Partnerschaft und Sexualität. Monika Röder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Partnerschaft und Sexualität - Monika Röder страница 7

Partnerschaft und Sexualität - Monika Röder

Скачать книгу

»Haus der Partnerschaft« fassen wir die Erkenntnisse der Paarforschung über glückliche Partnerschaften zusammen (image Abb. 2.1). Die sechs Säulen stellen die beschriebene Haltung der Partner dar und die Ebenen des Daches den Umgang miteinander. Das Gebäude steht auf dem Fundament der psychischen Stabilität beider Partner. Denn Partnerschaften, in denen beide Partner psychisch stabil sind, haben gute Voraussetzungen (image Kap. 2.1).

      Der Schornstein des Hauses symbolisiert die angemessenen Erwartungen: Es hat sich als günstig für die Partnerschaftszufriedenheit herausgestellt, keine überzogenen Erwartungen an Liebe, Sexualität und Partnerschaft zu haben, sondern diese den jeweiligen Lebensumständen anpassen zu können. Der Paartherapeut Arnold Retzer bezeichnet diese Fähigkeit als »resignative Reife« (Retzer, 2009). Glückliche Paare verstehen Probleme und Krisen als unvermeidbare Bestandteile der Beziehung, an denen gearbeitet werden muss. »Die besten Karten haben jene, die dies nicht als lästige, störende Übung ansehen, sondern vielmehr als eine spannende Aufgabe, in der man die Chance hat, sich gegenseitig immer wieder neu kennenzulernen und weiterzuentwickeln« (Perrig-Chiello, 2017, S. 176).

Images

      3 Blick ins Schlafzimmer

      Wir haben uns in den vorangegangenen Kapiteln mit dem gesellschaftlichen Kontext befasst und danach sowohl auf verbreitete Partnerschaftsprobleme als auch auf glückliche Partnerschaften geschaut. Nun fokussieren wir uns auf das Sexualleben der beiden Partner: Wie leben sie ihre Sexualität oder auch nicht? Wie »ticken« Menschen sexuell? Was löst sexuelle Lust aus? Aber auch: Was sind die Stolpersteine für eine befriedigende sexuelle Begegnung?

      Der Blick ins Schlafzimmer mithilfe der Forschung ist nicht einfach. An Studien zur Sexualität nehmen eher jüngere, liberal eingestellte und sexuell erfahrene Menschen teil, die ihre Sexualität eher als unproblematisch erleben. Menschen mit größeren Problemen oder weniger sexuellen Erfahrungen vermeiden Studien oder Fragen zur Sexualität eher (Von Sydow & Seiferth, 2015). Daher können die folgenden Resultate zur sexuellen Zufriedenheit eine etwas zu positive Abbildung der Realität darstellen.

      3.1 Sexuelle (Un-)Zufriedenheit

      »Sex muss nicht unbedingt sein!«, hören wir in der Paartherapie von manchen Paaren, die wenig oder gar keinen Sex haben. Emotionale Intimität, das Gefühl von Verbundenheit und Freundschaft sind für sie die wichtigeren Stützen ihrer Beziehung. Bei einem Großteil der Paare, die in die Paartherapie kommen, ist allerdings mindestens einer unzufrieden mit dem gemeinsamen Sexualleben. Und auch bei einem Teil der Paare, die sich mit dem Statement »Sex muss nicht sein« vorstellt, wird bei näherem Nachfragen deutlich, dass es durchaus ein Bedauern darüber gibt, dass die Sexualität in der Partnerschaft eingeschlafen ist. Allerdings haben die betroffenen Paare bisher keinen Weg aus der Situation herausgefunden und sich daher (fast) damit abgefunden.

      Für viele Paare geht mit dem Verlust von Sexualität etwas Zentrales in ihrer Zweisamkeit oder auch Hilfreiches zur Festigung der Beziehung verloren: »Ohne die unterstützende und ermutigende Wirkung dieser Urform der Verschmelzung und Nähe (die mit Berührung, Vergnügen und Entspannung einhergeht), fehlt der positive emotionale Puffer zum Abfangen der Stöße, die in jeder Beziehung vorkommen…« (Greenberg & Goldman, 2010, S. 423). Nach Kernberg hat die sexuelle Leidenschaft das Potenzial, das ganze Leben hindurch Liebesbeziehungen zu energetisieren, zu festigen und zu erneuern (1998).

      Aber es gibt auch Paare, die trotz seltener werdendem Sex nicht unzufrieden mit ihrer Sexualität sind (Bucher, Hornung & Buddeberg, 2003). Geborgenheit und Nähe durch Kuscheln und Berühren sind diesen Paaren wichtiger als Geschlechtsverkehr.

      Die Bedeutung von Sexualität und die sexuelle Zufriedenheit sind Themen, die in Paarberatungen mit dem jeweiligen Paar bzw. den beiden Einzelpersonen reflektiert werden sollten. Eine grundsätzliche »Pro-Sex«-Position, die in vielen Publikationen zur Sexualität in Paarbeziehungen vertreten wird (Von Sydow & Seiferth, 2015), wird der Vielfalt der Paare nicht gerecht.

      Aber was ist eigentlich »sexuelle Zufriedenheit«? Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Clement schlägt vor, sexuelle Zufriedenheit als Abwesenheit der Ambivalenz zwischen Selbstbild und gelebter Realität zu definieren (2016). Positiv ausgedrückt geht es also um die Passung von Selbstbild und gelebter Sexualität. Es kann auch stimmig sein, keinen oder seltenen Sex zu haben. Jede Person entscheidet selbst, welche Handlungen zu ihr passen und wie das eigene sexuelle Handeln erlebt wird.

      Sexuell zufrieden zu sein führt sowohl zu weniger Stresserleben, Angst und Depression als auch zu höherer Lebenszufriedenheit (Borgmann et al., 2019). Viele Studien bestätigen, dass sexuelle Zufriedenheit und Partnerschaftszufriedenheit stark zusammenhängen (Schönbucher, 2017; Von Sydow & Seiferth, 2015). Wird die sexuelle Beziehung positiv bewertet, ist ihr Einfluss auf die allgemeine Partnerschaftszufriedenheit klein. Wendet sich aber das Blatt und der Sex wird zum Problem, stellt die sexuelle Unzufriedenheit ein großes Problem für die Partnerschaftszufriedenheit dar. Sexuelle Probleme erhalten dabei oftmals ein übergroßes Gewicht und verdrängen positive Gefühle (Mc Carthy & Mc Carthy, 2013).

      Konflikte über die Häufigkeit von Sex gehören zu den verbreitetsten Problemen in Partnerschaften. Vor allem Männer wünschen sich mehr Geschlechtsverkehr mit ihren Partnerinnen. Insbesondere Männer über 40 sind mit der Sexualität in ihrer Partnerschaft unzufrieden; für viele Männer ist seltener oder unbefriedigender Sex ein Trennungsgrund (Margelisch & Perrig-Chiello, 2016). Nicht selten entstehen bezüglich der Häufigkeit von Sex stark polarisierte Positionen – einer will immer, der andere nie – die bei manchen Paaren regelrecht zu Flucht und Verfolgungskämpfen führen. Dieser erbitterte Konflikt hat das Potenzial, die gesamte Paarbeziehung zu vergiften (Dym & Glenn, 1997).

      Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf das sexuelle Begehren ist die Beziehungsdauer. Zu Beginn einer Beziehung befindet sich das Paar in einer Flow-Phase, in der alles aufregend ist. Das elektrisierende Gefühl jeder Berührung und jedes Gedankens an den anderen ist hormonell gepusht. Damit ist die Beziehungsdauer ein wichtiger Einflussfaktor für die Häufigkeit sexueller Begegnungen. Laut Brähler und Berberich haben Paare bei einer Beziehungsdauer von 3 bis 5 Jahren unabhängig vom Alter gleich häufig Geschlechtsverkehr; und bei einer Beziehungsdauer von 21 bis 30 Jahren haben 45-Jährige nicht häufiger Sex als 60-Jährige (2008).

      Ebenso ist der sexuelle Genuss anfangs höher. In neueren Partnerschaften genießen Männer und Frauen laut Befragungen den Sex gleichermaßen (Hatfield et al.,1988). Auch dieses Phänomen ist unabhängig vom Alter der Partner.

      In längeren Beziehungen nimmt dagegen sowohl der Genuss als auch die Lust auf Sex ab (Schmidt, 1998). In den Partnerschaften reduziert sich also die Häufigkeit in den ersten sechs Jahren. Danach pendeln sich die sexuellen Begegnungen auf einem bestimmten Niveau ein (Schmidt, Matthiesen & Meyerhof, 2004).

      In Studien zeigt sich eine breite Streuung der Häufigkeit sexueller Begegnungen. In der Berner Studie gab ein knappes Drittel der Männer und Frauen mit durchschnittlich 7-jähriger Beziehungsdauer an, drei- bis viermal monatlich Geschlechtsverkehr zu haben. Ein weiteres Drittel verkehrte mehrmals pro Woche miteinander. 8 % schlafen seltener als einmal im Monat zusammen und 3 % nahezu täglich (Borgmann et al., 2019). Hier muss allerdings ebenfalls die oben angesprochene größere sexuelle Aufgeschlossenheit von Studienteilnehmern

Скачать книгу