Aborigines Gestern und Heute. Sabine Koch

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Aborigines Gestern und Heute - Sabine Koch

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sozusagen die Schöpfungsgeschichte der Aborigines: Am Anfang war das Land flach und ohne besondere Merkmale. Die schöpferischen Ahnen („creative ancestors“), spirituelle Wesen mit immenser Kraft, agierten dort wie Menschen. Sie bewegten sich über das Land, formten während ihrer Reisen besondere Merkmale in der Landschaft und erschufen die Elemente. Sie waren weiblich und männlich. An manchen Plätzen verwandelten sie sich selbst in einen Berg, einen Felsen oder ein Tier, oder sie hinterließen Spuren in der Landschaft. An vielen Orten haben die Ahnen sich selbst oder einen Teil von sich hinterlassen, die Namen der Plätze sind ihre eigenen Namen.

      Einige Orte üben eine gefährliche Kraft aus, weshalb es einigen oder allen Aborigines verboten ist, sie zu betreten. Wird dieses Gebot missachtet, ist das nicht unbedingt für denjenigen gefährlich, der einen solchen Platz betritt; es kann vielmehr Krankheit, Unglück oder Tod für den Clan bringen, der Beschützer dieser Stätte ist.

      Dass ein Aborigine frühzeitig stirbt, kann in der Vorstellung der Aborigines also daran liegen, dass ein Tourist 500 Kilometer entfernt unwissentlich einen heiligen Platz betreten hat, für dessen Schutz dieser Aborigine verantwortlich war. Daher rührt der große Widerstand der Aborigines gegen den Abbau von Rohstoffen, die an ihren heiligen Plätzen gefunden wurden.

      Bestimmte Plätze dürfen nur von Frauen betreten werden, zu anderen haben wiederum nur Männer Zutritt. Die spirituelle Kraft ist unzertrennbar mit Natur und Landschaft verbunden. Die Geschichten von den Reisen der Ahnen sind die „Träume“, die Mythologien, mit denen die Aborigines erklären, wie ihre Welt erschaffen wurde, wie Sonne, Mond und Sterne entstanden, wie das Land mit seinen Pflanzen und Tieren und wie der Mensch erschaffen wurde.

      Die Erschaffung der Welt sehen die Aborigines als nicht lange vergangen an; sie glauben, dass die Geschichten der Traumzeit einen starken Bezug zur Gegenwart haben und die Zukunft bestimmen. Aus den Träumen der Vorfahren rührt auch das Gesetz, nach dem die Aborigines leben. Es bestimmt, wie sie das Land und seine Ressourcen nutzen und mit Pflanzen und Tieren umgehen sollen. Gesänge („songlines“), die die Reiserouten der Ahnen und die Beschaffenheit des Landes beschreiben, dienen gleichzeitig der Orientierung, um Wasserquellen und Nahrung zu finden. Sie reichen weit über die Grenzen einzelner Stammesgebiete hinaus.

      Entlang der „songlines“ oder Traumpfade liegen Zeremonienplätze, die von mehreren Stämmen gemeinsam genutzt werden. So werden die Mythen und Gesänge der Traumzeit ausgetauscht bzw. weitergetragen, teils überschneiden oder ergänzen sie sich. Sie sind streng geheim und werden von den Ältesten in Zeremonien an ausgewählte Angehörige der jüngeren Generation weitergegeben. Neue Gesänge und Rituale erhalten die Männer in Träumen.

       Die Erschaffung der Welt durch die Regenbogenschlange (Rainbow Serpent)

      Zentrale Schöpfungsfigur bei vielen Stämmen der Aborigines ist die Regenbogenschlange. Die Geschichten variieren von Stamm zu Stamm, es gibt unterschiedliche Auslegungen. Diese Geschichte hat uns ein Aborigine aus Katherine im Northern Territory erzählt.

      „Die Erde schlief, nichts bewegte sich. Da erwachte die Regenbogenschlange und kroch aus dem Erdboden hervor. Sie bewegte sich durch das Land, durch ihre Windungen formte sie die Landschaft. Wenn sie müde war, rollte sie sich zusammen und hinterließ tiefe Spuren. Dann kehrte sie zurück zu dem Loch, aus dem sie gekrochen war. Sie rief den Fröschen zu: „Kommt heraus!“ Die Frösche erwachten und kamen nur langsam aus der Erde, denn ihre Bäuche waren voll mit Wasser. Die Schlange kitzelte die Frösche am Bauch. Da fingen die Frösche an zu lachen und das Wasser floss aus ihren Mäulern auf die Erde. Die Senken füllten sich, es entstanden Seen und Flüsse. Gras wuchs und Bäume sprossen aus der Erde. Alle Tiere erwachten und folgten der Regenbogenschlange durch das Land, sie lebten glücklich zusammen.

      Die Regenbogenschlange machte die Gesetze, alle mussten ihnen folgen. Doch einige waren streitsüchtig und machten Ärger. Die Regenbogenschlange sagte: „Diejenigen, die meine Gesetze befolgen, sollen belohnt werden. Ich werde ihnen menschliche Gestalt geben. Die anderen, die meine Gesetze missachten, werde ich bestrafen, sie sollen zu Steinen erstarren.“

      Die Gesetzesbrecher wurden zu Felsen und Bergen. Die anderen bekamen menschliche Körper. Die Regenbogenschlange gab jedem sein eigenes Totem. So kannte jeder seine Stammeszugehörigkeit. Es sollte niemand hungern, es war genug Essen für alle da. Niemand durfte von seinem eigenen Totem essen. Die verschiedenen Stämme lebten auf dem Land, das ihnen die Regenbogenschlange zugewiesen hatte. Das Land sollte ihnen immer gehören und niemand sollte es ihnen jemals wegnehmen.“

      Die Aborigines lebten als Jäger und Sammler. Sie sahen sich als Behüter ihres Landes und fühlten sich dafür verantwortlich. In der Wüste überlebten sie in einer sehr vegetationsarmen Landschaft mit nur gelegentlichen Regenfällen. Es war daher für sie überlebenswichtig, das Land und seine Ressourcen genau zu kennen und verantwortungsvoll damit umzugehen. Noch heute haben die Aborigines eine sehr enge Beziehung zu ihrem Land, viele Dinge in der Natur haben eine spirituelle Bedeutung für sie.

      Die Aborigines waren innerhalb ihrer Gruppe aufeinander angewiesen. Die Natur und die Familie, mehr gab es nicht. Die Generation der heutigen Großeltern lebte noch in kleinen Familienverbänden und wuchs ohne Gebäude, Möbel, Technik oder Kleidung auf.

      Eigentum gab es nicht, alles wurde geteilt. Statt Kleidung malten sich die Aborigine Symbole für Status, Lebenserfahrung oder einfach zum Schmuck direkt auf die Haut. Gürtel und Haarbänder fertigte man aus dünnen Strähnen menschlicher Haare. Das Dach über dem Kopf stammte aus der Natur: kleine Höhlen oder Äste und Blätter. Werkzeuge fertigte man aus Holz oder Steinen, sie waren multifunktionell und einfach zu ersetzen.

      In den Wüstenregionen lebten viele Aborigines noch bis in die 1960er-Jahre als Jäger und Sammler. Heute praktizieren aber nur noch wenige Menschen im abgelegenen Norden Australiens diesen ursprünglichen Lebensstil.

      Bedingt durch das knappe Nahrungsangebot lebten die meisten Aborigines seminomadisch in kleinen Gruppen („clans“) zusammen. Sie zogen dabei in einem regelmäßigen Rhythmus durch ein bestimmtes Gebiet, suchten Orte immer zur gleichen Jahreszeit auf und siedelten dort für eine gewisse Zeit. In den Küstengebieten und an einigen Flüssen, wo das Wasser- und Nahrungsangebot konstanter war, lebten die Aborigines halb-sesshaft, während die Stämme in den trockenen Gegenden Zentralaustraliens Nomaden waren; gezwungen, über weite Gebiete zu ziehen, um nach Nahrung zu suchen.

      Auf der Jagd erbeuteten die Aborigines Kängurus, Emus, Wombats, Echsen, Schlangen und Vögel. Als Jagdwerkzeug benutzten sie den Speer, der aus der Hand oder mittels eines Woomera (Wurfgeschoss) geworfen wurde. Manche Stämme setzten auch Bumerangs ein. Mit einem gezielten Wurf kann man damit ein Känguru töten.

      Die pflanzliche Nahrungspalette bestand aus Wurzeln, Obst, Beeren und Nüssen. In den Wüstengebieten Australiens wachsen die Buschbanane und eine Art Buschtomate, im tropischen Norden gibt es die Buschpflaume. Auch Insekten und Maden wurden gesammelt. Die Bewohner der Küstengebiete lebten zusätzlich vom Fischfang und sammelten Muscheln und Krebse.

      Aufgrund der klimatischen Verhältnisse war es für die Aborigines nicht nötig, eine Vorratshaltung zu betreiben, wie wir sie aus Europa kennen. Auch den Anbau von Pflanzen kannten sie nicht. Eine Ausnahme machten zwei Stämme im heutigen Victoria, die Aal-Farmen

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