Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere. Heinz-Dietmar Lütje

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Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere - Heinz-Dietmar Lütje

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würde, das der Schiffsführung auch bei Nacht und Nebel die Möglichkeit gab, andere Schiffe außer Sichtweite zu orten. Bei dem Dete-Gerät handelte es sich um den Vorläufer der Radargeräte. Dete-Gerät bedeutete Deutsches Technisches Gerät und bestand äußerlich sichtbar aus der am Mast befindlichen Dete-Haube, einer matratzenähnlichen Antennenanlage. Es handelte sich hierbei um ein Gerät, das damals noch strengsten Geheimhaltungsvorschriften unterlag. Das Mess-System beruhte auf dem Grundgedanken, ausgestrahlte Funkwellen, ähnlich wie beim Echolot, wieder aufzufangen, wenn sie auf ein Ziel stoßen und von diesem zurückgeworfen werden. Nach anfänglichen Versuchen auf 50 Zentimeter-Wellen, die jedoch schlechte Ergebnisse brachten, erzielte dieses Gerät im Dezimalbereich beachtliche Erfolge. Die zunächst ausschließlich auf den schweren Einheiten der Kriegsmarine installierten Funkmessgeräte arbeiteten zwischen 80 und 150 Zentimeter. Das Gerät lieferte hervorragende Entfernungsmessungen, nur die Genauigkeit nach beiden Seiten reichte bisher noch nicht aus, um dieses Gerät beispielsweise auch als Zielgerät für die Artillerie effektiv zu nutzen.

      „Herr Korvettenkaptän Waldau“, eröffnete der Admiral dem zukünftigen Hilfskreuzer-Kommandanten, „Sie sind nun ziemlich genau darüber informiert, welches Schiff Sie künftig – hoffentlich mit dem gewünschten Erfolg – führen sollen. Es war Ihnen bereits anzumerken, dass Ihnen – einfach ausgedrückt – einiges nicht schmeckt.“

      „Jawohl, Herr Admiral, mich stören die Minen“, antwortete Waldau und nahm, soweit möglich, auch im Sitzen korrekte Haltung an. „Tja, Korvettenkapitän Waldau, hierüber ist nicht zu verhandeln. Die SKL verspricht sich gerade von dem Mineneinsatz des ersten Hilfskreuzers sehr viel. Näheres, werden Sie den Ihnen bei Ausfahrt zu übergebenden schriftlichen Befehlen entnehmen können. Hierüber zu reden ist noch zu früh“, beschloss Admiral Scheidel diesen Punkt. „Aber“, fuhr der Admiral fort, „um Ihnen entgegen zu kommen, und wohl auch, da bekanntermaßen Kommandant, Offiziere und Besatzung eine wirkliche Einheit bilden müssen, gibt Ihnen die SKL Gelegenheit, Ihre Besatzung weitgehend selbst zusammenzustellen. Dieserhalb werden Sie nähere Anweisungen vom Admiral der Marinedienststelle Hamburg empfangen. Weitere Fragen?“ Waldau entgegnete, „Jawohl, Herr Admiral, besteht die Möglichkeit, die Bordflugzeuge per Katapult zu starten“?

      „Herr Korvettenkapitän Waldau, antwortete der Admiral Scheidel, „Sie werden zunächst ohnehin das Schiff genauer anschauen und dann Gelegenheit haben, ausrüstungsmäßige Vorschläge – genau wie im Hinblick auf Offiziere und Besatzung – noch näher vorzutragen. Ihre Marschbefehle sind ausgefertigt.“

      Damit war Waldaus erster Besuch bei der SKL in Berlin beendet.

      Wenige Tage später, Montag, den 11. September 1939, stand der Korvettenkapitän auf Oberdeck des von ihm künftig zu führenden Schiffes. Die Umbauarbeiten in Dock 3 der Hamburger Kriegsmarinewerft waren in vollem Gange. Die Laderäume 4 und 6 waren bereits zu Mannschaftsquartieren umgerüstet und auch die Laderäume 9, 10 und 12 zur Aufnahme erwarteter künftiger Kriegsgefangener bzw. Internierten bestens vorbereitet. Unter anderem war dafür Sorge getragen, dass diese Räume über ausreichende sanitäre Anlagen verfügten und auch Männlein und Weiblein – für letztere waren selbstverständlich wesentlich kleinere Räumlichkeiten vorgesehen – getrennt werden konnten. Die schwere Artillerie – 6 x 15-Zentimeter Kanonen, die von einem alten Linienschiff stammten, waren bereits installiert und zwar die Geschütze 1 und 2 in versenkbaren Luken im Bereich der vorderen Laderäume, die Geschütze 3 und 4 seitlich vor den Brückenaufgängen, die sich am Ende des ersten Schiffs-Drittels erhob, so wie das 5. Geschütz in einem der hinteren Laderäume, ebenfalls versenkbar, eingebaut. Geschütz 6 befand sich auf dem Achterdeck. Das letzte Geschütz stand noch frei und sollte später im Bedarfsfalle durch eine imitierte Decksladung getarnt werden. Ebenso waren bereits die beiden Unterwassertorpedorohre im Bug des Schiffes, nach vorn gerichtet, installiert. Die beiden Drillingstorpedosätze sollten kurz hinter der Brücke mittschiffs, durch imitierte Decksladung getarnt, aufgestellt werden. Zurzeit war die Werft damit beschäftigt, die Minenräume auf dem Achterschiff herzurichten. Dem Gewimmel der emsig wirkenden mehr als 200 Werftarbeiter und Ingenieure entging der Kommandant dadurch, dass er sich zunächst mit der Aufstellung seiner künftigen Besatzung beschäftigte. Die SKL und auch der Admiral der Marinedienststelle Hamburg hatten ihm – anlässlich eines persönlichen Gesprächs am Vortrag alle Unterstützung und weitgehende eigene Auswahl bei der Zusammenstellung seiner künftigen Besatzung zugesagt. Besonders glücklich war Waldau, dass ihm sein ehemaliger Crew-Kamerad, Bodo Graf v. Terra, als 1. Offizier genehmigt wurde. Ebenso gelang es ihm, Oberleutnant z. S. Carstens, seinen ehemaligen Torpedooffizier des Zerstörers „Griepen“ für das neue Kommando überstellt zu erhalten. Bezüglich des leitenden Ingenieurs gelang es Waldau nach zähem Ringen mit der SKL schließlich durchzusetzen, dass der ehemalige Leitende des Frachters in der Kriegsmarine mit dem Reservistendienstgrad eines Oberleutnant (Ing.), übernommen wurde. Waldau ließ sich hierbei von dem Gedanken leiten, dass dieser von der Ausrüstung des Schiffes an – über Werftprobefahrten bis zur Ablieferung des Schiffes an die Reederei – die Maschinen betreut hatte, mit Sicherheit am besten über alle „Nucken“ informiert sei und somit auch für den künftigen Hilfskreuzer von unabschätzbarem Wert wäre. In Anbetracht der durch Kriegsausbruch ohnehin abgekürzten Bürokratie wurde auch dieses schließlich möglich gemacht.

      Außerdem machte sich Waldau, nachdem er über die gesamte künftige Situation tagelang gebrütet hatte, verständlicherweise auch erhebliche Sorgen über die künftige ärztliche Versorgung an Bord. Hierbei musste er berücksichtigen, dass ja weder er, noch die SKL auch nur annähernd vorhersagen konnten, wie lang die bevorstehende Feindfahrt dauern würde? Von wenigen Wochen bis zu ca. einem Jahr mussten schließlich alle Eventualitäten einkalkuliert werden. So gelang es ihm schließlich als leitenden Arzt einen Oberstabsarzt der Kriegsmarine (KM), einen erprobten Internisten, der bereits mehrere längere Ausbildungsfahrten auf Schulschiffen der Reichsmarine und späteren Kriegsmarine absolviert hatte, so wie einen jüngeren gerade erst zum Marineassistenzarzt, beförderten Chirurgen, zu erhalten. Besonderes Augenmerk legte der, an der übernommenen Aufgabe sichtlich auch menschlich wachsende künftige Hilfskreuzerkommandant, auch darauf, einen hervorragenden „Schiffskoch“, Smutje genannt, zu bekommen. Nur mit dankenswerter Weise selbstlos gewährter Unterstützung der Marinedienststelle Hamburg gelang es ihm, den Kochobermaat des dortigen Offizierskasino „abzuwerben.“ Hierbei berücksichtige Waldau vorausschauend, dass Hein Seemann’s Liebe bekanntlich auch durch den Magen geht und gerade auf übermäßig langer zu erwartender Feindfahrt, der künftige Koch sehr viel dazu beitragen könnte, durch abwechslungsreichen Speisefahrplan zwangsläufig zu erwartende Missstimmung zu dämpfen.

      Abgesehen von der Auswahl seiner Offiziere, sowohl des seemännischen, wie auch des technischen und medizinischen Bereiches, verwandte Waldau auch sehr viel Zeit darauf, Unteroffiziere und Mannschaftsdienstgrade nach bestimmten Kriterien auszuwählen. Schließlich mussten diese geeignet sein, sehr lange der Heimat fern zu bleiben und evtl. lediglich das Schiff unter den Füssen zu haben und ansonsten vielleicht nur Wasser zu sehen. Besondere Anforderungen war also außer einer soldatischen und fachlichen Qualifikation auch im Hinblick auf die menschliche und vor allem auch psychische und physische Leistungsfähigkeit zu richten. Hierbei musste Waldau bedenken, dass das Zusammenleben in größeren Gruppen auf engstem Raum, ohne weitere Abwechslung, Zerstreuung, familiäre Bindung, nicht zuletzt auch der Möglichkeit des Kontaktes zum anderen Geschlecht, erfahrungsgemäß Zündstoff für Streitigkeiten bieten würde- und das selbstverständlich auch bei an und für sich im Grunde eher friedlichen und ausgeglichenen Menschen. Auch hieran mag man ermessen, wie viele Einzelheiten über das rein seemännische und soldatische hinaus der Kommandant eines Kriegsschiffes insbesondere eines für den Langzeiteinsatz vorgesehenen Hilfskreuzers, bei der Auswahl seiner Besatzung zu bedenken hatte.

      Hier sei nur eine Episode genannt:

      Von der ursprünglich vorgesehen Besatzung des Schiffes ist nach Waldaus Auswahl nicht viel übrig geblieben. Die Personalstelle war anscheinend der Meinung, auf den Hilfskreuzer ihre missliebigen

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