Werde übernatürlich. Джо Диспенза
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Mein Körper entspannte sich immer mehr; langsam und ganz bewusst ließ ich ihn einschlafen, hielt jedoch gleichzeitig meinen Geist bei wachem Bewusstsein. Ich fokussierte meine Aufmerksamkeit nicht auf irgendein Objekt im Zimmer, sondern behielt einen offenen Fokus bei. Dieses Spiel spielte ich oft mit mir selbst. Es gefiel mir, denn ab und zu, wenn alles zusammenkam, machte ich dabei tiefe transzendente Erfahrungen. Es ging sozusagen eine Art Tür zwischen Wachzustand, Schlaf und normalem Träumen auf, durch die ich schlüpfte und einen sehr luziden, mystischen Moment erlebte. Ich rief mir in Erinnerung, nichts zu erwarten, sondern einfach offen zu bleiben.
Nichts zu übereilen, nicht frustriert zu werden und nicht zu versuchen, etwas herbeizuführen oder zu bewirken, erfordert viel Geduld; es geht darum, langsam in diese andere Welt hinüberzugleiten.
An diesem Tag hatte ich einen Artikel über die Zirbeldrüse vollendet. Monatelang hatte ich die magischen Melatonin-Derivate erforscht, die dieses kleine alchemistische Zentrum in petto hat, und war überglücklich, die Welt der Wissenschaft mit der spirituellen Welt verknüpfen zu können. Seit Wochen dachte ich nur noch über die Aufgabe der Stoffwechselprodukte der Zirbeldrüse und ihre Rolle als mögliche Verbindung zu den mystischen Erfahrungen nach, die Eingeweihte in den meisten alten Kulturen auslösen konnten, beispielsweise die Visionen der indianischen Schamanen, die Samadhi-Erfahrung der Hindus und weitere ähnliche Rituale, die auf geänderten Bewusstseinszuständen beruhen. Manche Vorstellungen und Konzepte, die mir seit Jahren Kopfzerbrechen bereiteten, ergaben auf einmal einen Sinn, und ich fühlte mich dank dieser meiner Entdeckungen vollständiger. Ich dachte, ich wäre dem Verständnis der Brücke zu höheren Dimensionen von Raum und Zeit einen Schritt näher gekommen.
Alles, was ich gelernt hatte, verstärkte mein Gewahrsein der Möglichkeiten, die den Menschen offenstehen. Aber meine Neugierde war noch nicht befriedigt, ich wollte mehr lernen und war neugierig genug, mein Gewahrsein an die Stelle in meinem Kopf zu verlagern, wo sich die Zirbeldrüse befindet. Ganz nebenbei sagte ich in Gedanken zu der Drüse: »Wo bist du denn eigentlich?«
Ich verweilte mit meiner Aufmerksamkeit in dem Raum, den die Zirbeldrüse in meinem Kopf einnimmt, und ließ mich in die Schwärze treiben; plötzlich tauchte aus dem Nichts ein lebendiges Bild der Zirbeldrüse in meinem Kopf auf: ein dreidimensionaler runder Knubbel mit einer Öffnung, die wie in einem Krampf aufgerissen war und eine milchig-weiße Substanz absonderte. Dieses holografische Abbild war so intensiv, dass ich ganz geschockt war, aber ich war zu entspannt, um davon aufgeweckt zu werden oder darauf zu reagieren, also gab ich mich einfach hin und beobachtete. Es war so real, und ich wusste einfach: Was ich da vor mir sah, war meine eigene, winzige Zirbeldrüse.
Im nächsten Augenblick erschien direkt vor mir eine riesige Uhr; es war eine dieser altmodischen Taschenuhren mit Kette, und die Vision war unglaublich lebendig. Sobald ich meine Aufmerksamkeit auf die Uhr richtete, empfing ich sehr klare Informationen. Plötzlich wusste ich: Die Welt funktioniert nicht in der linearen Zeit, die, wie ich glaubte, aus einer festgelegten, klar umrissenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestand; vielmehr passiert alles in einem ewigen gegenwärtigen Moment. Und in dieser unendlichen Zeit existieren unendliche Räume, Dimensionen bzw. mögliche Realitäten, die erfahren werden können.
Gehen wir davon aus, dass es nur einen einzigen ewigen Moment des Geschehens gibt, dann ist auch die Annahme sinnvoll, dass wir in dieser jetzigen Inkarnation keine Vergangenheit und schon gar keine vergangenen Leben haben. Und doch konnte ich jede Vergangenheit und jede Zukunft sehen. Es war wie beim Anschauen eines altmodischen Films mit unendlich vielen Einzelbildsequenzen: Sie stellten nicht einzelne Augenblicke dar, sondern Fenster zu unbegrenzten Möglichkeiten, die als Gerüst existierten und auf immer und ewig in alle Richtungen weiterliefen – ganz ähnlich, wie wenn man in zwei sich gegenüberstehende Spiegel blickt und sich darin unendliche Räume bzw. Dimensionen in beide Richtungen spiegeln.
Zum besseren Verständnis können Sie sich vorstellen, dass sich diese unendlichen Dimensionen vor und hinter Ihnen, ober- und unterhalb, rechts und links von Ihnen erstrecken. Und jede einzelne dieser unendlichen Möglichkeiten existierte bereits. Ich wusste: Würde ich meine Aufmerksamkeit auf eine beliebige dieser Möglichkeiten richten, würde ich diese Realität wirklich erleben.
Und ich erkannte auch: Ich war von nichts getrennt. Ich war eins mit allem und jedem, mit jedem Ort und jeder Zeit. Ich kann das nur als das allervertrauteste unvertraute Gefühl beschreiben, das ich jemals im Leben empfand.
Bald verstand ich, was mir da gezeigt wurde: Die Zirbeldrüse dient als »Dimensions-Uhr«, die wir auf jede Zeit einstellen können, sobald sie erst einmal aktiviert ist. Als ich sah, wie sich die Zeiger der Uhr vor- oder rückwärts bewegten, verstand ich, dass in einem bestimmten Raum eine Realität bzw. Dimension erfahren werden kann, wie wenn man eine Zeitmaschine auf die Reise in eine bestimmte Zeit schickt. Diese unglaubliche Vision zeigte mir, dass die Zirbeldrüse wie eine kosmische Antenne die Fähigkeit besitzt, sich auf Informationen jenseits unserer physischen Sinne einzustellen und uns mit anderen Realitäten zu verbinden, die bereits im ewigen Moment existieren. Die Informationen, die ich empfing, schienen unendlich zu sein; die Größe und das Ausmaß dieser Erfahrung kann mit Worten nicht beschrieben werden.
Wie ich gleichzeitig mein vergangenes und mein zukünftiges Ich erlebte
Die Zeiger der Uhr bewegten sich rückwärts in eine vergangene Zeit und erweckten eine Dimension in Raum und Zeit zum Leben. Plötzlich befand ich mich in einer für mich relevanten Realität – doch erstaunlicherweise passierte dieser vergangene Moment im gegenwärtigen Moment, als ich auf dem Sofa im Wohnzimmer saß. Als Nächstes wurde mir bewusst, dass ich mich in jener spezifischen Zeit in einem physischen Raum befand. Ich beobachtete mich als kleines Kind – während ich gleichzeitig als Erwachsener auf der Couch saß. Diese kindliche Version meiner selbst war ungefähr sieben Jahre alt und hatte hohes Fieber. Ich erinnerte mich, wie gerne ich in diesem Alter Fieber hatte, denn dann konnte ich ganz tief in mich hineingehen und hatte diese abstrakten Träume und Visionen, die oft mit dem durch erhöhte Körpertemperaturen ausgelösten Delirium einhergehen. Ich lag also in meinem Zimmer im Bett, die Bettdecke bis zur Nase hochgezogen, und meine Mutter hatte gerade das Zimmer verlassen. Ich war froh, allein zu sein.
Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, tat ich aus einem inneren, automatischen Impuls heraus genau das, was ich als Erwachsener in meinem Wohnzimmer gemacht hatte: Ich entspannte mich körperlich immer mehr, verharrte irgendwo zwischen Schlafen und Wachsein und verweilte präsent in Erwartung dessen, was in mir emporsteigen würde. Bis zu diesem Moment hatte ich in meinem gegenwärtigen Leben diese Kindheitserfahrung komplett vergessen, doch als ich sie nun erneut durchlebte, sah ich mich mitten in einem luziden, bewussten Traum und verstand potenzielle Realitäten als so etwas wie Felder auf einem Schachbrett.
Ich beobachtete mich als kleinen Jungen und war tief bewegt von seinem Versuch, das zu verstehen. Ich fragte mich, wie er in diesem Alter solche komplizierten Konzepte begreifen konnte. Während ich ihn beobachtete, verliebte ich mich in diesen kleinen Kerl – und sobald ich mich auf diese Emotion einließ, fühlte ich mich gleichzeitig mit diesem Zeitpunkt und dem Moment in meiner gegenwärtigen Zeit im Bundesstaat Washington verbunden. Ich wusste in meinem Innersten, dass das, was ich damals machte, und das, was ich jetzt gerade tat, gleichzeitig passierte und dass beide Augenblicke stark miteinander in Verbindung standen. In diesem Bruchteil einer Sekunde zog die Liebe, die ich – als mein derzeitiges Ich – für diesen kleinen Jungen empfand, ihn in die Zukunft, die ich jetzt lebte.
Dann wurde alles noch seltsamer. Die Szene verblasste, und die Uhr tauchte wieder auf. Ich wurde mir bewusst, dass die Uhrzeiger auch nach vorne wandern konnten. Staunend und furchtlos sah ich zu, wie sich die Uhrzeiger in Richtung Zukunft bewegten.