Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett

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Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett

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– Sie?“

      Eine schlanke hellgekleidete Gestalt schob sich hinter dem hochbeinigen Pferd hervor.

      „Ja, ich bin es! Kommen Sie, Tonto, schnell!“

      Gleich darauf stand er vor ihr. Sie atmete heftig, und trotz der Dunkelheit sah er das Glänzen ihrer großen Augen. Wieder umfing ihn der herbe Duft ihres Parfums. Ihr Kleid streifte ihn raschelnd.

      „Es ist Ihr Fuchshengst!“, sagte sie hastig. „Ich habe ihn aus dem Stall geholt, ehe Monroes Revolverschwinger zur Stelle waren!“

      Red Blizzard war gesattelt und gezäumt, und mit einem schnellen Blick erkannte Tonto, dass im Scabbard am Sattel sein Henry Gewehr steckte.

      Er atmete tief ein. „Wie soll ich Ihnen nur danken, Sally!“

      „Danken? Haben Sie schon vergessen, was Sie für Cleve getan haben?“

      „Das ist …“

      „Sie dürfen keine Zeit verlieren, Tonto! Sie müssen fort!“

      „Yeah!“, nickte er hart. „Yeah, Sie haben recht!“

      Er tätschelte dem Kentucky Fuchs flüchtig den Hals und packte dann das steile Sattelhorn.

      „Hat Sie jemand gesehen, Sally?“

      „Nein! Warum …“

      „Ich hoffe, Sie bekommen keinen Kummer deshalb!“

      „Kummer bin ich gewohnt!“ Ein bitteres Lächeln war aus ihrer Antwort zu hören.

      Impulsiv wandte er sich ihr voll zu. Ihr Gesicht war ein heller ovaler Fleck in der Dunkelheit. Sie war so nahe, dass er die erregende Wärme ihres Körpers fühlte.

      „Sally“, sagte er rau, „diese Stadt ist nicht gut für Sie und Ihren Bruder! Sie sollten fortgehen von hier!“

      „Ich wollte, das wäre möglich!“, murmelte sie schwermütig.

      „Weshalb?“

      „Ich werde es Ihnen ein anderes Mal erzählen, Tonto!“

      Sie fasste mit beiden Händen seine Rechte, und diese Berührung durchströmte ihn mit einer seltsam süßen Wärme.

      „Ich wünsche Ihnen Glück, Tonto! Sie müssen es schaffen, Sie müssen einfach!“

      Dann ließ sie seine Hand los und wich einen Schritt zurück. Sekundenlang stand er völlig reglos. Seine Kehle war wie ausgedörrt, in seinen Schläfen hämmerte es. Er war nahe daran, die Hände nach Sally auszustrecken und sie an sich zu ziehen.

      Mit einem Ruck wandte er sich schließlich um und schwang sich auf den Pferderücken. Als er den Kopf drehte, sah er die junge Frau eben noch hinter einer Gebäudeecke verschwinden. Zurück blieb nur ein Hauch ihres Parfüms und die Erinnerung an ihre Nähe, die ihn benommen machte.

      Er lenkte den Hengst herum und drückte ihm die Stiefelabsätze in die Weichen. Das Tier trabte los.

      Drüben beim Mietstall schrie jemand aufgeregt: „Heh, wer reitet da? Jack, sieh mal nach!“

      Vom Hinterhof trieb Tonto das Pferd auf die Main Street. Sofort geriet er in den breiten Lichtbalken aus einem nahen Fenster.

      „Da ist er! Tonto! Er ist es!“

      Ein Schuss fiel, die Kugel warf neben Red Blizzards Hufen Sandkörner empor.

      Tonto duckte sich tief auf den Pferdehals.

      „Zeig ihnen, was du kannst, Amigo!“, raunte er dem Hengst heiser zu. „Lauf, Blizzard, lauf!“

      Der schlanke Leib des rassigen Fuchses streckte sich. Die Hufe trommelten ein wildes Stakkato. Wie von der Sehne geschnellt, flog das Pferd die Main Street entlang.

      Die Schreie und Schüsse hinter ihm ließen Tonto Jim Trafford ungerührt. Die Gewissheit, dass ihn auf seinem schnellen Pferd niemand einholen konnte, erfüllte ihn mit neuer Zuversicht.

      Bis zu dem Augenblick, da er die Häuser von Silverrock hinter sich gelassen hatte und in der Finsternis um eine Gruppe mannshoher Wacholdersträucher bog …

      Er konnte gerade noch feststellen, dass er sich plötzlich zwischen einem halben Dutzend Reiter befand, deren Konturen von der Nacht verwischt wurden – dann traf ein harter Schlag seinen Hinterkopf.

      Seine Hände lösten sich von den Zügeln. Er merkte noch, dass er stürzte und aufgefangen wurde. Dann wusste er von nichts mehr.

      *

      Goldenes Sonnenlicht fiel durch die enge Fensterluke auf Tontos Gesicht und weckte ihn. Er setzte sich auf und stellte fest, dass er auf einem einfachen Feldbett gelegen hatte. Seine Bewusstlosigkeit musste in tiefen Schlaf übergegangen sein, und das war bei den vielen Strapazen, die hinter ihm lagen, nicht verwunderlich.

      Jetzt fühlte er sich frisch und ausgeruht und voll neuer Kraft. Forschend schaute er sich um. Der Raum war klein. Außer dem Bett befanden sich noch ein Schrank, ein Tisch und ein Stuhl hier drinnen. Zu Tontos Verwunderung hing sein Revolvergurt über der Stuhllehne.

      Er erhob sich rasch und schnallte die Waffe um. Er stellte fest, dass die Trommel geladen war. Dann wurde er sich des Duftes von heißem Kaffee bewusst. Er sah, dass ein Tablett neben der Tür abgestellt war. Eine Kanne, eine Tasse und ein Teller mit Pfannkuchen befanden sich darauf. Sofort verspürte er nagenden Hunger. Er trug das Tablett zum Tisch und frühstückte ausgiebig.

      Durch das Fenster sah er graue Felsränder, über denen sich der seidig blaue Morgenhimmel spannte. Irgendwo draußen schnaubten Pferde. Sonst war kein Laut zu hören. Tonto hatte keine Ahnung, wo er sich befand.

      Er hatte die letzte Tasse noch nicht ganz geleert, da wurde an der Außenseite der Tür ein Riegel weggeschoben. Gleich darauf schwang die Tür knarrend auf, und ein Mann, den Tonto nie zuvor gesehen hatte, trat über die Schwelle.

      Er war groß, hager, ganz in Schwarz gekleidet und besaß ein langes knochiges Gesicht. Seine Augen darin wirkten wie Schlitze. Er blieb in der Lichtflut, die hinter ihm hereinbrandete, stehen und musterte Tonto.

      Tonto erhob sich langsam. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen, als er sagte: „Sparen wir uns lange Begrüßungsworte! Sagen Sie mir, wer Sie sind, wo ich bin und was Sie von mir wollen!“

      Die Miene des Schwarzgekleideten blieb völlig unbewegt.

      „Immer langsam, Tonto! Eins nach dem anderen! – Mein Name ist Sol Denrick. Ich bin Vormann bei Gray Baxter, wenn Ihnen das etwas sagt.“

      „Allerdings! Über die Baxter Bande habe ich in Silverrock bereits gehört, nichts Gutes allerdings!“

      Denrick verzog verächtlich die Mundwinkel.

      „Mich kümmert nicht, was Monroes Leute quatschen! Well, Tonto, Sie befinden sich mitten in unserem Camp! Hoffentlich wissen Sie die Ehre zu schätzen! Monroe würde eine Menge dafür geben, seinen Fuß einmal auf dieses Gebiet zu setzen – an der Spitze seiner Revolvergarde, wohlgemerkt!“

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