Verbena II. Ruth Anne Byrne

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Verbena II - Ruth Anne Byrne Verbena

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kletterte ich das Ufer des Baches entlang in die Schlucht hinein. Weit oberhalb von mir musste die Brücke sein, die die Klippen miteinander verband. Ich sah hinauf in den milchigen Schein der Sonne. Ein Stück weiter hinten war ein dunkler Schatten im Nebel auszumachen. Das musste sie sein, die Brücke. Dort oben waren der Raubüberfall auf Valerian, die Treibjagd, der Einsiedler gewesen. Ein Schauer lief meinen Rücken entlang. Gut, dass die Hüter den gefährlichen Mann gestellt hatten, es ihn nicht mehr gab.

      Malve war unruhig, kratzte mich am Nacken. Ich hielt den Atem an, lauschte.

      Ein Ast knackte. Der Bach gluckerte. Weiter weg schrie ein Vogel.

      »Beruhige dich!«, sagte ich leise und strich über seinen Kopf – mehr, um mich selbst zu entspannen.

      Drinnen in der Schlucht roch es heute noch grauenhafter als sonst. So schlimm hatte ich es nicht in Erinnerung. Und wie still es hier auf einmal war, als ob der Nebel mich einpackte in ein dichtes Bündel Stoff.

      Mein Marder beruhigte sich nicht. Er grummelte, zwickte mich ins Ohrläppchen, zog es nach hinten, als wollte er mich abhalten, weiterzugehen.

      »Schluss jetzt! Hilf mir lieber, Kröten zu finden«, zischte ich. Laut zu sprechen, wagte ich nicht in dieser unwirklichen Stille. Ich tastete die Felsen ab, fuhr in die Spalten. Wie meine Finger zitterten …

      Jetzt hab dich nicht so! Es ist doch nur ein bisschen Nebel.

      Wieder fühlte ich in die Ritzen, blies den warmen Dampf davon. Nur eine Kröte finden. Dann nichts wie weg von hier!

      Ein kalter Hauch strich über meinen Nacken.

      Malve plusterte sich auf, raunte tiefe Drohungen.

      Stand jemand hinter mir?

      Ich drehte mich um, sah im Nebel nichts, was weiter als eine Armeslänge entfernt war. Den Rücken an den Fels gepresst, nahm ich all meinen Mut zusammen.

      »Ist da wer?«

      Ein Luftzug. Nebel wirbelte auf mich zu, strich über meine Wangen.

      Ich schrie.

      Malves Krallen gruben sich in meinen Nacken, dass es schmerzte. Er flüchtete auf einen Felsvorsprung, fauchte herunter.

      Ich spürte eine Berührung, an meinem Arm. Eiskalt.

      Bei Mavanja!

      Eine Hand in meiner … aber niemand stand vor mir.

      Ich riss mich los, lief, stolperte über Steine, tastete durch den Nebel, rutschte aus, rappelte mich auf, rannte, bis die Nebelschlucht weit hinter mir lag.

      Keuchend erreichte ich die Heilerei. Die Tür stand offen, Stimmen drangen von drinnen heraus. Leute waren da. Die brauchte ich jetzt beim besten Willen nicht!

      Ich nahm den Eingang ins Haupthaus und ließ mich in der Stube auf die Ofenbank fallen. Mein Herz schlug immer noch viel zu schnell. Mutter des Lebens, was war das gewesen?

      Ich strich über meinen Arm. Dort hatte ich es gespürt. Allein bei der Erinnerung daran stellten sich wieder meine Nackenhaare auf. Ich fuhr mir über das Gesicht, durch meine verfilzten Strähnen und atmete durch. Ich war jetzt zu Hause, weit weg von dort!

      Alraune sah durch die Tür. Ihre Augen weiteten sich. »Kind, was ist mit dir?«

      Die Stimmen hinter ihr verstummten. Ich schluckte. »In der …« Mein Blick fiel auf die offene Tür.

      Alraune verstand sofort. »Entschuldigt mich einen Moment!«, rief sie über ihre Schulter, zog die Tür ins Schloss und humpelte zu mir. Auf ihren Stock gestützt ließ sie sich neben mir nieder. »Also?«

      »In der Schlucht … da ist etwas«, flüsterte ich, konnte es immer noch nicht fassen. Hatte ich mir das nur eingebildet? Aber Malve – er hatte mich gewarnt, lange bevor ich es gefühlt hatte.

      »Was?«

      Wie sollte ich es erklären? »Wirbel im Nebel. Eiskalte«, flüsterte ich.

      Alraune warf mir einen schiefen Blick zu.

      Schon gut, ich wusste selbst, wie dämlich das klang, und in Zeiten wie diesen machte man den Mund lieber nicht zu weit auf. Unerklärliche Wahrnehmungen brachten einen schnell auf den Scheiterhaufen.

      Nun sah sie die Kratzer an meinem Hals und zog den Riemen der Tasche weg.

      »Wie schaust du denn aus?«

      Ich tastete nach den Wunden, verzog das Gesicht. Blut hatte sich in den Ausschnitt meines Kleides gesogen. »Das war Malve. Er hat sich auch erschreckt.«

      »Das muss versorgt werden. Komm!« Alraune zog mich hoch.

      »Aber die Leute …«

      »Die können warten.« Selbst mit Stock war sie manchmal erstaunlich schnell. Wie sehr ich mir wünschte, dass sie wieder genauso rüstig wäre wie letzten Sommer noch.

      Schon öffnete sie die Tür zur Heilerei wieder und winkte mir, ihr zu folgen.

      Ich rollte die Augen. Konnte sie mir die Pechsalbe nicht stattdessen hier in der Stube auftragen? War mir doch egal, ob die Leute warteten; Hauptsache, ich musste mich nicht erklären.

      »Bring warmes Wasser mit!«, rief sie.

      Mit einer Schüssel voll kam ich in die Heilerei. Am großen Tisch hatte die Moosbacherin ihre gichtigen Hände in Topfenwickel eingepackt. Auf der Bank saßen Pater Guntram, hustend, und die Bäckerin, mit geschwollener Backe, und warteten. Sie alle beäugten mich. Ob es auffiel, dass ich immer noch eine Wolke Faule-Eier-Geruch mit mir herumtrug? Bedacht, ihnen nicht zu nahe zu kommen, drängte ich mich an der Kredenz vorbei und murmelte: »Mavanja sei mit euch!«

      »Die weise Mutter des Lebens lege ihren Segen über dich und auch Escha stehe dir bei!«, schniefte Pater Guntram. Die Bäckerin nickte nur.

      »Was ist passiert, Verbena?«, fragte die Moosbacherin.

      Alle starrten mein blutiges Kleid an.

      Alraune bedeutete mir, mich an den Tisch zu lehnen.

      »Ausgerutscht und in einen Busch gefallen bin ich in der Nebelschlucht.«

      Wie ich es hasste, ständig zu lügen!

      »Hast du wenigstens Kröten mit?«, fragte Alraune.

      Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.«

      Sie kniff die Lippen aufeinander. Kam jetzt gleich ein Donnerwetter? Schickte sie mich erneut hin? Keine zehn Pferde konnten mich ein weiteres Mal an diesen verfluchten Ort zerren.

      Doch sie sagte nichts. Stattdessen sah sie besorgt auf meinen Ausschnitt, tupfte mit dem feuchten Tuch auf meiner Haut herum, anstatt die Wunden ab. War sie blasser geworden? Kaum hörbar flüsterte sie: »Dein …«

      Ich tastete um meinen Hals, fand das Lederband nicht … strich über mein Kleid, spürte keinen Anhänger …

      Mutter

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