Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera. Jörg Wagner

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Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera - Jörg Wagner

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von Siedlern aus Xanthos sei, und in der Tat belegen Inschriften des frühen 4. Jhs. v. Chr. sehr enge Beziehungen zwischen beiden Städten. Im Jahre 334 v. Chr. gehörte die Stadt zusammen mit Xanthos und Patara zu den wichtigsten lykischen Eroberungen Alexanders des Großen, wobei Arrian besonders betont, dass die Stadt sich kampflos ergeben habe. In hellenistischer und römischer Zeit nicht so bedeutend wie die Rivalin Tlos zählte sie doch zu den sechs wichtigsten Städten des Lykischen Bundes mit dreifachem Stimmrecht. Aber schon in römischer Zeit gereichte der Stadt ihre abgelegene Lage mehr und mehr zum Nachteil für ihre wirtschaftliche Entwicklung; die weiter geschwundene Bedeutung in byzantinischer Zeit lässt sich an der Verkleinerung des Stadtgebietes ablesen. Im Mittelalter wurde Pinara durch ein Erdbeben vermutlich weitgehend zerstört und von seinen letzten Bewohnern verlassen, die in die Ebene zu ihren Feldern zogen.

      Akropolis

      Die steil aufragende Felswand des Burgberges, die von zahlreichen schlichten Felskammergräbern wabenartig durchlöchert ist, weist schon aus der Ferne den Weg nach Pinara (Abb. 15). Es ist eine atemberaubende Vorstellung, wie die Handwerker zum Ausschlagen dieser Grabkammern auf Arbeitsbühnen an Stricken vom Gipfelplateau herabgelassen wurden oder im unteren Teil, aber immer noch in schwindelerregender Höhe mit zusammengebundenen langen Leitern ihren Arbeitsplatz zu erreichen suchten. Plinius vermittelt davon einen realistischen Eindruck, denn der von ihm überlieferte Augenzeugenbericht bezeichnet die Steinmetzen als „Vogelmenschen“, die nach der erfolgten Beisetzung noch vorgefertigte Fassaden aus Holz oder Stein in die Graböffnungen einsetzten. Die abgerundete Form des Burgberges gab der Stadt vielleicht ihren Namen, denn pinara bedeutet auf lykisch „rund“. Das wasserlose Plateau dieses Felsens war wohl nie dauerhaft besiedelt, sondern hat zu allen Zeiten nur als Fluchtburg gedient.

      Rundgang

      Die Zufahrt nach Pinara endet bei der Quelle an einem Parkplatz, an dem der bekçi oder auch Jungen aus dem Dorf als Führer bereitstehen. Es empfiehlt sich unbedingt, die angebotene Hilfe anzunehmen, denn das antike Stadtgebiet, das sich auf die Terrasse und die Senke am Fuß der Oberburg erstreckt und durch den Unterburgfelsen geschützt wird, ist recht unübersichtlich und stellenweise stark überwuchert. Leicht kann man den richtigen Weg und somit das eine oder andere wichtige Monument verfehlen.

      Beim Aufstieg trifft man als erstes auf das „Fürstengrab“, ein schönes Felsgrab mit einer ionischen Tempelfront, dessen Fassade in der Form einer offenen hölzernen Vorhalle gestaltet ist und an dessen Grabtür Nachbildungen von Nägeln und Bronzebeschlägen zu erkennen sind. Auf dem Architrav treibt ein Reiter mit drei Fußsoldaten eine Gruppe von Gefangenen vor sich her; im Giebel sehen wir den Grabherrn, der mit einer Buchrolle auf den Knien an einem Tisch sitzt. Offensichtlich legte der Verstorbene großen Wert darauf, nicht nur seine militärischen Tugenden, sondern auch seine hochstehende Bildung gebührend hervorzuheben. Von ganz besonderem Interesse sind auch die vier Reliefs an den Seitenwänden der Vorhalle, die in je zwei Feldern übereinander in einem bergigen Gelände verschiedene lykische Stadtansichten mit zinnenbewehrten Mauern und Türmen, Häusern mit Kassettenfronten und Sarkophagen abbilden, die innerhalb der Stadtmauer stehen. Der strenge architektonische Charakter dieser Stadtbilder wird durch einzelne Figuren aufgelockert, so durch einen Torwächter und einen Mann im Gespräch mit zwei Knaben.

      Wie weitere Stadtansichten aus Telmessos, Tlos, Xanthos, Trysa und Limyra zeigen, waren solche Stadtreliefs ein beliebtes Motiv in der lykischen Kunst. Allerdings lässt sich nicht klären, ob es sich um eine oder mehrere Städte aus dem Herrschaftsbereich des hier bestatteten Fürsten handelt. Oder sind diese Bilder freie künstlerische Darstellungen, mit denen die lykischen Dynasten ihre Gräber ausschmückten? In diesem Zusammenhang ist ein Gedanke von Christine Bruns-Özgan interessant, die einen Zusammenhang zwischen den Stadtbildern in der Vorhalle und der Fortführung der Gefangenen auf dem Architrav sieht. Danach könnte es sich um die Eroberung einer Stadt und die Gefangennahme ihrer Verteidiger handeln, ein Kontext, der auf den Reliefs vom Nereidenmonument in Xanthos gesichert ist.

      Weiter nördlich trifft man auf eine Grabhausfassade, die mit ihrem spitzen Giebel an die Schmalseite der Sarkophage in Antiphellos und Limyra erinnert. Auffällig ist der Firstabschluss in Gestalt eines Stierkopfes mit Ohren und Hörnern, der in ähnlicher Form bisher nur in Kyaneai und Tyberissos belegt ist. Hinter diesem Grab eröffnet eine Treppe den Zugang zum Stadtgebiet und zur Unterburg, ein dicht bewaldetes Areal, in dem die Struktur einzelner Gebäude im wilden Gewirr von Quadersteinen und Säulentrommeln nur schwer zu erkennen ist. Im Süden trifft man auf das lykische Stadttor, das Odeion, die Agora und zahlreiche Hausruinen, im Norden auf die Reste eines kaiserzeitlichen Tempels mit phallischen Motiven auf der Türschwelle, der ganz offensichtlich von einer sehr dichten Wohnbebauung umgeben war.

      Gut 50 m weiter erreicht man die nördliche Stadtmauer, vor der eine weitere Nekropole liegt, in der einige freistehende Sarkophage mit Spitzbogengiebeln besondere Aufmerksamkeit verdienen. Zugleich hat man zum Abschluss der etwas mühevollen Wanderung durch Pinara über das griechische Theater hinweg, das gut 150 m Luftlinie entfernt in den Westhang eines kleinen Hügels eingebettet ist, einen weiten Blick in das Tal des Xanthos, das im Osten vom in seinen Spitzen kahlen Bergmassiv des Kragos begrenzt wird. Der heutige Name Ak Dağlar („Weiße Berge“) verdeutlicht, welchen Eindruck diese Bergkette macht, die im Sommer von der Sonne gebleicht, im Winter von Schnee bedeckt daliegt.

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      Literatur

      Bruns-Özgan, Lykische Grabreliefs 109 – 113. 215 – 222; W. W. Wurster/​M. Wörrle, Die Stadt Pinara, Arch. Anzeiger 93 (1978) 74 – 101.

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