Die große Geldentwertung. Adam Baratta
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Aktienrückkäufe machten in den letzten zehn Jahren mehr als 50 Prozent der Rendite am Aktienmarkt aus. Dieses tolle neue Nebenprodukt der durch die Notenbank geschaffenen quantitativen Lockerung hat nur eines stimuliert, nämlich die Wertpapiere im Besitz der Investorenklasse. Das hat die Aktien auf historische Allzeithochs getrieben. Diese Höchststände sind auf Schulden aufgebaut, nicht auf Wachstum. Die Notenbank hat den Boom am Aktienmarkt finanziert, während die Schulden unseres Landes bis in die Stratosphäre geschossen sind.
Als CEO verstehen wird das, aber hey, das ist nicht unser Problem. Wenn die Leute auf all diesen Schulden sitzenbleiben, dann ist es halt so. Als CEO haben wir eine Verantwortung gegenüber unseren Aktionären, oder nicht? Selbst wenn wir ein hochmoralischer CEO wären, der die Risiken und negativen Auswirkungen dieses Vorgangs versteht, könnten wir sowieso nichts dagegen tun. Wir haben Wettbewerber. Wenn unsere Konkurrenz dieses Spiel spielt, werden ihre Aktien steigen und sie erhalten uns gegenüber einen Wettbewerbsvorteil. Aus diesem Grund haben wir als CEO, auch wenn uns die Wahrheit nicht gefällt, eine Verantwortung: die Rendite der Aktionäre zu maximieren. Oder nicht? Das kommt Ihnen bekannt vor? Das war genau die Ausrede der Banken, die wussten, dass sie während der Immobilienkrise toxische Kredite vergaben, die unweigerlich platzten und ein Notprogramm der Steuerzahler erzwangen. Die Banken und CEOs verstehen alle miteinander, wie riskant das ist, entschuldigen ihr schädliches Verhalten aber mit dem Argument, sie hätten keine andere Wahl. Wenn wieder alles in die Luft geht, hat das auf uns CEOs keine Auswirkungen, weil wir das System um zehn Millionen von Dollars abgezockt haben werden, die wir persönlich »verdient haben«, indem wir Shareholder-Value geliefert haben. Die Fed hat den Wilden Westen geschaffen. Ihre Politik hat die gesamte Mentalität und den Fluss von Anlagekapital verändert.
28 Handelstage später (mehr oder weniger)
1 In die Liquiditätsbazooka, welche die Notenbank wegen der Coronavirus-Krise eingesetzt hat, war eine extreme Maßnahme eingebettet, die irgendwann mit Sicherheit noch ein Punkt empfindlicher Kritik sein wird. Innerhalb weniger Wochen und im Zuge einer bunten Mischung neuer finanz- und geldwirtschaftlicher Strategien, die niemand versteht, verabschiedete der Kongress fast einstimmig ein Konjunkturpaket, um der Wall Street wieder einmal aus der Klemme zu helfen, und die Notenbank ritt an seiner Seite. Diesmal geht es nicht nur um hypothekarisch gesicherte Wertpapiere, es geht um Vermögensanleihen, und nicht nur um Unternehmen mit hoher Bonität, sondern um die Schrottanleihen der Zombies, die sie mit ihrer Nullzinspolitik im Lauf des letzten Jahrzehnts am Leben erhalten haben. Es ist noch schlimmer, als es sich anhört. Die Fed kauft nicht nur die zugrunde liegenden Anleihen direkt, sie kauft auch die ETFs, die börsengehandelten Indexfonds, die solche Junk Bonds besitzen. JNK, der ETF, der die Subprime-Unternehmenskredite abbildet, ist seit der Ankündigung um 20 Prozent gestiegen. Wer dagegen ist, ist gegen Amerika. Das hebt »Don't fight the Fed« auf ein neues Niveau. Wen kümmert es, dass die meisten dieser Unternehmen insolvent sind? Wenn die Fed kauft, sollten wir das auch tun! Der einzige Anlagewert, der derzeit nicht offiziell gestützt wird, sind Aktien, und jetzt, wo der Rückkauf-Boom offiziell vorbei ist, werden wir bald erleben, dass die Fed auch Aktien kauft. Wenn Sie das begeistert, sollten Sie sich ansehen, wie gut das Konzept der Planwirtschaft in Japan in den letzten 30 Jahren funktioniert hat. Wenn die Fed und andere Zentralbanken »alles kaufen«, wird das echte Prinzip von Angebot und Nachfrage ausgehebelt. Den wahren Wert von Wertpapieren zu bestimmen wird künftig unmöglich. Die Regierungen können nur eins machen: mehr Geld drucken. Dadurch könnten die Aktienkurse steigen. Das Traurige dabei ist, dass die meisten Menschen nicht erkennen werden, dass sie ihr letztes Hemd verlieren, weil sie sich auf die Höhe des Baums konzentrieren, nicht auf die Tiefe seiner Wurzeln.
2 Die Luftfahrtbranche gehört zu den größten Nutznießern der Notenbankpolitik. Von 2009 bis 2019 sind die Aktienkurse aller größeren Fluggesellschaften im Durchschnitt um das Achtfache gestiegen. Besonders bemerkenswert an diesem massiven Wertzuwachs ist die Tatsache, dass der Großteil des freien Cashflows der Branche in den Aktienrückkauf geflossen ist. Bloomberg hat gemeldet, dass 96 Prozent des gesamten Cashflows der großen US-Fluggesellschaften in ihre Rückkaufprogramme gegangen sind. Das Durchschnittseinkommen eines CEO der großen Fluglinien betrug im Jahr 2019 mehr als zwölf Millionen Dollar. Jetzt, wo die Luftfahrtbranche leidet, hilft man ihnen mit einem vom Kongress abgesegneten Notfallplan in Höhe von 50 Milliarden Euro aus der Patsche.
3 Warren Buffett hat sich bekanntermaßen geweigert, weitere Anteile seiner eigenen Firma zurückzukaufen, weil sie zu hoch bewertet waren. Wären mehr CEOs dem Beispiel des Chefs von Berkshire Hathaway gefolgt, hätten sie die nötigen Finanzmittel in der Hand gehabt, um den Abschwung durchzustehen. In den letzten beiden Jahren wurde Buffett von vielen Seiten dafür kritisiert, nicht mehr Aktien von Berkshire Hathaway zurückgekauft zu haben. Das führte zu einem Rückgang des Aktienkurses. Die Kehrseite der Medaille ist, dass Buffett jetzt auf über 125 Milliarden Dollar liquider Mittel sitzt und über genug trockenes Pulver verfügt, die nächste Rezession zu überstehen.
4 Der jahrzehntelange Rückkauf-Exzess ist jetzt vorbei. Der Kongress hat verfügt, dass Unternehmen, die Fördermittel erhalten, bis ein Jahr nach Rückzahlung des Kredits nicht berechtigt sind, Aktien zurückzukaufen. Allein dieser Trend ist ein Grund, für die 2020er-Jahre bearish zu sein. Der Haupttreiber für die Bewertung von Finanzanlagen wird aus dem Instrumentarium der CEOs entfernt, was den Job, Aktienkurse zu steigern, in den kommenden Jahren erheblich schwieriger machen wird.
Anmerkung
1 1 Während des Immobilienbooms verzichteten die Banken auf verlässliche Einkommensnachweise wie Gehaltsabrechnungen oder Steuererklärungen, sondern vergaben Hypothekenkredite schon gegen eine einfache Erklärung des Darlehensnehmers, über Einkommen zu verfügen. (Anm. d. Ü.)
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