Das Komplott der Senatoren. Hansjörg Anderegg
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Читать онлайн книгу Das Komplott der Senatoren - Hansjörg Anderegg страница 19
»Jede Wette, die Waffe ist entsichert und durchgeladen«, knirschte Lee zwischen den Zähnen. Marion stand reglos neben ihm, starrte den martialischen Hundeführer mit großen Augen an und sah aus, als wollte sie im nächsten Augenblick die Hände in die Höhe strecken.
»Was wollen Sie?« Netter Empfangschef, dachte Lee, laut antwortete er mit einer ebenso ungehobelten Gegenfrage:
»Wollen Sie uns erschießen?« Der Mann verstand keine Ironie. Mit der Waffe im Anschlag blieb er breitbeinig vor ihnen stehen, neben sich sein nicht weniger bedrohlich knurrender Begleiter.
»Was wollen Sie?«, wiederholte er mit undurchdringlichem Gesicht. Marion erwachte endlich aus ihrer Starre. Trotz der furchterregenden Mündung trat sie näher ans Gitter, zeigte ihre Visitenkarte und sagte in einem Ton, als melde sie sich beim Empfang einer zivilisierten Firma an:
»Marion Legrand von Garrah, McKenzie und Partners, Washington. Wir möchten den Chef sprechen.« Der zweibeinige Pitbull musterte sie gelangweilt und antwortete mit steinerner Miene:
»Der Chef ist nicht zu sprechen.«
Lee platzte der Kragen. »Jetzt machen sie schon das verdammte Tor auf, Mann. Ich bin Lee O’Sullivan, der Sohn des Senators!« Es kam ihm nur schwer über die Lippen, aber hier musste er offensichtlich mit schwerem Geschütz auffahren. Sein Name beeindruckte den Wächter nicht im Geringsten, aber der Ton gefiel ihm scheinbar nicht. Er richtete den Lauf der Waffe auf Lees Brust und wiederholte emotionslos, als spreche er vom Band:
»Der Chef ist nicht zu sprechen.«
Mit rotem Kopf zischte Lee zurück:
»Ein paar andere Wörter kennen Sie wohl nicht, was? Wie wär’s zum Beispiel mit: Ich frage mal nach?« Plötzlich erweiterte sich das Vokabular des Wächters. Er sprang ein paar Schritte zur Seite, wo Marion mit ihrem Handy fotografierte und stellte sich vor die Kamera.
»Keine Bilder. Fotografieren verboten!«, rief er aufgeregt.
»Gibt es etwas, das hier nicht verboten ist?«
»Ja, abhauen«, knurrte der Mann und fuchtelte unmissverständlich mit der gefährlichen Waffe. Lee biss sich auf die Lippen. Er zählte innerlich langsam auf fünf, um sich etwas zu beruhigen, bevor er einen weiteren Versuch wagte:
»Hören Sie, ich verstehe, dass Sie auch nur Ihren Job machen, so wie wir. Aber wir sind den langen Weg von der Ostküste hierher gereist, um mit dem Management von AZ Technologies zu sprechen, da niemand ans Telefon zu kriegen ist. Also, würden Sie uns jetzt bitte anmelden? Es ist sehr dringend.«
»Ganz recht, Mister. Ich mache hier nur meinen Job. Und meine Anweisungen sind sonnenklar: keine Besucher, keine Auskunft, keine Fotos, kein gar nichts. Verstanden?«
Bevor Lee wieder ausrasten konnte, zupfte ihn Marion am Ärmel und flüsterte ihm ins Ohr: »Kommen Sie, es hat keinen Sinn. Wir werden mit einem Gerichtsbeschluss wiederkommen.«
Gerichtsbeschluss? So etwas konnte Monate dauern. Er wollte protestieren, doch sie drängte ihn mit eiserner Hand zum Wagen zurück.
»Was fällt Ihnen ein, ich bin noch lange nicht fertig mit dem Blödmann!«, schnauzte er sie an, als sie wieder im Auto saßen.
»Ich weiß, ich auch nicht, aber rohe Gewalt hilft hier nicht weiter, es sei denn, sie hätten auch so eine Artillerie im Handschuhfach.«
»Sehr witzig.« Er brauchte eine Weile, bis sich sein Puls wieder beruhigte. »Verscheucht, weggejagt wie zwei lästige Schmeißfliegen«, empörte er sich.
»Wir lassen uns schon etwas einfallen, keine Angst«, beschwichtigte sie. »Wir kommen da hinein, und wenn wir den Richter bemühen müssen. Diese Fabrik ist nicht die NSA.«
Er hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, war zu sehr damit beschäftigt, seinen Ärger zu pflegen. Er wendete den Wagen und fuhr zurück nach dem Städtchen mit dem schönen Namen Fountain Hills.
Unvermittelt sagte sie:
»Ich habe Hunger. Mit leerem Magen kann ich nicht denken.«
»Ein vernünftiger Satz«, brummte er mürrisch. Vielleicht kehrte seine Energie mit ein paar zusätzlichen Kalorien wieder zurück. Nach diesem demütigenden Erlebnis fühlte er sich schlapp und mutlos.
Sie hielten bei einer Trattoria und setzten sich in den schattigen Garten. In seinen Gedanken war er weit weg, in der Villa des Senators in Potomac. Welches Geheimnis versteckst du vor mir?, fragte er seinen Vater. Wie immer erhielt er keine Antwort.
»Pilze, Peperoni, extra Käse?«
»Wie bitte?« Er brauchte einen Moment, um Marions simple Frage einzuordnen. Nach einem kurzen Blick auf die verwirrende Vielzahl der Pizzavariationen in der Speisekarte vor ihm bestellte er einfach Pizza, ohne jede Schikane. Er brauchte irgendetwas zwischen die Zähne, aber Lust zu essen hatte er im Grunde nicht. Ganz anders seine Begleiterin. Sie blühte auf, als hätten sie sich zu einem extravaganten Dinner getroffen, suchte die schärfsten Zutaten aus, die der Süden zu bieten hatte und vergaß auch das Glas Rotwein nicht. Sie errötete leicht, als sie seine Verblüffung bemerkte.
»Wenn ich frustriert bin, bekomme ich Appetit«, erklärte sie, als müsste sie sich entschuldigen.
»Wie es scheint, werden sie sehr selten enttäuscht, gertenschlank wie Sie sind.«
Sie lächelte säuerlich. »Haben Sie eine Ahnung! Aber Danke für das Kompliment, wenn es denn eines gewesen ist.«
»Ist es«, antwortete er ernst. »Tut mir leid, wenn ich manchmal etwas grob erscheine. Ist eigentlich nicht meine Art, aber dieser Reinfall heute geht mir ganz schön an die Nieren. Wir haben noch nicht einmal einen Namen, an den wir uns halten können.«
Sie nickte nachdenklich. Nachdem sie eine Weile schweigend aufs Essen gewartet hatten, griff sie plötzlich in ihre Tasche, holte das Telefon heraus und begann aufgeregt Knöpfe zu drücken. Sie lächelte zufrieden, als sie ihm den kleinen Bildschirm vor die Nase hielt und sagte triumphierend:
»Wusste ich’s doch. Namen haben wir keine aber Zahlen.« Auf dem vergrößerten Bildausschnitt erkannte er deutlich ein Autokennzeichen.
»Die Nummern der geparkten Wagen!«, rief er erfreut. »Sie sind die Größte.« Ein wenig ärgerte ihn schon, dass er nicht selbst auf diese Idee gekommen war, aber das trübte seine Freude über die wertvolle Entdeckung nicht.
»Wenn Sie einverstanden sind, werde ich diesen Nummern nachgehen. Einer der Besitzer wird wohl reden. Wenn nötig helfen wir mit etwas Kleingeld nach. Ist das O. K.?«
Selbstverständlich