Duft von Walderdbeeren. Ljubica Perkman

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Duft von Walderdbeeren - Ljubica Perkman страница 4

Duft von Walderdbeeren - Ljubica Perkman

Скачать книгу

aber erzählen durfte sie es niemandem.

      Im Haus und auf dem Feld gab es viel Arbeit. Der Mais wurde angepflanzt, geerntet, verarbeitet. Mila war gehorsam. Sie nahm jede Arbeit wortlos an. Wenn Mila auf dem Feld arbeitete, hatte sie immer die kleine Wiege mit dem Kind dabei, damit sie es beruhigen konnte, wenn es weinte. Eines Tages waren ihre Schwägerinnen gut gelaunt und sprachen offen über die Geschehnisse im Haus. Mila wollte vor Neugier sterben. Sie wollte unbedingt wissen, wie die Mutter des Kindes gestorben war. Sie nahm allen Mut zusammen und fragte eine ihrer Schwägerinnen, Stojana: »Liebe Stojana, sag mir bitte, was ist mit der Mutter des Kindes geschehen?«

      »Du fragst mich, wie das Kleine ohne Mutter bleiben konnte? Wenn ich dir das sage und dein Mann erfährt es, wird es dir nicht gut ergehen. Es ist besser, ich sage es dir nicht. Er ist ein schwieriger Charakter, dein Mann.«

      »Ich schwöre dir, Stojana, ich werde es ihm niemals sagen. Er wird niemals von mir erfahren, dass ich es weiß. Niemals. Hörst du?«

      Stojana war gerührt und nachgiebig. Sie konnte Milas Wunsch nach der Wahrheit verstehen.

      »Höre! Ich werde es dir sagen! Aber du musst mir dein Ehrenwort geben, dass du nichts verraten wirst.« Mila versprach es und gab ihr Ehrenwort.

      »Die Mutter der Kleinen war noch jung. Sie war sehr schön. Stojana zögerte, weiter zu sprechen.

      »Bitte, Stojana, bitte! Ich muss es wissen, war sie denn krank?« rief Mila.

      »Nein, sie war nicht krank, sie war jung, schön und gesund. Nur dein Mann Jovan ist nicht so einfach. Er hat dieses liebenswerte Geschöpf schlecht behandelt und oft geschlagen, er ist kein guter Mensch.«

      Mila hörte ängstlich zu. »Du lieber Himmel, habe ich so einen schlimmen Mann? Was blüht mir noch?«, flüsterte Mila.

      »Die arme Verstorbene, durfte nie ein Wort sagen. Sie bekam sofort Schläge. Sogar mit der Faust schlug er sie auf den Kopf, so dass man keine blauen Flecken sehen konnte. Er schlug und boxte sie immer wieder. Heilige Mutter Gottes! Eines Tages hat sie es nicht überlebt.«

      Stojana begann zu weinen.

      »Das Baby musste sie alleine zur Welt bringen. In den Tagen nach der Geburt bekam sie eine Blutvergiftung. Der Arzt lebte zwanzig Kilometer weit entfernt. Niemand konnte sie hinbringen. So starb die Arme jämmerlich und das Kind blieb ohne Mutter. Das Mündel, das arme! Pass gut auf das Kind auf. Gott wird es dir vergelten! Ich bitte dich noch einmal! Das darf niemand erfahren, dass ich es dir erzählt habe. Wir werden beide sterben«, bat Stojana eindringlich.

      »In Ordnung«, sagte Mila, »ich werde es niemals jemandem erzählen.«

      Stojana, die sonst oft Intrigen schmiedete, war in dieser Stunde Milas Vertraute geworden.

      Und Mila dachte: »Lieber Gott, wo bin ich gelandet? Was ist das hier für eine Hölle?«

      Sie schluchzte und dann schrie sie: »Liebe Mutter und meine Brüder, wenn ihr mich doch nur retten könntet.«

      Für einen kurzen Augenblick überlegte Mila, wegzulaufen, spurlos zu verschwinden. Aber das durfte sie nicht. Ihre Brüder würden sie finden und die Strafe wäre fürchterlich.

      Die Worte ihrer Eltern kamen ihr in den Sinn: »Nur die schlechten Ehefrauen kommen zurück nach Hause. Vom Ehemann bekommt sie Schläge, weil sie nicht gut genug ist. Eine Frau muss erdulden!«

      Mila musste duldsam sein. Sie hatte große Angst vor Jovan, dass er sie eines Tages umbringen würde. Aus Mitleid kümmerte sie sich um das Baby, als wäre es ihr eigenes und begann es langsam zu lieben. Als Dana größer wurde, heiratete sie einen Mann, den sie liebte. Mila bekam in diesem dunklen freudlosen Haus noch neun weitere Kinder und zog sie groß. Abends trug sie ihren Kindern epische Gedichte vor, sie kannte sie alle auswendig. Im Haus selbst gab es keine Bücher. So erfuhren die Kinder nie, woher sie die Lieder und Gedichte kannte, die sie ihnen aufsagte. Oft zeigte die Mutter auf den Berg gegenüber und sagte: »Schaut Kinder! Dort wurde ich geboren. Dort ist mein Heimatdorf.«

      Wer weiß, ob die Wege inzwischen dort alle überwuchert sind? Ob die Mauern des Hauses überhaupt noch standen? Warum hatte Mila ihre Kinder nie dorthin mitgenommen und ihnen ihr Heimatdorf gezeigt?

      Die Kinder gingen mit der Mutter oft durch den Fluss und pflückten am anderen Ufer Haselnüsse. Bis zu Milas Heimatdorf war es nicht so weit. Vielleicht wollte sie nicht zurück in ihre schwere Kindheit, in ihre Vergangenheit.

       Es kann nicht jeder glücklich sein

      An einem warmen Junimorgen klopfe es an Milas Tür. Mila unterbrach das Gespräch mit ihren beiden Söhnen Marko und Brandil und sah Brandil fragend an, der aufstand um die Tür zu öffnen. Draußen stand ein ihnen unbekannter Mann mittleren Alters. Er war mittelgroß, hatte dichte dunkle Augenbrauen, war schlank und trug ein grau gestreiftes Jackett zu grauen Hosen. Er wirkte nicht, als sei er aus der Gegend. Ein Hauch von Großstadt haftete ihm an.

      Ohne Umschweifen kam er zum Thema: »Ich heiße Ranko. Meine Cousine Dusanka sagte mir, dass ihr schöne Töchter habt. Ich bin gekommen, um für eine Ihrer Töchter zu werben. Ich möchte sie heiraten.« Drei Augenpaare schauten ihn verwundert aus dem Inneren des Hauses an.

      Lenas Bruder Marko war, ebenso wie Brandil, volljährig und bedeutete dem Unbekannten mit einer Handbewegung, herein zu kommen. Er bat ihn, sich zu setzen und fragte: »Woher kommst du Ranko?«

      Ranko räusperte sich und antwortete: »Ich lebe und arbeite in Rijeka.«

      Mila, Lenas Mutter, betrachtete den Fremden skeptisch »Wie alt bist du Ranko?«, wollte sie von ihm wissen. Dabei sah sie ihn aufmerksam an.

      Ranko schwieg eine Weile, als müsste er erst darüber nachdenken wie alt er sei, dann antwortete er mit rauer Stimme, dass er dreiundzwanzig Jahre alt sei. Dabei senkte er den Blick, um Milas auszuweichen.

      Erst viele, viele Jahre später sollte Lena nach einer langen und schweren Zeit erfahren, dass er gerade gelogen und rund fünfzehn Jahre älter war, als er es der Mutter erzählt hatte. Zu Lenas Unglück war von allen Mädchen heute nur sie zu Hause. Lena war erst siebzehn Jahre alt.

      Der Fremde beäugte Lena von allen Seiten. Sie war jung, schön und naiv. Lena war schlank, hatte langes blond gelocktes Haar und grüne Augen. »Eine sehr attraktive junge Frau«, dachte Ranko und leckte sich kaum sichtbar die Lippen.

      Milas Stimme klang brüchig als sie schließlich sagte, dass sie keine heiratsfähigen Kinder hätte.

      Ihre neunzehnjährige Tochter Maja hatte erst vor zwei Wochen geheiratet und Lena sei noch zu jung.

      »So jung ist sie gar nicht«, erwiderte Ranko schnell, »und sie ist sehr schön!«

      Lena bekam große Angst und wollte so schnell es ging aus dem Haus. Sie lief zur Tür, um das Gespräch nicht weiter anhören zu müssen, doch Marko rief sie zurück. Mit hängenden Schultern und Tränen in den Augen machte Lena auf dem Absatz kehrt. Sie hoffte inständig, dass ihre Brüder zu ihr halten und den Fremden wegschicken würden.

      Mila lebte mit ihren Kindern auf dem Dorf und sie waren sehr arm. Rankos Cousine hatte ihm bereits erzählt, dass die Familie mittellos war und er bemerkte es sofort beim Eintreten ins Haus. Wie es auf dem Land üblich war, brachte er Almosen

Скачать книгу