Vermögensrecht der katholischen Kirche. Matthias Pulte

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Vermögensrecht der katholischen Kirche - Matthias Pulte страница 4

Vermögensrecht der katholischen Kirche - Matthias Pulte Mainzer Beiträge zum Kirchen- und Religionsrecht

Скачать книгу

Ver- mögensrechte, die kirchlichen Rechtsträgern gehören. Dabei kommt es entscheidend auf das Rechtsverhältnis der Sache zu einem kirchlichen Vermögensträger, nicht jedoch die ursprüngliche oder gegenwärtige Zweckbestimmung derselben, an. Das gilt sowohl hinsichtlich des Eigentums als auch des tatsächlichen Besitzes, mindestens aber der rechtlichen Herrschaftsmacht an der vermögenswerten Sache. Daher ist mit Blick auf den betreffenden Vermögensgegenstand zu unterscheiden zwischen dinglichen Rechten (ius in re), als das Eigentum und den Besitz der Sache selbst und Forderungsrechten (ius ad rem), also dem rechtlichen Anspruch an einen Dritten, eine vermögenswerte Leitung zu erbringen. Ein dingliches Recht ist z. B. das Eigentum an einer Kirche oder einer anderen Immobilie, oder aber auch an Geldvermögen. Forderungsrechte sind z. B. Mieten, Pachten, Zinsen und Erträge aus Verträgen, die Rechtspersonen mit einer kirchlichen Rechtsperson eingegangen sind. Bei beiden Vermögensformen kommt es nicht auf die Zweckbestimmung des Gegenstandes an, sondern auf das Recht daran, welches die kirchliche Rechtsperson hat. Der kirchliche Zweck an nicht originär kirchlichen Vermögensstücken besteht darin, dass diese der Bestandssicherung oder Erweiterung des kirchlichen Vermögens dienen und in zweiter Linie so einem der genannten kirchlichen Zwecke zufließen können.

      Als kirchliche Rechtspersonen sind in den c. 1257 für die lateinische Kirche sowohl öffentliche (§ 1) als auch private (§ 2) juristische Personen gemeint. Demgegenüber kennt das katholischen Ostkirchenrecht in can. 1009 § 1 CCEO ausschließlich die öffentlichen juristischen Personen. Gem. c. 115 § 1 bezeichnen juristische Personen in der Kirche entweder Personen- oder Sachgesamtheiten, die gem. c. 116 § 1 dann als öffentliche juristische Personen qualifiziert werden, wenn sie rechtsförmlich von der zuständigen kirchlichen Autorität errichtet worden sind. Freilich werden auch die privaten juristischen Personen von der zuständigen kirchlichen Autorität errichtet. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die öffentlichen juristischen Personen namens der Kirche handeln, während die privaten ausschließlich nach Maßgabe ihrer Satzungen ohne Autoritätsanspruch aktiv werden.

       Definitionen:

      Kirchgut bezeichnet die Gesamtheit der Güter, die eine kirchliche Zweckbestimmung haben. Es muss sich aber nicht um einen unmittelbar kirchlichen Zweck handeln.

      Kirchenvermögen umfasst die Summe der Vermögenstücke und der geldwerten Rechte, die im Eigentum öffentlicher kirchlicher Rechtssubjekte stehen. Hier wird näher zwischen dinglichen Rechten an der Sache und Forderungsrechten aus Vertrag oder Herkommen unterschieden.

      Die universalen kirchlichen Bestimmungen über das Vermögensrecht finden sich im Wesentlichen in Buch V (Kirchenvermögen cc. 1254-1310), in Buch II (Volk Gottes cc. 492-502) und mit gewissen Einschränkungen in Buch IV Teil III (Heilige Orte und Zeiten, cc. 1205-1243) des CIC. Parallele Bestimmungen enthält auch das Recht für die katholischen Ostkirchen im Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, das in den hiesigen Breiten dort Anwendung findet, wo eine eigene ostkirchliche Kirchenstruktur und Hierarchie z. B. als Exarchat errichtet ist. Die Gliederung des CCEO unterscheidet sich systematisch von der des CIC. Der CCEO kennt keine Unterteilung in Bücher, sondern gliedert sich in 30 Tituli. Das Vermögensrecht in seinem Kernbestand (tit. XXIII, cc. 1007-1054) ist hier mit ebenfalls 56 Canones in den Kontext des kirchlichen Personenwesens und der Rechtshandlungen eingeordnet. Allein schon aus der Übereinstimmung der Zahl der Vorschriften kann man ableiten, dass es eine große inhaltliche Übereinstimmung in den beiden Regelungswerken gibt, soweit die Unterschiede in den Verfassungsstrukturen von West- und Ostkirche nicht unterschiedliche Gesetzgebungen erfordern.4 Auf das orientalische Kirchenrecht wird in diesem Buch nur insoweit eingegangen, als sich substantielle Änderungen gegenüber dem lateinischen Kirchenrecht ergeben.

      Das Vermögensrecht der katholischen Kirche hat eine jahrhundertelange Tradition als ein weitestgehend autonomes Rechtsgebiet. Mit der Erhebung des katholischen Glaubens zur Staatsreligion im Imperium Romanum hat es der Staat der wachsenden Kirche überlassen, ihr eigenes Recht weitgehend ohne staatliche Eingriffe oder Überwachung auszubauen. Dabei ist es auch bis in die Neuzeit geblieben, insbesondere überall dort, wo Staat und Kirche eng miteinander verflochten waren. In Deutschland galt das insbesondere für die geistlichen Fürstentümer unter den die drei geistlichen Kurfürstentümer Köln, Mainz und Trier reichsrechtlich eine ganz besondere Rolle eingenommen haben. Die modernen Staaten haben in Ablösung der alten Ordnungen mehr oder weniger erfolgreich auf die kirchliche Vermögensverwaltung und das dem zugrunde liegende Recht Einfluss genommen, sich seiner aber nie vollständig bemächtigen können. Letztlich haben die meisten Staaten zumindest eine relative Autonomie der Kirche anerkannt, wie dies z. B. in Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG zum Ausdruck kommt. Hier ist insbesondere die Klausel: „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ zu beachten, welche der kirchlichen Autonomie ebenso ihre Grenzen setzt, wie traditionell erhalten gebliebenes Staatskirchenrecht, das nicht unbedingt dem Staat und seinen Institutionen, wohl aber den Gläubigen, die zugleich Staatsbürger sind, Mitspracherechte bei der Verwaltung kirchlichen Vermögens einräumt. So hat es z. B. das preußische Kirchenvermögensverwaltungsgesetz von 1924 geregelt.5 Das kirchliche Vermögen und seine autonome Verwaltung erfahren in der Bundesrepublik Deutschland einen umfassenden verfassungsrechtlichen Schutz durch die Artt. 137 Abs. 5 u. 6, 138 Abs. 2 WRV i. V. m. Art. 140 GG. In Art. 138 Abs. 2 WRV wird die sog. Kirchgutsgarantie formuliert. Der Staat gewährleistet hier in umfassender Weise das Eigentumsund Vermögensrecht der Religionsgemeinschaften und schützt es, nach den historischen Erfahrungen des frühen 19. und 20. Jahrhunderts mit der ganzen Kraft der Verfassung gegen entschädigungslose Enteignungen.6 Da die Kirche in Deutschland als eine sog. altkorporierte Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S. d. Art. 137 Abs. 5 WRV i. V. m. Art. 140 GG anerkannt ist, gesteht ihr der Staat Selbstverwaltungsrechte zu, wie sie ansonsten nur staatlichen Einrichtungen zukommen. Dieser Rechtsstatus ermöglicht der Kirche eine privilegierte Teilnahme am weltlichen Rechtsverkehr. Das bedeutet, dass der Staat seinerseits anerkennt, dass die Kirche eine eigene Rechtssetzungsbefugnis in ihren eigenen Angelegenheiten hat und dass, vice versa, die Kirche anerkennt, dass ihre Rechtsordnung dort wo sie am weltlichen Rechtsverkehr teilnimmt, zumindest mit dem weltlichen Recht kompatibel sein, wenn nicht sogar übereinstimmen muss. Bisweilen wird auch das weltliche Recht in das kirchliche integriert, wie z. B. hinsichtlich der Regelungen über das Vertragsrecht in c. 1290. Auf diese Themen wird noch zurückzukommen sein.

      Das kooperative Verhältnis von Staat und Kirche hat in Deutschland eine feste Tradition. Daher treten neben die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften auch solche aus den Verträgen zwischen Staat und Kirche, die auf der Ebene des völkerrechtlichen Vertragsrechts auch vermögensrechtliche Sachverhalte tangieren. An erster Stelle ist auf das Reichskonkordat (RK) von 1933 hinzuweisen. Art. 8 RK befreit das Amtseinkommen der Geistlichen in gleicher Weise, wie das der Beamten von der Zwangsvollstreckung. Art. 13 RK garantiert allen kirchlichen Rechtsträgern die Rechtsfähigkeit und damit ihre Teilnahme am Rechtsverkehr nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts. Art. 17 RK gewährleistet umfassend das Eigentum und Vermögen katholischer Institutionen, insbesondere sakraler Bauten. Art. 18 RK regelt grundlegend die Frage der Ablösung von Staatsleistungen in freundschaftlichem Einvernehmen von Staat und Kirche. Den vielen Länderkonkordaten, die weitgehend den drei aus der Weimarer Zeit überkommenen nachgebildet sind, befassen sich in vermögensrechtlicher Hinsicht mit den Staatsdotationen und weiteren vermögensrechtlichen Verpflichtungen, die entweder auf historischen Verpflichtungen beruhen oder neu vereinbart worden sind.7 Grundsätzlich ist gem. c. 3 festzuhalten, dass dem Staatskirchenvertragsrecht ein normativer Vorrang vor dem rein kanonischen Recht zukommt. Diese kirchenrechtliche Grundregel dient vor allem auch dem Grundsatz der Vertragstreue auf völkerrechtlicher Ebene.

      In den meisten deutschen Bistümern ist das ortskirchliche Vermögensrecht durch kirchliche Vermögensverwaltungsgesetze geregelt, die in den jeweiligen kirchlichen Amtsblättern veröffentlicht wurden und dort auch gelegentliche Aktualisierungen erfahren.8 Um eine weitgehende Rechtseinheit in den deutschen Diözesen zu erreichen, haben sich vor allem

Скачать книгу