Wo heute predigen?. Группа авторов

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ein mehr oder weniger persönliches Glaubenszeugnis gibt und so zu predigen beginnt. Das impliziert die missionstheologisch fragwürdige Haltung „ich habe die Frohe Botschaft, die Wahrheit, den besseren Glauben und bringe diese den noch nicht Gläubigen“. In der Tradition der Volks- und Gemeindemission gingen die Missionare einen anderen Weg. Sie begannen ihre Verkündigung mitten in der Gemeinde.

      Die kirchlichen Dokumente der letzten Jahre heben drei Zielrichtungen der Mission hervor. Evangelii Gaudium nennt als Erstes die „gewöhnliche Seelsorge“, „an zweiter Stelle erwähnen wir den Bereich der ‚Getauften, die jedoch in ihrer Lebensweise den Ansprüchen der Taufe nicht gerecht werden‘“, und schließlich die „Verkündigung des Evangeliums an diejenigen, die Jesus Christus nicht kennen oder ihn immer abgelehnt haben“ (EG 14). Die Enzyklika Evangelii Nuntiandi des Papstes Paul VI. spricht von Evangelisierung bzw. Neuevangelisierung und meint damit, dass wir uns auf allen Ebenen – persönlich, als Gemeinde, als Kirche – neu dem Angebot und Anspruch des Evangeliums stellen und uns vom Evangelium umgestalten lassen, ein jeder persönlich, aber auch bis in alle Bereiche unserer Lebenskultur hinein (vgl. EN 20).

      Meiner Erfahrung nach ist eine solche Evangelisierung nicht ohne die Einbettung in irgendeine Form von Gemeinde möglich. Es braucht einen Raum, in dem das Evangelium fruchtbar werden und wachsen kann. Schwierig ist dies natürlich in einer Zeit, in der das ganze Beziehungsgefüge im Umbruch ist, in der Strukturreformen notwendig sind, in der sich Beziehungsgeflechte dank höherer Mobilität und neuer Kommunikationstechniken geändert haben und immer weiter verändern. Predigt als Auslegung der Frohen Botschaft, als Miteinander-Teilen des Wortes Gottes setzt Gemeinschaft voraus, ereignet sich in Gemeinden. Missionspredigt ist eine Inszenierung des Wortes Gottes im Raum der Gemeinde. In ihr findet das Wort Gottes einen Echoraum und kann es Wellen schlagen.

      2.5. Über Gemeindegrenzen hinaus

      Auch wenn die Missionspredigt auf Gemeinde angewiesen ist, möchte sie über die Grenzen der Gemeinde hinaus wirken. Mit dem Missionsauftrag Christi sind alle Menschen gemeint. Die Glaubensund Gemeindemission hatte immer auch zum Ziel, Menschen über die Gemeindegrenzen hinaus zu erreichen. Dazu wurden vielen Versuche unternommen: Hausbesuche, Zielgruppenangebote, Diskussionsveranstaltungen im öffentlichen Raum usw. Dabei erlebte sie, dass Strategien, wie sie in anderen gesellschaftlichen Bereichen erfolgreich angewendet werden (wie z.B. in der Werbung, in der Wirtschaft oder in der Politik) in jenen Zusammenhängen, in denen es um Glaubensfragen geht, nicht in gleicher Weise funktionieren. Im Bereich des Glaubens braucht es persönlichen Kontakt.

      Um Menschen, die nur wenig am Gemeindeleben teilnahmen, ansprechen zu können, suchte die Gemeindemission in den jeweiligen Gemeinden Personen, die sich in das missionarische Bemühen einbeziehen ließen und den Kontakt zu den anderen herstellten. Sie wurden gebeten, im privaten oder im halböffentlichen Rahmen Freunde, Arbeits- oder Vereinskolleg_innen zu Gesprächen „über Gott und die Welt“ einzuladen, an denen dann ein Missionar von auswärts teilnahm. Dabei hat sich bewährt, ein Thema vorzuschlagen, das einerseits die Eingeladenen anspricht, andererseits aber auch Gespräche über Glaubensfragen zulässt. Meistens begannen solche Gespräche bei tagesaktuellen oder gruppenspezifischen Themen, gingen dann weiter zu den jeweiligen „heißen Eisen“ der gesellschaftlichen und kirchenpolitischen Diskussion und boten meist auch Gelegenheit, die damit verbundene persönliche Glaubensebene anzusprechen. Auf diesem Weg gelang es mitunter, mit Milieus ins Gespräch zu kommen, die sich von kirchlichen Angeboten nur selten eingeladen fühlten. Das Besondere an diesem Vorgehen bestand darin, dass ein Gruppeninsider einen Gesprächsraum herstellte, in den eine Person von auswärts Impulse einbringen konnte, die sonst nicht zur Sprache kamen. Nicht selten wurde bei solchen Begegnungen ein Grundvertrauen aufgebaut, auf das persönliche Einzelgespräche folgen konnten.

      2.6. Zeugen des Glaubens

      Eine wichtiges weiteres Merkmal der Missionspredigt ist das damit verbundene Glaubenszeugnis. Es ist kaum möglich, über existenzielle Fragen zu reden, ohne sich dabei selbst in der eigenen Glaubenshaltung und Überzeugung einzubringen.

      Dabei sind meines Erachtens zwei Ebenen zu unterscheiden. Jede/r Sprecher_in zeigt beim Reden von seiner/ihrer eigenen Person mehr, als ihm/ihr zunächst selbst bewusst ist. Neben Sachkompetenz ist Authentizität ein wesentlicher Teil jeder Glaubwürdigkeit. Dies gilt in besonderer Weise für die Predigt. Jeder Prediger, jede Predigerin, gibt immer auch ein Glaubenszeugnis. In der sonntäglichen Predigt und bei Ansprachen zu verschiedenen Anlässen der Gemeinde muss der Prediger/die Predigerin damit jedoch sehr behutsam umgehen, denn aus dem eigenen Leben zu erzählen kann leicht ins Peinliche abgleiten. Und die Echtheit der Verkündigung wird im Alltag der Gemeinde laufend überprüft.

      Diese Grenze verläuft meiner Beobachtung nach in außerordentlichen Predigtsituationen anders als in der normalen Gemeindepredigt. Im Zusammenhang grundlegender Glaubensthemen sind die Hörerinnen und Hörer daran interessiert, was der Prediger, die Predigerin ganz persönlich glaubt und wovon diese überzeugt sind. In dialogischen Gesprächssituationen wird sie oder er nicht selten ausdrücklich danach gefragt. Jedoch auch in der monologischen Form der Missionspredigt werden Inhalte erwartet, aus denen der persönliche Glaube des Predigers erschlossen werden kann. Die Grenzen des guten Geschmacks verlaufen in dieser außerordentlichen Situation zwar anders, sind aber auch hier zu beachten.

      Noch eine letzte Beobachtung: Nicht unwesentlich für das Glaubenszeugnis war das Miteinander des jeweiligen Missionsteams. Nach außen hin sollten sie sich ergänzen, um möglichst viele Menschen anzusprechen, miteinander sollten sie modellhaft Gemeinschaft vorleben.

      3. Ausblick

      Zusammenfassend kann die Tradition der Volks- und Glaubensmission als ein „Verkündigungsformat“ gelesen werden, das es verstand, unterschiedliche Ebenen und Aspekte der Glaubensverkündigung zusammenzufassen und miteinander zu verbinden; vergleichbar mit „Sendeformaten“, wie wir sie vom Hörfunk oder Fernsehen her kennen. Solche Formate müssen immer neu gefunden und entwickelt werden. Volks-, Gemeinde- oder Glaubensmissionen, wie sie noch im 20. Jahrhundert im deutschen Sprachraum gehalten wurden, „funktionieren“ heute nicht mehr. Die Rahmenbedingungen dieses Seelsorgeformats sind vielfach nicht mehr gegeben. Die Missionspredigt enthält Erfahrungen, die auch für künftige pastorale Projekte bedenkenswert sind. Es lohnt sich meines Erachtens darüber nachzudenken, wie diese für missionarische Initiativen in unserer Zeit genutzt werden könnten.

      Gegenwärtig wird oft von der Notwendigkeit einer Neumission geredet. „Europa ist wieder Missionsland geworden“, heißt es da und dort.8 „Mission first!“ gab Kardinal Christoph Schönborn als Motto mit auf den Weg für den Diözesanen Entwicklungsprozess der Erzdiözese Wien.9 Wenn wir jedoch Mission als fortgesetzte Evangelisierung verstehen und begreifen, dass jede Person und jede Generation in jeder Epoche das Evangelium für sich neu entdecken muss, und dass jede/r Getaufte sich ein Leben lang bemühen muss, „Christus anzuziehen“, (vgl. Gal 3,27 und Eph 4,22 ff), sollten wir eher sagen: Europa ist Missionsland geblieben und hat sich in den verschiedenen Epochen dieser Aufgabe auf vielfältige Weise immer wieder neu gestellt. Nun steht eine neue Phase der Evangelisierung Europas an, in der es gilt, den neuen Entwicklungen in unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen. Es genügt nicht, alten Wein in neue Schläuche zu füllen, wie dies mitunter versucht wird.

      3.1. Existenzielles Betroffensein und Verkündigung

      Kirchliche Seelsorge hat in den letzten Jahrzehnten auf die veränderten Lebenssituationen der Menschen auf vielfache Weise reagiert und die seelsorglichen Angebote in Lebensbereichen, in denen existenzielle Lebenskrisen erlebt werden, wie z.B. in Krankenhäusern, im Pflegebereich, in Gefängnissen usw., ausgebaut und vor allem qualitativ verbessert. Auch auf Gemeindeebene gibt es viele neue Initiativen wie Besuchsdienste, qualifizierte Begleitung von Sterbenden und Trauernden… Haupt- und ehrenamtliche Kräfte engagieren sich in der Notfallseelsorge und der Krisenintervention.

      Die Erfahrungen der traditionellen Missionsbemühungen

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