Peru. Michael Hahn
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Die letzte spanische Festung
Nach den militärischen Niederlagen im Hochland blieb die Festungsanlage Real Felipe im Hafen Callao die letzte royalistische Fluchtburg in Peru. Unter dem Kommando von General José Ramón Rodil verschanzte sich eine rund 2500 Mann starke Truppe in der Festung. In den Schutz ihrer Mauern flüchteten sich außerdem mehrere Tausend Zivilisten – hauptsächlich Angehörige der Oberschicht – mit ihrem Hab und Gut. In der belagerten Festung wurden bald die Lebensmittel knapp; Typhus und Skorbut brachen aus. Hunger und Krankheiten forderten mehr Menschenleben als die Schlachten von Junín und Ayacucho zusammen. Zahlreiche Adlige mit klingenden Namen starben eines elenden Todes. Prominentestes Opfer war der zweite Präsident der Republik, der Marquis von Torre Tagle, der zusammen mit Frau und Sohn umkam.
Nach 14 qualvollen Monaten des sinnlosen Ausharrens kapitulierte Rodil am 22. Januar 1826. Während dieser Zeit verlor er schätzungsweise 2000 seiner Soldaten, wobei Hunger und Seuchen etwa doppelt so viele Todesopfer wie die Kampfeinsätze forderten. 200 Uniformierte wurden wegen konspirativen Handlungen oder wegen Desertionsversuchen verurteilt und hingerichtet. Vor die Wahl gestellt, in Peru zu bleiben oder nach Spanien auszureisen, entschieden sich weniger als 100 der 400 überlebenden Militärs für die Ausreise. Über die zivilen Opferzahlen gehen die zeitgenössischen Angaben stark auseinander. Insgesamt sollen zwischen 2700 und 4000 Zivilisten jämmerlich gestorben sein.
Bilanz von Bolívars Diktatur
Mithilfe fähiger Mitarbeiter schuf Bolívar die organisatorischen Grundlagen für das peruanische Staatswesen. Persönlich arbeitete er eine Verfassung aus, die allerdings nur 50 Tage in Kraft war. Bolívars Regierung war verantwortlich für die erste republikanische Verwaltungsgliederung, die Etablierung des obersten Gerichtshofs in Lima sowie die Einrichtung von Gesundheitskomitees in der Hauptstadt und in den Provinzen. San Martíns Anstrengungen zum Aufbau eines öffentlichen Erziehungs- und Bildungssystems wurden fortgesetzt, wobei man nun der höheren Bildung ein besonderes Augenmerk schenkte.
Was die Indianerpolitik betrifft, folgte Bolívar weitgehend den Prinzipien des zeitgenössischen Liberalismus: Indianer sollten hispanisiert, Rangordnungen abgebaut und Gemeinschaftsland privatisiert werden. Mit seinen ersten Dekreten schuf der »Libertador« ein für alle Mal das Curaca-Amt und sämtliche adlige Privilegien ab. Er hob den Indianertribut auf, wiederholte die Verbote bezüglich indianischer Zwangsarbeiten und erklärte die Indianer zu Eigentümern des von ihnen bewohnten und bebauten Bodens. Ländereien, die sich im Kollektivbesitz der Dorfgemeinschaften befanden, sollten als privates, veräußerliches Eigentum an die Lokalbevölkerung verteilt und dadurch ein Stand unabhängiger Kleinbauern geschaffen werden. Freilich wurde die Bestimmung über den Weiterverkauf bald widerrufen, weil die Landempfänger Gefahr liefen, ihren eben erst erhaltenen Privatbesitz an benachbarte Hacienda-Besitzer zu verlieren. Aufgrund der chronischen staatlichen Finanznöte revidierten die Behörden auch die Anordnungen zur Abschaffung des Indianertributs. Sie führten 1826 den Tribut im Rahmen der ersten bedeutenden Steuerreform der Republikzeit unter der Bezeichnung Contribución de Indígenas y Castas wieder ein. Zugleich eliminierten sie die Binnenzölle und erhöhten als protektionistische Maßnahme die Außenhandelszölle. Allerdings führte der Versuch, die heimische Produktion durch hohe Schutzzölle zu fördern, nicht zum gewünschten Resultat und förderte nur den Schmuggel.
Insgesamt bewirkte Bolívars Diktatur kaum eine Änderung der weit auseinanderklaffenden sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten. Durch die Aufhebung kolonialzeitlicher Schutzgesetze verschärfte sich in manchen Fällen sogar die Lage. Vielen Indianern – nun offiziell als Indígenas (Indigene) bezeichnet – drohte der Verlust ihrer Äcker und Weiden und damit ihrer Existenzgrundlage. Zu der Abschaffung der Sklaverei konnte sich der »Befreier« nicht durchringen. Wegen des starken Drucks der Sklavenhalter wurden unter San Martín erlassene Gesetze gelockert oder sogar rückgängig gemacht. Am 14. Oktober 1825 ließ Bolívar eine neue Sklavenverordnung veröffentlichen, die unter anderem die Arbeitszeiten, die Versorgung und Verpflegung sowie die Körperstrafen regelte. Endgültig verboten wurden Einkerkerungen in vollständiger Isolation und der sogenannte Rabo de Zorra (»Füchsinnenschwanz«), eine Peitsche, die lebensgefährliche Verletzungen verursachen konnte. Obwohl sich die Sklavenhalter nicht immer an die gesetzlichen Auflagen hielten, so war doch eine Verbesserung gegenüber der Kolonialzeit feststellbar. Andererseits kam Bolívar den Sklavenbesitzern bei den Bestimmungen über etwaige Freilassungen entgegen. Ein Anrecht auf Freilassung hatten nur Sklaven, die über einen längeren Zeitraum Militärdienst geleistet hatten. Auf dem Lande lebende Schwarze, die über keine militärischen Ausmusterungsdokumente verfügten, sollten verhaftet werden. Zudem wurde den Sklaven der Besitz von Waffen, Macheten, Äxten oder Messern verboten. Ein Gesetz vom November 1825 besagte, dass nur Sklaven, die vor dem 5. November 1824 rekrutiert worden waren und noch immer Dienst leisteten sowie Kriegsinvalide ein Recht auf Freiheit hatten. Alle anderen sollten an ihre Herren zurückgeschickt werden.
Die Wirtschaft der Übergangszeit
Die langen Kriegsjahre forderten nicht nur einen hohen Blutzoll, sondern sie wirkten sich auch katastrophal auf die Wirtschaft aus. Als letztes Bollwerk des spanischen Imperiums hatte Peru seit 1810 die Kriege gegen die separatistischen Kräfte in Südamerika mitfinanziert. Von 1820 bis1824 musste das Land für zwei große Armeen aufkommen und die Kosten für deren Ausrüstung, Unterbringung, Verproviantierung und Besoldung bestreiten. Lima wurde mehrmals angegriffen, besetzt und geplündert. Belagerungen und Blockaden führten zu Versorgungsengpässen, Hunger und Epidemien. In diesen 15 Kriegsjahren trieb die Inflation die Preise in die Höhe, während das Land finanziell ausblutete.
Die Unabhängigkeitskämpfe beeinträchtigten die allgemeine Sicherheits- wie die Versorgungslage. Sie zogen sowohl den Binnenhandel als auch den Bergbau schwer in Mitleidenschaft. Tragtiere, Eisengeräte, Quecksilber und Schießpulver – in den Minen häufig zum Sprengen verwendet – wurden zur Mangelware. Zudem entzogen die massiven Truppenaushebungen dem ohnehin unter chronischem Arbeitermangel leidenden Bergbau die Arbeitskräfte. Im zentralen Hochland, das sechs militärische Kampagnen, zwei manövrierende Heere und zahlreiche Freischärlertruppen zu ertragen hatte, kamen der Bergbau sowie die land- und viehwirtschaftliche Produktion zum Erliegen. Perus Silberproduktion fiel von 109 597 kg im Jahr 1820 auf ein Tief von 8696 kg im Jahr 1823 – das ist ein Rückgang um fast das Dreizehnfache.
Unter den direkten Kriegsfolgen (Zerstörungen, Verwüstungen, Zwangsabgaben, Repressalien) und den indirekten (Arbeitskräftemangel, Unterbrechungen der Transportwege) litten sowohl die Kleinbauern als auch die landwirtschaftlichen Großbetriebe. Royalistische wie »patriotische« Truppen beraubten wahllos die Dörfer und rekrutierten zugleich unter Drohungen Hilfskräfte und Träger. Wenn die gegnerischen Truppen in solch ausgeplünderte Gebiete vordrangen, warfen sie den Dorfbewohnern Kollaboration mit dem Feind vor und ergriffen Retorsionsmaßnahmen. Haciendas wurden zerstört, die Pflanzungen und Viehbestände vernichtet. An der