Tod zum Viehscheid. Mia C. Brunner
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Читать онлайн книгу Tod zum Viehscheid - Mia C. Brunner страница 11
»Nein. Ich bin hier angestellt. Maximilian«, stellte er sich vor und reichte der Hauptkommissarin die Hand. »Sind Sie wegen Viktor hier? Michael hat mir erzählt, dass er tot ist.«
»Richtig. Kannten Sie Viktor Weixler gut? Wissen Sie, ob er Feinde hatte?« Jessica rückte auf der Bank etwas zur Seite und lud den jungen Mann ein, sich neben sie zu setzen.
Der blieb lieber stehen. »Er hat hier als Hofhelfer gearbeitet. Genau wie ich. Er war ein netter Kerl. Ich glaube nicht, dass ihn irgendwer nicht mochte«, berichtete er unsicher, schaute zum Horizont in Richtung Allgäuer Alpen und hustete verlegen. »Darf ich gehen? Ich muss noch den Stall ausmisten, bevor Johanna und Michael zurückkommen. Es ist viel Arbeit auf dem Hof, seit Viktor weg ist.«
»Klar«, sagte Jessica. »Ich will Sie nicht von der Arbeit abhalten. Aber eins hätte ich gern noch gewusst.«
Maximilian sah sie an und wartete höflich.
»Ihre Verletzungen stammen von einer Schlägerei, oder?«, fragte sie rundheraus. »Haben Sie sich vielleicht mit Viktor Weixler geprügelt?«
Jessica sah, wie Maximilians Hand zu zittern begann. Erst jetzt bemerkte sie die Verletzungen an seinen Fingerknöcheln. Seine Hände waren aufgeschürft und wund.
Er wollte gerade etwas sagen, als ein Mädchen neben ihn trat und nach seinem Arm griff. »So ein Quatsch. Der Maxi tut keiner Fliege etwas zuleide.« Sie war das genaue Gegenteil von Maximilian und hatte es mit ihrem Aussehen sicher nicht leicht. Ihre Zähne waren schief, ihre Nase zu groß und ihre Augen standen viel zu weit auseinander. Sie hatte mattes, strähniges Haar und extrem dürre und lange Gliedmaßen. Sie war etwas größer als Maximilian, doch ein paar Jahre jünger. Ihr Gesicht glänzte fettig und war blass. »Der Maxi ist ein ganz Lieber.«
»Und wer bist du?«, fragte Jessica das Mädchen, das nun heftig an Maximilians Arm zog. »Bist du auch eine Hofhelferin?«
»Ich bin die Wilma. Wilhelma Mühlbrunner. Ich bin Maximilians Freundin. Wenn ich endlich 18 bin, werden wir heiraten«, verkündete sie stolz.
Maximilian sah erst zu Wilma, dann schaute er die Hauptkommissarin lange an. »Sie hat recht«, sagte er schließlich, drehte sich auf dem Absatz um, lief mit weit ausholenden Schritten Richtung Stall und ließ die beiden Frauen stehen.
Plötzlich packte jemand von hinten Jessicas Oberarm.
»Was machen Sie hier?«, brüllte eine tiefe Stimme direkt hinter ihr.
Geistesgegenwärtig riss Jessica sich los und fuhr herum.
»Hallo, Opa«, hörte sie Wilma Mühlbrunners fröhlichen Singsang. »Das ist Hauptkommissarin Grothe. Sie wartet auf Mama und Papa.« Ohne die Hauptkommissarin anzusehen, ging das Mädchen auf ihren Großvater zu und stellte sich direkt neben ihn.
»Herr Mühlbrunner«, sprach Jessica Grothe den Senior an. »Vielleicht können auch Sie mir weiterhelfen. Können Sie mir sagen –«
»Ich kann Ihnen gar nichts sagen, werte Frau«, blaffte er sie an. »Außerdem ist mein Name Behrbihler. Donatus Behrbihler. Und jetzt verschwinden Sie von meinem Hof.«
»Opa«, säuselte seine Enkelin beschwichtigend. »Du kannst eine Kriminalbeamtin nicht einfach fortschicken.« Dann wandte sie sich an die Hauptkommissarin. »Er ist der Papa meiner Mutter«, erklärte sie. »Und er ist manchmal etwas … verwirrt«, flüsterte sie in Jessicas Richtung, verdrehte die Augen, hob grüßend die Hand und schob ihren Großvater zur Haustür. »Komm, Opa. Zeit fürs Mittagessen.«
9
»Da stimmt etwas nicht.« Jessica stellte ihr Glas auf dem Wohnzimmertisch ab und ließ sich aufs Sofa fallen. »Die beiden passen überhaupt nicht zusammen. Es heißt zwar ›Wo die Liebe hinfällt‹, aber selbst wenn man vom Aussehen absieht – das Mädchen ist viel zu jung für ihn. Ich habe von Herrn Mühlbrunner erfahren, dass Maximilian 27 Jahre alt ist. Wilma ist erst 17.«
»Hast du ihn nach den Heiratsplänen seiner Tochter gefragt?«, wollte Florian wissen und legte die Füße auf den niedrigen Glastisch vor dem Fernsehsessel. Gleich darauf nahm er sie wieder herunter. Der drohende Blick seiner Freundin sagte alles, und er wollte sie gerade heute nicht zu sehr reizen. »Was sagt denn der zukünftige Brautvater dazu?«
»Na ja, so direkt habe ich nicht gefragt«, gab Jessica zu. »Ich wollte dem Mädchen keinen Ärger machen. Sie schwärmt vielleicht nur für den gut aussehenden Hofhelfer. Das wird sich geben, denke ich.«
»Aber dieser junge Mann hat die Hochzeitspläne bestätigt, sagtest du«, bemerkte Florian. »Meinst du, er will nur in einen reichen Hof einheiraten und nimmt dafür auch eine Liaison mit einem kleinen hässlichen Entlein in Kauf?«
»Das glaube ich nicht«, entschied Jessica nach kurzer Überlegung. »Finanziell steht der Hof seit Langem kurz vor der Insolvenz. Vor zwei Jahren ist der Betrieb auf Biolandwirtschaft umgestiegen. Herr Mühlbrunner sagte, spätestens nächstes Jahr müssen sie Gewinn einfahren, sonst sehe es schlecht aus.«
»Dann kann es das Geld nicht sein.« Florian lachte. »Vermutlich hat das Entlein andere Qualitäten, von denen wir nichts ahnen.« Er starrte eine Weile auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers, rieb sich den Nacken und wandte sich wieder an Jessica. »Dein Fall klingt jedenfalls wesentlich spannender als meiner. Wenn der junge Herr Lorenz nicht mein Täter ist, habe ich nichts mehr. Es gibt bisher absolut keinen verwertbaren Hinweis auf andere anwesende Personen im Haus der Michelsbachs. Ein paar fremde Fingerabdrücke zwar, aber die können wir nicht zuordnen. Die könnten auch von einem Nachbarn stammen, der zu Besuch war. Wenn Matteo Lorenz das Ehepaar nicht getötet hat, kann ich den Fall vermutlich nicht aufklären.«
»Beschwere dich beim Chef und nicht bei mir. Götze wollte, dass wir tauschen.«
Die gespielte Strenge in ihren Worten ließ Florian schmunzeln.
Jessica setzte sich auf die Armlehne des Sessels und legte ihre Beine über seine. »Ich hoffe nur, dass Henriette nicht der Grund für den Toten in der Felsspalte ist. Die Kuh wird von allen befragten Personen eindeutig zu häufig erwähnt!«
»Tja, du wirst schon herausfinden, ob die Kuh oder die Ente die Mörderin ist«, bemerkte Florian trocken und legte seine linke Hand auf ihren Oberschenkel. »Wenn ich dir als erfahrener Ermittler einen Tipp geben darf: Ich persönlich vermute, Henriette war es nicht! Bleibt nur noch die Ente.« Er imitierte einen Schnabel mit seiner rechten Hand. »Quak, quak!«
*
Hier im Keller der Gerichtsmedizin war es immer kalt. Das war im Winter unangenehm, doch jetzt bei den unerträglichen Außentemperaturen eine reine Wohltat, trotz des intensiven Geruchs nach diversen Chemikalien, die in der Nase brannten.
»Du kommst spät«, sagte Erwin Buchmann, ohne von seinem Bildschirm aufzusehen. Er tippte hektisch ein paar weitere Sätze auf seiner Tastatur. »Du wolltest schon vor einer Stunde hier sein.«
»Ich weiß. Tut mir leid«, sagte Jessica merklich betreten. »Aber das Essen mit Florian hat länger gedauert als vermutet. Er ist auf die glorreiche Idee gekommen, etwas außerhalb auf einer Wiese ein Picknick zu machen. Herrgott, und das mitten in der Woche und während der Arbeitszeit. Langsam wird er mir unheimlich«, sagte sie mehr zu sich selbst, starrte an dem Rechtsmediziner vorbei auf das Bild einer Allgäuer Kuh an der Wand hinter dem Schreibtisch und dachte angestrengt nach,