Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett
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„Schon gut, Miss Mary!“, murmelte er heiser. „Ich werde …“
„Kein Palaver mehr!“, unterbrach Kinross hart. „Wir wollen es kurz machen. Schnallt jetzt ab, dann werden wir mit Williams verschwinden! Los, macht schon.“
Torrence und Dillon lösten ihre Gürtelschnallen. Greg zögerte noch. Wenn erst einmal sein 45er am Boden lag, war er rettungslos verloren.
Aber da war das Mädchen!
Er konnte jetzt keinen verzweifelten Kampf heraufbeschwören, bei dem sie in den Kugelregen der Banditen geraten konnte! Seine Lippen wirkten wie ein messerscharfer Strich in seinem gestrafften sonnenbraunen Gesicht, als er den Revolvergurt mit der Waffe daran ins Gras klatschen ließ.
„Tom!“, sagte Kinross zu Frazer. „Nimm ihn mit!“
Die wulstigen Lippen zu einem breiten Grinsen verzogen, schob sich Frazer auf Greg zu.
Im nächsten Sekundenbruchteil riss der stämmige Clay Dillon blitzschnell einen 22er Sharps Derringer mit vier kurzen Läufen aus der Innentasche seiner ärmellosen, Lederweste.
Mit voller Lautstärke schrie er: „Zu Boden, Miss Mary!“
*
Gleichzeitig warf er sich auf die Knie, und die Kugeln, die Kinross und zwei seiner Leute abfeuerten, strichen über ihn hinweg in die hereinbrechende Nacht hinein. Noch in den Nachhall der Schüsse hinein peitschte Dillons Waffe.
Ein Bandit griff sich aufschreiend an die Brust und kippte zur Seite gegen Kinross, der dadurch am Schießen gehindert wurde.
Dillon schnellte schräg in die Höhe und feuerte nochmals. Wieder stürzte einer von Kinross’ Männern ins Gras. Die Hölle brach los!
Torrence hatte sich blitzschnell nach seinem Revolver gebückt und sprang aus dem Lichtkreis.
Greg warf sich gegen Frazer, der überrascht herumgewirbelt war. Ringend stürzten sie ins Gras. Der Koch hatte sich erschrocken unter den Küchenwagen geworfen und rief in wirrer Reihenfolge sämtliche Heiligen um Hilfe an.
Kugeln schlugen ins Lagerfeuer und wirbelten einen Funkenregen in die Dunkelheit hinein. Schreie gellten durcheinander. Schüsse rasten in donnernder Serie. Vom Seilkorral kam durchdringendes Pferdegewieher.
Tom Frazer bekam Gregs Kehle zu fassen und drückte mit aller Kraft zu. Der bärtige Bandit verfügte über wahre Riesenkräfte. Greg merkte verzweifelt, wie ihm die Luft wegblieb. Er stieß mit Fäusten und Füßen um sich, aber Frazers Griff lockerte sich nicht.
Der wilde Lärm verschwamm in Gregs Ohren. Dann hörte er wie aus weiter Ferne eine helle Stimme fordern: „Lassen Sie ihn sofort los, sonst drücke ich ab!“
Schlagartig lösten sich die klammernden Fäuste von seiner Kehle.
Greg schnappte hörbar nach Luft. Er rollte von Frazer fort und richtete sich mühsam auf. Er sah, dass Frazer wie versteinert am Boden kniete. Eine Revolvermündung war in sein Genick gedrückt.
Gregs Blick kroch weiter in die Höhe und traf auf Mary Lockwoods angespanntes Gesicht. Im Feuerschein, der sie von der Seite traf, schienen ihre Augen zu glühen.
„Donnerwetter!“, murmelte Greg heiser. „Ich gerate immer tiefer in Ihre Schuld!“
Dann wurde er sich bewusst, dass die Detonationen verstummt waren. Er schaute sich um. Zwei dunkle Gestalten lagen neben dem Feuer reglos am Boden. An ihrer steifen, seltsam verkrümmten Haltung erkannte er auf den ersten Blick, dass sie nie mehr aufstehen würden. Zwei weitere Banditen dauerten stöhnend nebeneinander und murmelten Verwünschungen vor sich hin. Kinross und zwei Männer standen mit erhobenen Händen vor dem Küchenwagen. Torrence nahm ihnen eben die Waffen ab, während Dillon sie mit dem Derringer in der. Rechten und einem 45er Colt in der Linken in Schach hielt.
Sekundenlang hatte Greg das Verlangen, sich einfach zu setzen und die Augen zu schließen. Er rang die Schwäche nieder, atmete tief und zwang sich, nicht mehr daran zu denken, wie knapp er diese Sache überstanden hatte. Wortlos nahm er Mary den Colt aus der Hand, entwaffnete Frazer und befahl ihm, zu den anderen Desperados hinüberzugehen.
Dillon schaute ihm ruhig entgegen.
„Zufrieden, Williams?“
Impulsiv streckte ihm Greg die Hand hin.
„Ich wette, Dillon, ohne Ihr Eingreifen wäre ich jetzt schon tot!“
„Diese Wette würden Sie haushoch gewinnen!“, erwiderte Dillon trocken. Der Anflug eines Lächelns geisterte über sein ernstes verschlossenes Gesicht.
Als er den Händedruck fest erwiderte, hatte Greg den Eindruck, einen neuen Freund gewonnen zu haben.
Später holte Torrence die Banditengäule aus einer versteckten Mulde in der Nähe des Herdencamps. Dann schickten sie Jim Kinross und seine restlichen Leute mit den Verwundeten und Toten zu Fuß in die Nacht hinaus, in der Hoffnung, dieses Desperadogesindel, das Menschenjäger spielte, für immer abgeschüttelt zu haben.
Schweigend schauten sie den schimpfend abziehenden Desperados nach. Plötzlich ließ eine laute krächzende Stimme die Cowboys herumfahren.
„Wie in Missouri! Genau wie damals in Missouri, als ich noch ein junger Hüpfer war!“
Old Mike Tipstone hatte sich auf der zertrampelten Grasfläche hochgesetzt. Er hielt beide Hände gegen den schmerzenden Kopf gepresst, aber sein ledernes Gesicht war in tausend Lachfalten zersprungen.
*
In dünnen Schnüren strömte der Regen aus der tintigen Schwärze, die sich über die Prärie gebreitet hatte. Der Boden hatte sich in Morast verwandelt. Bei jedem Huf tritt war ein schmatzendes Geräusch zu hören.
Müde, mit hochgezogenen Schultern saß Rick Carney im Sattel. Das Wasser sammelte sich in seiner Hutkrempe und tropfte monoton auf den Regenumhang herab. Die Herde, an deren Flanken er Wache ritt, war nur als pechschwarze Masse in der Nacht zu erkennen.
Carney blickte auf, als ein Reiter vom Camp herüber auf ihn zukam. „Wer ist da?“
„Ich bin es, Rick – Torrence!“, kam die gedämpfte Antwort durch das Platschen der Hufe.
Gleich darauf zügelte der Vormann neben ihm sein Pferd. Er wischte sich den Regen aus dem Gesicht. „Ich löse dich ab, Junge. Später kommt Dillon an die Reihe. Sag ihm Bescheid.“ Torrence wartete darauf, dass sich Carney entfernte. Der junge Cowboy zögerte. Torrence schaute ihn aufmerksam von der Seite an.
„Gibt es was, Rick?“
„Yeah!“, Carney räusperte sich und fingerte nervös an den Zügeln. „Ich muss mit dir reden, Lee. Wegen Williams.“
Torrences Schultern zogen sich noch mehr nach vorne. Sein kantiges Gesicht wurde ausdruckslos. Carney merkte nicht, dass der Vormann unter seinem Regenumhang zum Kolben des Revolvers tastete.
„Nur zu, Rick!“, murmelte Torrence leise.
„Ich