Lean Administration. Ingo Laqua
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Veränderte Strukturen: Extrem wichtig und häufig unterschätzt
Eine Veränderung von Strukturen ist in nahezu allen Unternehmen notwendig, um schlanke Prozesse in der Verwaltung nachhaltig zu verankern. Diese Strukturen lassen sich grob in zwei unterschiedliche Aspekte unterteilen: Einerseits müssen die aufbauorganisatorischen Rahmenbedingungen für prozessorientiertes Handeln gegeben sein. Stark ausgeprägte, funktionale Strukturen werden keinen Beitrag dazu leisten, einen administrativen Prozess zum Fließen zu bringen und Durchlaufzeiten zu reduzieren. Prozessorientierte Strukturen müssen sich deshalb im Organigramm wiederfinden, beispielsweise durch die Bildung von Auftragszentren oder einer Projektorganisation.
Andererseits geht es bei der Veränderung von Strukturen um die Reduzierung von Komplexität. Diese entsteht durch die Produkte der Administration und durch Aufwandstreiber. Erstere sind die Ergebnisse, die durch eine Abteilung erzeugt werden und die vom nachgelagerten Prozessschritt für die weitere Bearbeitung benötigt werden. Produkte der Administration können sowohl für externe Kunden (Auftragsbestätigungen, Rechnungen etc.) als auch für interne (Zeichnungen, Arbeitspläne etc.) erzeugt werden.
Aufwandstreiber verursachen ebenfalls einen zeitlichen Aufwand, der aber nicht der unmittelbaren Wertschöpfung, also der Erstellung eines administrativen Produktes, zuzurechnen ist. Hierzu gehören beispielsweise die Aktivitäten im Rahmen des Lieferantenmanagements, bei der die Anzahl der Lieferanten Aufwandstreiber ist, oder Abteilungsbesprechungen. Administrative Produkte sind deshalb grundsätzlich Aufwandstreiber, umgekehrt gilt dies nicht. In diesem Zusammenhang geht es bei der Reduzierung von Komplexität also darum, die Anzahl der Aufwandstreiber soweit wie möglich zu reduzieren. Dies gelingt, indem man sich von nicht notwendigen Aufwandstreibern schlicht verabschiedet (beispielsweise Besprechungen) oder einen höheren Standardisierungsgrad anstrebt (beispielsweise durch eine modulare Produktstruktur). Beide Ansätze weisen in der Praxis enorme Potenziale auf, die in vielen Unternehmen immer noch ungenutzt sind.
Das Erreichen von Kennzahlen: Ein erster Schritt
Lean Administration beruht wie alle (guten) Führungsprinzipien auf der Vorgabe von Zielen, die hierdurch erreicht werden sollen. Hierbei geht es nicht um die klassischen und allseits bekannten Bereichsvorgaben wie Umsatzziele, Einkaufspreisreduktionen etc. Die haben auch weiterhin ihre Gültigkeit. Es geht um die Zielerreichung von Parametern aus dem Lean Management-Umfeld, die sich aus den Verschwendungsfaktoren der Administration ableiten. Hierzu gehören die Reduzierung von Durchlaufzeiten und Fehlerquoten oder die Erhöhung des Flussfaktors. Welche Kennzahlen sich anbieten hängt von unterschiedlichen Parametern ab, auf die ich in Kapitel 3.7 eingehen werde.
Das Erreichen solcher (quantifizierbarer) Ziele ist ein wichtiger Schritt, zeigt es doch, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist. Aber genau wie umgesetzte 5S-Aktionen ist die Erreichung solcher Hard Facts kein alleiniger Bewertungsmaßstab, über den sich der Erfolg von Lean Administration definiert. Ich werde im Verlauf des Buches darauf zu sprechen kommen, dass Zielvereinbarungen beispielsweise ein adäquates Mittel sind, um die Nachhaltigkeit von Lean Administration sicherzustellen. Wenn diese aber dadurch ad absurdum geführt werden, dass aus monetären Beweggründen Einzelner ihre persönlichen Ziele zu erreichen, die falschen Entscheidungen getroffen werden, ist dem Unternehmen wenig geholfen.
Unternehmerisch denkende Mitarbeiter: Dann haben Sie es geschafft
Wenn Sie kumulativ zu den oben genannten Aspekten zu der Erkenntnis gelangen, dass Ihre Mitarbeiter sich so verhalten, wie es der Unternehmer im Zweifelsfall selbst tun würde, haben Sie es geschafft. Wenn Sie feststellen, dass Denken und Handeln der Mitarbeiter darauf ausgerichtet sind, Verschwendung von Wertschöpfung zu unterscheiden und erstere soweit wie möglich zu vermeiden, sind sie auf dem richtigen Weg. Und wenn Sie sicher sind, dass all dies keine zeitlich limitierte Blase ist, wird sich Lean Administration als Philosophie in Ihrem Unternehmen durchsetzen.
Woran Sie merken, dass ‚Lean‘ noch nicht vollständig angekommen ist
Wenn Sie den Empfehlungen dieses Buches folgen, werden Sie Lean Administration erfolgreich umsetzen. Es kann aber sein, dass Sie einzelne Mitarbeiter mental noch nicht abgeholt haben. Und je nachdem, welche Position diesen Mitarbeitern zukommt, kann dies relevante Auswirkungen auf die Durchsetzung schlanker Prozesse haben. Dann werden festgelegte Standards nicht eingehalten, zugewiesene Verantwortlichkeiten missachtet oder vordefinierte Prozesse umgangen. Im Zweifelsfall wird einfach alles so gemacht wie vorher auch. In diesem Fall müssen Sie solche Mitarbeiter identifizieren und gezielt coachen. Hier ist Führungsarbeit gefragt, die das Management als Treiber und Motivator für Lean Administration leisten muss. Auch dieses Thema wird umfassend in Kapitel 6 detailliert.
Wie man nun konkret mit Lean Administration anfängt, lesen Sie in Kapitel 2.
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