Meine Antwort auf Ihr Buch, Herr Sarrazin. Evelyn Kreißig
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Valentino aus Nigeria.
Es sind Geschichten von Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen nach Deutschland gekommen sind. Ich erzähle von ihren Erlebnissen in ihren im Vergleich zu Deutschland armen Heimatländern und von ihren Träumen und Wünschen in unserem reichen Staat.
Gene und Rassen
„Ein Land mit nur einer Sprache und einer Sitte ist schwach und gebrechlich. Darum ehre die Fremden und hole sie ins Land.“ Stephan I., der Heilige (975-1038), erster König der Ungarn (ungar. István I.)
Vor ein paar Jahren, als ich noch in einer Mittelschule arbeitete, haben alle Lehrer ein Informationsblatt des Netzwerkes Sachsen gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit (NWS) e. V. erhalten. Darin heißt es u. a.:
Jeder Mensch ist anders.
Jeder Mensch hat ganz bestimmte Fähigkeiten.
Jeder Mensch ist wichtig - für die Familie, Klasse, Sportgruppe, seinen Wohnort.
Jeder Mensch ist einmalig.
Alle Menschen sind gleichwertig, egal wo sie geboren sind, wo sie herkommen, wie sie aussehen, was sie können.
Im Grundgesetz steht unter dem Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz, Absatz 3) die Formulierung:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
In einem Artikel von Martin Marheinecke ist zu lesen:
„Ende August 2000 löste eine Meldung der ‚New York Times‘ bei Anti-Diskriminierungsgruppen in aller Welt Beifall aus: Es sei nun wissenschaftlich bewiesen, dass es keine Menschenrassen gibt!“ (Martin Marheinecke, „Menschenrassen gibt es nicht!“, 2003)
Nach Ergebnissen der Genforschung kam ein Team von amerikanischen Wissenschaftlern zu der Erkenntnis, dass es nur eine Rasse gibt, nämlich die „Menschenrasse“. Nur 0,01 Prozent unserer Gene bestimmen danach unsere äußeren Unterschiede wie Hautfarbe, Augenform und Körperbau. Intelligenz, künstlerisches Talent und soziales Verhalten, wenn überhaupt genetisch bedingt, hängen von tausenden, wenn nicht sogar zehntausenden Genen ab. Die Untersuchungen belegen, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer Gruppe von Schwarzafrikanern weitaus größer sind als die zwischen dieser Gruppe und einer Gruppe hellhäutiger Nordeuropäer. Weiter heißt es in der überarbeiteten Fassung des Textes von 2003: „Außerdem sind Menschen eine mobile Spezies, Wanderbewegungen führten immer wieder zu Vermischungen des Genpools.“ Auf die Behauptung, dass die Juden ein bestimmtes Gen teilen, haben Sie in Ihrem Buch, Herr Sarrazin, nach mehrfachen Protesten aus verschiedenen Richtungen verzichtet und diese Aussage dann auch später mit der Begründung, kein Genetiker zu sein, relativiert. Professor André Reis, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik, der auf stern.de von Lea Wolz zu der Frage, ob es ein Juden-Gen gibt, interviewt wird, formuliert: „Mit dieser Aussage hat sich Sarrazin meiner Meinung nach disqualifiziert. Da ist er völlig auf dem Holzweg. Es gibt keine genetischen Merkmale, die einzelne Bevölkerungs- und Religionsgruppen charakterisieren.“
Laut Wikipedia entstand der Begriff „Rasse“ im 15. Jahrhundert in Spanien und bedeutete ursprünglich, von guter oder schlechter Herkunft zu sein. Er wurde hauptsächlich bei der Beschreibung von Adelsfamilien und in der Pferdezucht verwendet. Schon lange wenden sich Menschenrechtler gegen den Gebrauch des Begriffes im Grundgesetz, wogegen sich aber die Mehrzahl der Politiker zu wehren scheint. Nach dieser Definition unterscheiden wir also heute immer noch Menschen wie Tiere nach Rassen! Ich frage mich, warum es so kompliziert sein soll, dieses Wort aus der Verfassung der BRD zu streichen.
Motivationen
Cristiane ist eine schöne und temperamentvolle und im wahrsten Sinne des Wortes rassige Brasilianerin und lebt seit vier Jahren in Deutschland. Sie ist mit einem Deutschen verheiratet, den sie bei einem Arbeitseinsatz in Brasilien kennenlernte. Ihre Muttersprache ist Portugiesisch. Motiviert durch ihre Beziehung zu ihrem späteren Mann, eignete sie sich schnell einen großen Wortschatz der deutschen Sprache an. Seit August 2010 besucht sie die Vorbereitungsklasse mit berufsbildenden Aspekten am Berufsschulzentrum in Freiberg, in der jugendliche Migranten die deutsche Sprache lernen bzw. vervollkommnen. Da sie sehr mitteilungsbedürftig ist, erzählte sie mir viel aus ihrem Leben in Brasilien. Wir fanden schnell einen Draht zueinander und eines Tages machte ich die Bemerkung, dass sie über ihre Erlebnisse doch ein Buch schreiben könnte. Mit der Entgegnung, dass ich das auch könnte, da ich ja so viele Ausländer kenne und gute Beziehungen zu ihnen habe, gab sie mir den letzten Anstoß, dieses Buch zu schreiben, was ich schon längst als Vorhaben in meinem Hinterkopf hatte.
Meine zusätzliche Motivation war Ihr Buch „Deutschland schafft sich ab“, Herr Sarrazin, das ich gerade lese. Dieses habe ich mir von meinem Mann zum Geburtstag schenken lassen, das heißt, eigentlich schenkte er mir die Autobiografie von Angelina Jolie, aber die interessierte mich weniger als die Problematik, um die es in Ihrem Buch geht. Deshalb habe ich es kurzerhand umgetauscht. Ein anderes Buch, das ich gleichzeitig lese, hat den Titel „Entweder Broder“ und ist eine Deutschland-Safari mit Henryk M. Broder, einem polnischen Juden, und Hamed Khaled-Samad, einem ägyptischen Moslem, die beide in Deutschland vollkommen integriert sind. Angeregt wurde ich dazu durch eine Fernsehsendung in der ARD, die mich neugierig auf die beiden Männer machte und über die ich mehr wissen wollte. Ich verbinde in dem vorliegenden Buch meine Erlebnisse und Erfahrungen mit Migranten in meiner langjährigen Tätigkeit als Lehrerin mit autobiografischen Fakten und Antworten auf Ihr Buch, Herr Sarrazin. An verschiedenen Stellen stelle ich Fragen an Sie und kommentiere Meinungen über Sie und Ihr Buch. Dabei gehe ich auf einzelne Textabschnitte ein, ergänze Meinungen von mehr oder weniger bekannten Personen und reflektiere aktuelle und geschichtliche Ereignisse.
Herr Sarrazin, auf Ihrer Homepage (vom 23.08.2010) kündigen Sie die Veröffentlichung Ihres Buches mit folgenden Worten an: „Trotz meiner extrem harten Arbeit bei der Deutschen Bundesbank geht unser deutsches Vaterland für mich immer vor. Deshalb habe ich nebenher ein Meisterwerk analytischer Probleme geschaffen. […] Anständige Deutsche sollten dieses Buch kaufen.“ Man kann nur hoffen, dass Ihre extrem harte Arbeit bei der Deutschen Bundesbank trotzdem einen Einfluss auf die positive Entwicklung unseres (wen Sie auch immer zu den Unsrigen zählen) Landes hatte. Es bleibt abzuwarten, ob unsere Nachkommen Ihr von Ihnen als Meisterwerk bezeichnetes Buch auch als solches einschätzen. Ihr Rat an die anständigen Deutschen, das Buch zu kaufen und nicht einfach nur zu lesen, ist ja von sehr vielen erhört worden. Anständig waren sie zumindest in Bezug auf die Mithilfe bei Erhöhung der Verkaufszahlen. Ob es alles Anständige waren im Sinne dieser Charaktereigenschaft ist zu bezweifeln. Meine Frage an Sie ist, was verstehen Sie eigentlich unter einem anständigen Deutschen? Ich meine, was für den einen anständig ist, muss es für den anderen noch lange nicht sein, oder? Sie schätzen sich ja offensichtlich als anständig ein und ich darf mich auch dazu zählen, denn ich habe Ihr Buch gekauft und sogar gelesen! Da das Gegenteil von anständig unanständig ist, müssen sich wohl diejenigen, die Ihr Buch noch nicht gekauft haben, wirklich schämen! Aber vielleicht hatten sie einfach nicht das Geld dazu oder geben es nur für Trivialliteratur aus. Auf jeden Fall habe ich Ihr Buch in meiner „anständigen“ Familie zum Lesen ausgeliehen.
Familienbande
Cristiane ist die Einzige aus ihrer Familie, die in Deutschland lebt. Doch trotz der großen räumlichen