Tod zum Viehscheid. Mia C. Brunner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Tod zum Viehscheid - Mia C. Brunner страница 8
In den frühen Morgenstunden hatte auch Svenja über Übelkeit geklagt. Da zurzeit Ferien waren, war das nicht weiter tragisch. Doch nach der schlaflosen Nacht war es Florian und Jessica schwergefallen, aus dem Bett zu kommen, um zur Arbeit zu fahren.
»Hat das mit der Abholung des Dienstwagens geklappt?«, fragte Jessica ihren Chef, als sie wenig später sein Büro betrat und sich ungefragt auf den linken Stuhl vor seinem Schreibtisch setzte.
»Ähm, ja. Alles gut«, sagte Götze abwesend, deutete auf den zweiten Stuhl und forderte Florian auf, sich ebenfalls zu setzen.
»Was gibt’s denn?«, wollte Florian wissen.
Götze lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und faltete die Hände über seinem Bauch. »Ihre jeweiligen Fälle sind noch nicht aufgeklärt, hab ich recht?«
Florian sah kurz zu Jessica hinüber und nickte dann. »Ja, aber das ist nur noch eine Frage der Zeit. Sobald mir die Rechtsmedizin mitteilt, dass es sich bei dem Tod des jungen Mannes auf der Alpe um einen tragischen Unfall handelt, ist der Fall abgeschlossen. Ist schon wieder etwas passiert?« Er vermutete einen neuen ungeklärten Todesfall und glaubte, Götze suche nach einem Kriminalbeamten, der den Fall schnellstmöglich übernehmen konnte.
»Nein, darum geht es nicht«, bemerkte Götze und sah zu Jessica. »Es geht um Ihren Fall, Frau Grothe. Ich habe mir erlaubt, die Unterlagen zum Mordfall Michelsbach aus Ihrem Büro holen zu lassen.« Er legte seine Hände behutsam auf den grünen Pappordner vor ihm auf seinem Schreibtisch. Dann griff er danach und reichte ihn an Florian Forster. »Ich habe beschlossen, dass Sie den Fall übernehmen, Herr Forster. Sie geben dafür Ihren eigenen Fall an Hauptkommissarin Grothe ab.«
»Ach ja?«, fuhr Jessica aufgebracht dazwischen. »Etwa, weil der Alphütten-Fall so gut wie abgeschlossen ist? Trauen Sie mir die Aufklärung eines Mordes nicht zu, Herr Götze? Vielleicht, weil Hauptkommissar Kern gerade nicht da ist? Ich protestiere aufs Schärfste gegen diese Entscheidung und bitte Sie, mir meinen Fall nicht wegzunehmen. Ich kann den auch problemlos alleine aufklären.«
»Tut mir außerordentlich leid, Frau Grothe, aber meine Entscheidung steht fest. Sie bekommen den Fall von Forster und er Ihren.« Götze stand auf und lief um seinen Schreibtisch herum. »Die Akte zu Ihrem Fall ist übrigens ganz ausgezeichnet angelegt. Ordentlich, sehr ausführlich und trotzdem übersichtlich und gut strukturiert. Daran sollten Sie sich mal ein Beispiel nehmen, Forster.« Götze lachte etwas zu laut. Weil niemand in sein Lachen einstimmte, verstummte er verlegen, ging zur Tür und öffnete sie. »Nun aber schnell wieder an die Arbeit. Morde klären sich nicht von allein auf.«
»Hast du eine Ahnung, was das soll?« Florian stieg neben Jessica die Stufen zum ersten Stock des Polizeipräsidiums hinauf und hatte Mühe, mit seiner Freundin Schritt zu halten. »Eine Erklärung wäre schön gewesen, findest du nicht?«
»So?« Jessica blieb stehen und fuhr zu ihm herum. »Es hat dich gerade nicht interessiert, warum Götze die Entscheidung getroffen hat. Also brauchst du jetzt auch nicht so zu tun.«
Florian Forster hob beschwichtigend beide Hände und trat vorsorglich einen Schritt zurück. Dass er in der einen Hand den grünen Ordner hielt, den Götze ihm gegeben hatte, war in dieser Situation nicht sehr hilfreich. Jessica starrte den Pappordner mit finsterem Gesicht an, und er zuckte bedauernd mit den Schultern. »Wieso bist du auf mich sauer?«, fragte er leicht verärgert. »Ich habe nichts getan.«
»Genau das ist das Problem. Du tust nie etwas!«, fauchte sie ihn an, drehte sich auf dem Absatz um und stieg weiter die Treppe hinauf.
Florian lachte abfällig. »Hätte ich etwa auch ›aufs Schärfste protestieren‹ sollen?«, äffte er sie nach. Dann seufzte er. »Entschuldige bitte. Das war unpassend.«
Jessica blieb stehen, drehte sich aber nicht zu ihm um. »Schick mir später bitte Berthold mit den Unterlagen zum Alphütten-Mord in mein Büro. Dann kann ich mich in meinen neuen Fall einarbeiten. Falls das überhaupt noch nötig ist«, sagte sie und ließ Florian stehen.
7
Der Himmel verfinsterte sich zusehends. Die Luft war feucht, schwer und drückend heiß. Die Gipfel der Allgäuer Alpen umhüllte eine schwarze Schicht aus turmhohen Gewitterwolken.
Es dauerte nicht mehr lange, bis das Unwetter das Tal erreichen würde, doch noch war es windstill und unerträglich schwül.
»Guten Tag, Kripo Kempten, Hauptkommissarin Grothe«, stellte sich Jessica vor, als die kunstvoll mit kleinen bunten Glasscheiben verzierte Tür sich nach mehrmaligem Klingeln endlich öffnete und eine Frau in einer karierten Schürze ihr gegenüberstand. Jessica hielt der Frau ihren Dienstausweis entgegen. »Frau Rothausen?«
Diese nickte zögernd. Jessica schob ihren Dienstausweis zurück in die Hosentasche und bat darum, eintreten zu dürfen.
»Natürlich. Bitte kommen Sie herein. Was ist denn passiert?« Gertrud Rothausen führte Jessica in die gemütliche Wohnküche. Am großen Esstisch saßen zehn Personen und aßen zu Mittag. Es duftete nach frischem Kartoffelsalat und Würstchen. »Das ist Hauptkommissarin Grothe von der Kemptener Polizei«, stellte sie Jessica vor und zeigte auf den ältesten der Männer am Tisch. »Das ist mein Mann Karl.«
Karl Rothausen sah Jessica missmutig an, legte seine Gabel sorgsam auf dem Tellerrand ab und erhob sich grummelnd. Anstatt die Hauptkommissarin zu begrüßen, blickte er sich langsam in der Runde um. »Wer von euch depperten Trotteln hat die Polizei gerufen? Der kleine Brand in der Scheune ist zwar ärgerlich, aber mit Sicherheit kein Fall für die Kripo. Das klären wir hier schon selbst, werte Frau Kommissarin. Danke, aber Sie können gleich wieder gehen. Dann sind Sie noch vor dem Unwetter zurück in der Stadt.«
»Es hat gebrannt bei Ihnen?«, fragte Jessica verwundert. Sie machte keine Anstalten, die Küche zu verlassen. »War es Brandstiftung?«
Karl Rothausen sank seufzend auf seinen Stuhl zurück und verdrehte genervt die Augen. »Wenn Sie nicht wegen des Feuers hier sind, was wollen Sie dann? Ist eine unserer Kühe stiften gegangen und hat Nachbars Garten verwüstet?«
Einer der jungen Männer am Tisch lachte, verstummte jedoch augenblicklich, als Karl Rothausen streng zu ihm hinübersah.
»Ich habe von dem Älpler Georg Bruchstein erfahren, dass ein Großteil der Rinder auf seiner Alpe von Ihrem Hof stammt. Ist das richtig?«, wollte Jessica wissen.
Karl Rothausen erbleichte und fragte erschrocken: »Ist etwas mit Henriette?«
»Wer ist Henriette?« Jessica sah ihn verwirrt an. »Es geht um den Toten, den wir vor einer Woche auf der Alpe gefunden haben. Wird denn eine Henriette vermisst?« Sie dachte angestrengt nach. In den Unterlagen von Florian war ihr dieser Name nicht untergekommen. Doch Florian war häufig nicht besonders gründlich und ließ für ihn unwichtige Details in seinen Berichten oft einfach weg. Vielleicht hieß die Frau des Älplers Henriette?
Der Gesichtsausdruck des Hausherrn wechselte von Erschrecken in absolutes Entsetzen. »Sie haben einen Toten auf der Alpe gefunden?«, brachte er heiser heraus und sah zu seiner Frau Gertrud hinüber, die beide Hände vor ihren Mund schlug und die Hauptkommissarin angstvoll anstarrte.
»Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie wüssten davon. So etwas