Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett
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Einer von Monroes Revolverleuten hatte eben den Colt halb aus der Halfter gebracht, als Tontos Gewehr wieder peitschte.
Der Mann schrie auf. Er taumelte gegen das Verandageländer des Saloons und starrte entsetzt auf seinen rechten Unterarm, wo plötzlich ein blutiger Riss klaffte.
„Will es noch jemand versuchen?“, fragte Tonto, und seine Stimme klang eiskalt. Geduckt stand er da, wie sprungbereit.
Elmer Monroe biss sich auf die Lippen. Die beiden anderen Revolvermänner tauschten unsichere Blicke. Langsam wanderte Tontos Gewehrlauf hin und her, jederzeit bereit, erneut eine tödliche Flamme auszuspeien.
Monroe räusperte sich.
„Ich muss zugeben, Fremder, Sie sind schneller, als ich erwartet habe.“
„Ich warte nicht auf Ihr Kompliment“, erwiderte Tonto eisig, „sondern darauf, dass Milburn losgebunden wird. Also?“
Monroes breites Gesicht färbte sich dunkelrot. Für einen Moment blitzte rasender Hass in seinen kleinen hellen Augen auf. Dann hatte er sich schon wieder unter Kontrolle.
„Bindet ihn los!“, sagte er zu seinen Leuten.
Sie kamen wortlos und mit finsteren Gesichtern dem Befehl nach.
Als die Fesseln fielen, hielt sich der junge Milburn krampfhaft am Holm fest. Sally eilte zu ihm hin und stützte ihn.
Ihr Blick flog zu Tonto – ein Blick, in dem sich Freude, Besorgnis und Überraschung mischten. Sie wollte etwas sagen, aber Tonto kam ihr zuvor.
„Sie sind mir keinen Dank schuldig, Ma’am! Wenn Sie jetzt das einzig Richtige tun wollen, dann schaffen Sie Ihren Bruder von hier weg.“
Eine Sekunde schaute sie ihn an, als wollte sie mit ihrem Blick die Undurchdringlichkeit seiner Miene durchbrechen. Dann nickte sie stumm und führte ihren jüngeren Bruder die Verandastufen hinauf. Weder Monroe noch einer seiner Leute rührte sich. Gleich darauf schwangen die Pendeltüren hinter der jungen Frau und ihrem Bruder zu.
„Well, Tonto“, sagte Monroe heiser, „Sie haben erreicht, was Sie wollten. Aber damit ist die Sache nicht zu Ende! Hören Sie zu, Mann! Wie schnell Sie auch sein mögen – gegen meine ganze Revolvergarde kommen Sie niemals an. Und hinzu kommt, dass ich kein Mann bin, der stillschweigend über eine Niederlage hinweggeht!“
„Das heißt, Sie wollen mich tot sehen?“
„Es gibt nur eine einzige andere Möglichkeit, Tonto: Reiten Sie für mich! Ich zahle guten Kämpferlohn.“
„Darauf bin ich nicht scharf.“
„Auf ein Stück heißes Blei dürften Sie noch weniger scharf sein, oder?“ Der Anflug eines Lächelns geisterte um Elmer Monroes dünne Lippen. „Glauben Sie mir, Tonto, Sie haben keine andere Wahl! Entweder Sie gleichen Ernie Wilkes Tod dadurch aus, dass Sie an seine Stelle treten – oder Sie bezahlen dafür mit Ihrem Leben!“
„Eine Rechnung, die typisch für Sie ist, wie mir scheint!“
„Eine Rechnung“, sagte Monroe schneidend, „die auf jeden Fall aufgeht! – Tonto, ich gebe Ihnen eine Frist bis abends. Ich werde im Frontier Saloon sein und auf Ihre Entscheidung warten. Und versuchen Sie nur nicht, vorher unbemerkt aus der Stadt zu entwischen – es würde Ihnen nicht gelingen, mein Wort darauf!“
Er kam mit schweren Tritten die Stufen herab. Dem toten Wilkes und dem verwundeten Revolvermann schenkte er keinen Blick mehr.
„Mein Pferd, Rock“, sagte er und winkte. „Wir reiten!“
Er ging an Tonto vorbei, als existierte dieser nicht mehr.
Grimmig lächelnd schaute Tonto ihm nach. Bald würde Elmer Monroe wissen, dass er in Wirklichkeit Jim Trafford war, und dann würde die Hölle losbrechen in Silverrock …
*
Die Sonne sank hinter den Felsgraten und Gipfeln der Elk Mountains. In Sally Milburns Zimmer im Obergeschoss des Frontier Palace breitete sich die Dämmerung aus. Die junge Frau hatte einen Umhang über ihr rüschenbesetztes Tanzkleid geworfen und stand, eine Hand auf die Klinke gelegt, an der Tür.
„Ich muss gehen, Cleve“, sagte sie zu ihrem Bruder, der auf dem breiten Bett lag. „Bleib ruhig liegen. Ich werde zwischen den Auftritten nach dir sehen.“
Ihre Stimme klang warm und besorgt.
Cleve Milburns Gesicht war ein fahler Fleck in der zunehmenden Dämmerung.
„Schon gut, Sally!“, krächzte er heiser. „Geh nur! Ich komme schon zurecht! Ich … ich bin wirklich kein kleines Kind mehr, wirklich nicht!“
Einen Moment schien es, als wollte die Tänzerin noch etwas sagen. Dann seufzte sie schweigend und verließ den Raum. Ihre Schritte verklangen auf dem Korridor.
Cleve presste das Gesicht zwischen die angewinkelten Arme. Seine Schultern waren verkrampft. Er zuckte zusammen, als er hörte, wie die Tür sachte geöffnet wurde. Er drehte sich halb, und die Schmerzen auf seinem Rücken malten sich auf seinem Gesicht ab.
„Bleib, wo du bist, Cleve!“, sagte Monroe hart.
Er kam schnell ins Zimmer und drückte hinter sich die Tür ins Schloss. Der dicke Teppich dämpfte seine Schritte zur absoluten Lautlosigkeit. In der einbrechenden Dunkelheit wirkte seine Gestalt noch massiger.
Cleve richtete sich ruckartig auf dem Bett hoch. Er atmete schneller.
„Mister Monroe, was … ich …“
„Still! Wenn jemand redet, bin ich es!“
Cleve krallte sich an einem Bettpfosten fest und zog sich auf die Füße.
„Ich habe nicht …“
„Hör endlich auf mit dem Gejammer! Wenn ich dich töten wollte, hättest du kein einziges Wort mehr über deine Lippen gebracht! Hör zu, Milburn. Ich will dir glauben, dass du nicht mit Baxter unter einer Decke steckst!“
Cleve atmete erleichtert auf.
„Aber“, redete Monroe kalt weiter, „im anderen Falle hast du deine Pflicht vergessen, und das wiegt kaum weniger schwer. Ich kann Männer, auf die kein Verlass ist, nicht in meiner Mannschaft brauchen.“
„Mister Monroe …“
„Du sollst still sein! Pass auf! Ich biete dir zwei Möglichkeiten für einen neuen Anfang in meiner Crew! Wenn du es nicht schaffst, bist du erledigt!“
„Was muss ich tun?“, fragte Cleve Milburn tonlos.
Breitbeinig stand Monroe mitten im Raum, die Arme vor der Brust verschränkt. Gnadenlose Härte lag in seinem Blick.
„Die eine Möglichkeit ist, dass du das Silber zurückschaffst, das die Baxter Bande dem Transport vor zwei Wochen abgenommen hat!“
„Das