Der 15. Schläger. Bob Rotella
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der 15. Schläger - Bob Rotella страница 7
Beim Amateur ist alles noch schlimmer. Die samstäglichen Flightpartner haben viel mehr Ahnung von Juristerei oder Betriebswirtschaft, als von den Abläufen beim Golfschwung. Und wenn sie einen Tipp geben, dann geht es meistens um Dinge, die ihnen selbst angeblich geholfen haben. Doch das heißt noch nicht, dass auch der Adressat dieses Tipps davon profitieren könnte. Aber ein Spieler, der mit seinem Spiel kämpft – egal ob Joe auf der Profi-Tour oder Joe im Wochenendflight – hat immer ein offenes Ohr.
Es ist nicht falsch, über die Technik des Golfschwungs zu sprechen. Aber ein Spieler darf nicht vergessen, dass, wenn er nur an der technischen Seite arbeitet, es ist, als würde er beim Gewichtestemmen immer nur das rechte Bein belasten. Wenn er das täte, dann würde er bald humpeln. Wenn Sie beim Golf nur darauf aus sind, technisch perfekt zu werden und nicht gleichzeitig einem mentalen Trainingsplan folgen, der Ihr Selbstbewusstsein fördert, dann hören Sie auch bald auf die falschen Tipps. Und Sie versinken im Chaos.
In einer solchen Situation stellt ein Profi sehr bald fest, dass er nicht mehr so enthusiastisch und optimistisch ist, wie zu Beginn seines Versuchs, besser zu werden. Er sitzt abends im Hotelzimmer und fragt sich, was er da eigentlich tut. Warum ist er ständig auf Reisen und gibt viel Geld aus, nur damit er einen Cut nach dem anderen verpasst und kein Geld mit seinem Spiel verdient? Wenn er – was oft der Fall ist – verheiratet ist und Kinder hat, fragt er sich, warum er nicht mehr Zeit mit seiner Familie verbringt. Er fühlt sich allmählich schuldig, weil er kein guter Vater ist und nicht genügend verdient. Und falls er schon eine Zeit lang Profi ist und er eigentlich genügend Geld hätte, um damit auszukommen, beginnt er sich zu fragen, ob er überhaupt noch spielen will.
Für den Amateur ist die finanzielle Seite nicht wichtig. Aber da ist der Ehepartner oder die Familie, und er fragt sich, ob sein Freizeitvergnügen wirklich die Zeit wert ist, die er investiert.
In dieser Phase greifen die Spieler dann oft zum Telefon und melden sich bei mir.
Ich erhalte Anrufe von Spielern, die regelmäßig an großen Turnieren teilnehmen und in internationalen Teams spielen. Viele Golfprofis und Amateure beneiden sie um ihren Schwung. Aber wenn sie bei mir anrufen, höre ich oft folgende Sätze: „Es ist schrecklich. Ich habe eine Heidenangst. Ich glaube nicht, dass ich diese Woche gut spielen kann.“
Ich habe Klienten, die große Turniere gewonnen haben und mir am Telefon erzählen, dass sie besser abschlagen, als alle Konkurrenten – aber auf dem Grün immer versagen. Die Putts funktionieren im Training sehr gut, und der Trainer bescheinigt ihnen einen sauberen Puttstil. Doch im Turnier haben sie ständig Angst, dass sie den Ball nicht einlochen können. Sie ändern dann die Putt-Technik mitten auf der Runde und probieren auf den letzten Löchern immer etwas Neues aus.
Meine Reaktion auf solche Anrufe gleicht dann meistens der Arbeit eines Arztes auf dem Schlachtfeld. Meine erste Aufgabe ist es, die Blutung zu stoppen. Ich erinnere den Spieler daran, wie gut er ist, egal, was ihm seine Psyche in dem Moment sagt. Ich erinnere ihn daran, wie viele Spieler nur zu gerne seinen Schwung und den Puttstil hätten, der ihm gerade Magengeschwüre verursacht.
Ich erinnere ihn auch daran, dass er noch immer die Fähigkeiten besitzt, die er zum Siegen braucht. Er muss nur die negativen Gedanken stoppen, die ihn davon abhalten.
„Du hast schon als Kind gelernt, wie man hervorragend spielt und gehörst seit vielen Jahren zu den Besten der Welt“, sage ich dann. „Also lass uns nicht so tun, als wüsstest du nicht, wie es geht. Du hast alle Fähigkeiten. Du musst dich vielleicht nur auf ein paar wenige Schläge besser konzentrieren. Vielleicht musst du nur den Fokus ein wenig verändern, dann kommst du auch zum Ziel. Aber die Fähigkeiten hast du allemal.“
Vielleicht spreche ich auch darüber, welche Einstellung er hatte, als er besonders erfolgreich war. Spieler wie er wissen, was es bedeutet, positiv zu denken. In ihrem Streben nach Perfektion haben sie einfach aufgehört, das in die Praxis umzusetzen.
Vielleicht erinnere ich den Spieler auch daran, dass ihm auf dem Höhepunkt seines Erfolgs nur eines wichtig war: sein Ziel. Er konzentrierte sich nur auf den nächsten Schlag und dachte nie an den vorherigen oder den übernächsten. Er dachte einzig und allein daran, wohin er den Ball spielen wollte. Er dachte nie an den „nächsten Putt“ in dem Sinne, dass er sich fragte: „Wo soll der Ball bei diesem Putt liegen bleiben, damit der nächste Putt leichter wird?“ Heute beurteilt er ständig den letzten Schlag und kritisiert seine Technik. Er denkt vor dem nächsten Eisenschlag daran, was er beim nächsten Abschlag alles umstellen und beim nächsten Putt besser machen wird. Oder er denkt nur an ein winziges, technisches Detail, das er beim nächsten Schlag unbedingt in seinen Schwung integrieren will.
Wenn Sie so denken, werden Sie automatisch verkrampfen. Sie verlieren das Ziel aus den Augen, Sie verlieren den Schlag aus den Augen und nichts läuft mehr natürlich ab. Sie wollen den Schwung erzwingen.
Wenn Sie mein Klient wären, würde ich sagen, dass wir beide wissen, dass Sie gewinnen können, wenn nur Ihre Einstellung stimmt. Wir haben bisher noch keinen Beweis dafür, dass Sie besser spielen, wenn Sie versuchen, Ihren Körper in bestimmte Positionen zu zwingen.
„Ich will, dass du nur an das Ziel denkst, an nichts anderes“, würde ich sagen. „Ich will, dass es dir egal ist, ob der Ball auch tatsächlich dorthin geht. Wenn du das kannst, kannst du auch loslassen. Du kannst jeden Schlag ganz entspannt angehen, weil du weißt, dass du letztendlich gut spielen wirst, wenn du nur an das Ziel denkst. Du wirst auf der Runde wieder deinen Seelenfrieden haben.“
Dieser Lösungsansatz wirkt natürlich nur kurzfristig. Oft hilft er aber, besonders wenn es darum geht, einen Spieler dazu zu bringen, wieder zu der mentalen Einstellung zurückzukehren, die er sich schon erarbeitet hatte und an die er auch glaubt. Ich kenne Spieler, die auf der ersten Turnierrunde eine 76 spielten, nach einem langen Gespräch am Donnerstag Abend ihre Einstellung änderten und am Freitag die Runde mit einer 66 beendeten.
Aber so leicht ist es nicht immer. Schlechte mentale Angewohnheiten sind so schwer abzulegen, wie schlechte physische Angewohnheiten. Die Psyche hat keinen Schalter. Man kann positive Gedanken nicht so einfach einschalten wie einen MP3-Player.
Ich fände es viel besser, wenn Golfer gar nicht erst in eine solche Situation kämen – seien es Profis oder Amateure. Aber die meisten tun es doch. Das liegt in der Natur des Golfspiels und in der Natur der guten Spieler. Sie wollen etwas erreichen. Sie sind es gewohnt, hart zu arbeiten und wissen, dass sich das lohnt. Sie vergessen, dass beim Golf harte Arbeit nicht alles ist. Man muss auch smart arbeiten. Man darf nie vergessen, dass das mentale Spiel genauso viel Aufmerksamkeit braucht, wie die Schwungtechnik – und je weiter man in der Rangliste aufsteigt, desto