Imaginäre Körperreisen. Sabine Fruth
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NICK, 12 JAHRE:
KLIENT Das Spiegelbild geht durch den Mund rein … es sieht aus wie bei Harry Potter … in Hogwarts … eins ist nur komisch, da liegt überall Schnee … und der kleine Nick fährt Snowboard …
Dieser Junge hat seine unklaren Gelenkbeschwerden rein symbolisch in seiner Harry-Potter-Welt erfolgreich therapiert, ohne dass er irgendetwas aufgedeckt hat.
4.2 Klassische Stolpersteine
Sobald das Spiegelbild in den Körper reist, kann es – wie überall – zu Widerständen kommen. Ebenso wie bereits zu Beginn der Induktion ist es möglich, dass der Klient im Körper nichts sieht. Mit diesem Nichts, der Schwärze oder dem Nebel gehen Sie genauso um wie in den Kapiteln 3 (»Die Induktion«) und 12 (»Widerstände«) beschrieben.
Schmerzgeplagte Klienten neigen dazu, sobald sie im Körper angekommen sind, den Schmerzbereich aufzusuchen. Der Leidensdruck scheint so groß zu sein, dass an Wohlfühlen und Ressourcenarbeit noch nicht zu denken ist. Folgen Sie dem Klienten in diesem Fall zum Ort des Geschehens.
»Ich bin schon in der Schulter«
Der Therapeut hat dazu eingeladen, in Ruhe im Körper anzukommen.
THERAPEUT Ich lade dich, kleines Spiegelbild, ein … dich erst einmal in Ruhe zu orientieren … sobald du wahrgenommen hast, wie es im Körper aussieht … kann die Reise zum inneren Wohlfühlraum starten …
KLIENT Kann es sein, dass ich schon in der Schulter bin? Da sind lauter kleine Männchen, die mit einem Pickel auf der Kugel rumhacken!
THERAPEUT Es kann durchaus sein, dass Ihr Unbewusstes entschieden hat, sofort zum Ort des Geschehens zu gehen. Bei diesen starken Schmerzen ist Wohlfühlen vielleicht noch nicht dran.
Da der Therapeut nur Lotse ist, entscheidet der Klient selbst, was zuerst an der Reihe ist. Somit beginnt die Arbeit direkt an dieser Stelle (s. Kap. 15.1, »Reise zum Ort des Geschehens«).
5 Der Wohlfühlraum
In jeder therapeutischen Arbeit hat die Stabilisierung des Klienten höchste Priorität. Bevor die Bearbeitung von Symptomen, Widerständen oder Traumata beginnen kann, sollten Sie für Sicherheit während der Therapie sorgen. Im nächsten Schritt erfolgt dann die Ressourcenarbeit und anschließend möglicherweise eine intensivere Arbeit. Auch wenn ein Klient in manchen Fällen eine andere Reihenfolge wählt, sollten Sie versuchen, die stabilisierende Basisarbeit an den Anfang zu stellen.
Ich unterscheide bei der Trancearbeit einen inneren Wohlfühlraum und einen äußeren sicheren Ort. Den inneren Wohlfühlraum erreicht der Klient, wenn er in seinem Körper unterwegs ist. An den äußeren sicheren Ort gelangt er in einer Entspannungstrance über eine Treppe, ohne dass er imaginär im Körper unterwegs ist.
Die Begrifflichkeit des inneren Raums im Gegensatz zum äußeren Ort ergibt sich durch die Beschreibungen der Klienten. Im Körper überwiegen eher geschlossene Räume, wie auch immer sie aussehen mögen. Im Außen sind es häufig Landschaften oder Plätze in der Natur. Strenggenommen befindet sich natürlich auch der äußere sichere Ort im Klienten. Ebenso ist auch der Wohlfühlraum ein sicherer Ort.
5.1 Der Wohlfühlraum
Sobald sich der Klient in seinem Körper orientiert hat, laden Sie das Spiegelbild ein, den inneren Wohlfühlraum zu finden (s. Abb. 3). Der Begriff »Raum« ist symbolisch zu werten. Während der Körperreise helfen ein paar Angebote, wie dieser aussehen könnte.
Der Wohlfühlraum kann aussehen wie
•ein anatomischer Raum (z. B. im Herzen oder auf dem Nervengeflecht des Solarplexus)
•in einer Landschaft
•ein Zimmer mit Möbeln
•eine Höhle
•eine Wolke
•eine Farbe
•ein Gefühl
•oder ganz anders.
Es gibt Klienten, die stolpern quasi in ihren Wohlfühlraum hinein. Er kann dabei offen und weit sein. Andere müssen lange suchen, da dieser Raum gut versteckt ist. In vielen Fällen wird plötzlich eine Tür wahrgenommen, hinter der sich der Wohlfühlraum befindet. Ein Szenenwechsel zum Beispiel von Anatomie oder Röhrensystem zu Landschaft oder Zimmer ist häufig. Zimmer mit Sofas oder Sesseln, Terrassen mit Hollywoodschaukeln oder Hängematten sind ebenso typische Wohlfühlräume wie schöne Orte in einer Landschaft.
Die Reise und der Raum passen oft zur Persönlichkeit des jeweiligen Klienten. Ein guter Schutz durch ein Versteck hat in der Regel seine Gründe. Verzichten Sie möglichst auf eigene Verbesserungsvorschläge! Diese Räume sind derart individuell, dass alle aktiven Vorschläge des Therapeuten deplatziert sind. Eine offene Frage wie
»Was wäre hier noch hilfreich … angenehm … passend … oder ist es so genau richtig?«
ist deutlich besser.
Meist ist der Wohlfühlraum sofort in seiner endgültigen Form vorhanden. Manchen hilft die Anregung, dass der Klient selbst diesen Raum jederzeit verändern bzw. verbessern kann, sofern das gewünscht ist. Teils werden zusätzlich weitere Räume entwickelt, die wichtig erscheinen: Räume zum Bewegen, Sporttreiben, Musizieren oder für andere Dinge. So kann im Verlauf ein Wohlfühlbereich (s. Kap. 5.2) entstehen.
Im Wohlfühlraum sind positive Verstärkungen besonders hilfreich. Hier können auch posthypnotische Suggestionen gut wirksam werden. Es geht darum, dem Klienten in Zukunft zu ermöglichen, diesen Raum für Selbsthypnosen zu nutzen. Das kann in Entspannungspausen oder vor dem Einschlafen sein. Mit einiger Übung können sich Angstpatienten hierhin flüchten, wenn sie wieder zur Ruhe kommen möchten. Den Raum sollten Sie am Ende der Sitzung ankern lassen und den direkten oder indirekten Zugang besprechen (s. u.).
Praxis
Der Klient ist in seinem Körper unterwegs und hat sich orientiert.
THERAPEUT Nun sieh dich um und finde zunächst einmal deinen inneren Wohlfühlraum … Das ist ein besonderer Raum, der nur dir ganz alleine gehört … dir Schutz bietet … wo du dich erholen kannst … (die Bedürfnisse des Patienten einbeziehen).
Du findest ihn irgendwo zwischen den Bereichen des Körpers … vielleicht hinter einer geheimen Tür … manchmal gut versteckt … er kann aussehen wie ein Zimmer oder ein anderer Raum, kann eine besondere Landschaft sein