauer erlebt man immer die perfekte Show, hoch professionell inszeniert. Allerdings – wie im wahren Leben auch – spielen sich hinter den Kulissen manchmal lustige, manchmal auch tragische und nicht immer vorhersehbare Dinge ab. Und genau dahin möchte ich Sie jetzt mitnehmen und Ihnen einige Begebenheiten erzählen.
Wie ein Balletttänzer meinen Auftritt rettete
Vorweihnachtszeit 2011.
Es stand eine Musiksendung im Fernsehen an.
Für einen Instrumentalisten ist das prinzipiell ein großes Glück, zum ganz großen Glück wird es, wenn man diese Chance bekommt, ohne einen Namen wie zum Beispiel Claydermann oder Garrett zu tragen. Und da mein Name Kathrin Eipert ist, ich aus Brehna komme, und ich weder ein Management noch eine Plattenfirma mit entsprechenden »Vitamin-B-Kontakten« im Rücken habe, war es echt phänomenal.
Es ging also in die Chemnitzer Stadthalle zur Aufzeichnung von »Weihnachten bei uns« mit Inka Bause. Der Weg klingt kürzer als er ist, nicht unbedingt in Kilometern gerechnet, sondern in Zeit. Ich füge vor TV-Shows dieses Kalibers nämlich immer einige »Umwege« ein.
Umwege zum Frisör, Umwege zur Kosmetikerin, Umwege ins Fingernagelstudio. Nicht zu vergessen sind die Umwege in Boutiquen. Irgendetwas brauche ich ja immer zum Anziehen, und zwar etwas Neues, Schönes, Passendes. Einkaufen ist für mich übrigens der absolute Horror. Es ist eine wahnsinnige Zeitinvestition, bis ich das passende Outfit komplett habe. Passen muss die Klamotte ja zu mir, zum Musiktitel und nicht zuletzt zum schwarz-silbernen Sax.
Ich beneide jeden Star, der dafür Profis an seiner Seite hat!
Und ganz sicher wünschen sich meine begleitenden Freunde auch, dass ich dafür ’nen Profi hätte. Sie erleben nämlich bei meinen Shopping-Trips die gesamte Klaviatur der Emotionen.
Nun gut, die Umwege lagen erfolgreich