Exerzitien - das Leben beleben. Willi Lambert

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Exerzitien - das Leben beleben - Willi Lambert Ignatianische Impulse

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Lesen mit den »Augen des Herzens«

       Nimm und lies – oder doch nicht?!

       Es singe, wem Gesang gegeben

       Heilige Zeichen und Zeiten

      IX. Leben im Gotteskontakt

       Beten ohne Unterlass – aber wie?

       Mit 17 träumt man – oder auch noch mit

       Dasein in der Anbetung

       Vater unser – im Plural vor Gott

       Stammesgeschichte und Gottesursprünglichkeit

       Die Zeit ist die Schule der Liebe

       Die Liebe lebt vom Kommunizieren

       Vom ganzen Leben

      Anmerkungen

      Vorwort

      Das Kurzgespräch in einer Münchner S-Bahn verlief einige Stationen lang angenehm. Sie kam aus Dresden und ich erzählte, dass ich seit kurzem in Dresden-Hohen-Eichen in einem Exerzitienhaus der Jesuiten Exerzitien begleiten würde. Da bemerkte nach kurzem Zögern mein Gegenüber in etwas fragend-besorgtem Ton: »Ja, das kann aber doch auch tödlich sein!?« Darauf ein Stutzen meinerseits, bis mir kam, sie habe wohl einen Film gesehen oder eine Zeitungsmeldung gelesen, wo von einem Exorzismus, einer Teufelsaustreibung, mit tödlichem Ausgang, berichtet wurde. Natürlich versuchte ich zu erklären, dass Exerzitien eigentlich Hilfe zur Belebung des Lebens eines Menschen sein wollen und dieses Aufleben auch immer wieder geschieht. Exerzitien seien nicht in dem von ihr befürchteten Sinn lebensgefährlich, sondern lebensförderlich: Exerzitien – das Leben beleben.

       Lebensweg – Exerzitienzeit

      Im vorliegenden Beitrag soll auf vielfältige Weise von Exerzitien als Lebens-Hilfe gesprochen werden und auch umgekehrt vom Leben als ständigem Exerzitienprozess. Leben aus einer geistvollen Inspiration und Exerzitien als Lebensförderung im besonderen Rahmen bzw. Setting von »geistlichen Übungen« (exercitia spiritualia).

      Die Hinweise dazu liegen auf vielerlei Ebenen. Sie bieten Anknüpfungen an das Exerzitienbuch und Lebensereignisse von Ignatius, Erfahrungen und Geschehnisse auf dem Lebens- und Glaubensweg, persönliche Zeugnisse, spirituelle Texte, Anleitungen zu biblischen Betrachtungen und Lebensbesinnungen, Alltägliches und Gipfelerlebnisse. Es ist eine Mischung, wie auch das Leben eine reiche Mischung ist. Die einzelnen Kapitel orientieren sich in etwa am Ablauf des Exerzitienbuches: Zuerst folgen Ausführungen zu den umfangreichen Vorbemerkungen, dann das Prinzip und Fundament als Leitlinie und Grundausrichtung für den ganzen Weg. Die sog. erste Exerzitienwoche lenkt den Blick auf die lebensfeindlichen und grausamen Finsternisse unserer Weltzeit und auf Erlösung, Befreiung, Auflichtung und Versöhnung. Die sog. zweite und dritte und vierte Woche sind ein geistlicher Weg mit Jesus, in dem »die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters, erschien« (Titus 3,4).

      Die innerliche Wahrnehmung des Lebens, Sterbens und der Auferstehung Jesu will und kann sich prägend auf das eigene Leben auswirken. Der Wanderprophet Gottes verwandelt im Mitgehen unseren eigenen »Lebenswandel« und erschließt nach dem Zeugnis vieler »Anhänger des Weges Jesu« (Apg 1–2) einen »neuen und lebendigen Weg« (Hebr 10,19), zusammengefasst in der Selbstbezeichnung: »Ich bin Weg, Wahrheit und Leben« (Joh 14,6).

       Fürs Nachschauen

BU=Briefe und Unterweisungen (hg. von P. Knauer)
EB=Nummer aus dem Exezitienbuch (übersetzt von P. Knauer)
GT=Gründungstexte der Gesellschaft Jesu (hg. von P. Knauer)

      Zitate aus BU und GT werden jeweils mit Seitenzahlen angegeben.

      Ignatius schreibt einmal an seinen ehemaligen Beichtvater in Paris, die Exerzitien seien »das Allerbeste, was ich in diesem Leben denken, verspüren und verstehen kann, sowohl dafür, dass sich der Mensch selber nützen kann, wie dafür, Frucht zu bringen und vielen anderen helfen und nützen zu können« (EB 655).

      Möge sich diese Aussage beim Lesen und Eingehen auf die Anregungen ein wenig erfahrbar machen.

       Willi Lambert SJ

      I. Ignatianische Vorbemerkungen

      Wie ein Buch betitelt ist und beginnt, ist oft schon kennzeichnend für den Autor, für den Inhalt und Stil. Der Titel des spirituellen Bestsellers von Ignatius lautet einfach »Geistliche Übungen« (exercitia spiritualia) und die erste Überschrift des Exerzitienbuches ist gleich ein ganzer Satz: »Anmerkungen, um einige Einsicht in die folgenden Geistlichen Übungen zu erlangen und damit sowohl der, der sie geben, wie der, der sie empfangen soll, Hilfe erlangen (EB 1). In diesem Sinn soll zu Beginn geklärt werden, was »geistlich« meint, was die Rolle des »Übens« und was Ziel und Methode von Exerzitien sind. Dies soll dann weiter entfaltet werden im Blick auf einige der 20 Vorbemerkungen, mit denen das Exerzitienbuch beginnt. Sie erweisen Ignatius als einen Menschen, dem es um Sinnziel und Weghilfe geht. Das Exerzitienbuch habe – so eine fromme Bemerkung – mehr Menschen auf dem Weg zur Heiligkeit geholfen, als es Buchstaben zähle. Ziel und Weg benennt Ignatius in der ersten Vorbemerkung des Exerzitienbuches: Geistliche Übungen, um im Blick auf Gottes Liebeswillen in wachsender Freiheit ein Leben im Lieben zu gestalten (vgl. EB 1). Dabei ist besonders wichtig zu sagen: »Nicht das viele Wissen sättigt und befriedigt die Seele, sondern das Innerlich-die-Dinge-Verspüren und Schmecken« (EB 2).

       Besinnung auf das Leben

      Ein altes Werbeplakat für Zigaretten zeigt junge Menschen, Strand, Sonne, Meer mit der Aufschrift »That’s life« – »Das ist Leben!« Darunter steht: »Der Gesundheitsminister warnt: Rauchen kann tödlich sein!« Diese Doppelbotschaft legt die Frage nahe: Was ist Leben wirklich und was ist lebensgefährlich? Dies sind wohl Fragen jedes Menschen, dem es ums Leben und ums ganze Leben geht. Es lohnt sich, im Buch des eigenen Lebens zu blättern und sich zu fragen:

      – Was kommt mir spontan zur Frage, was Leben für mich bedeutet? Welche Menschen, Worte, Fotos mit Unterschriften, helle und dunkle Stunden lassen mich dies sehen?

      – Was wären Kapitelüberschriften für meine Autobiographie?

      – Ein Gang auf einem Friedhof kann fragen lassen: Welchen Grabspruch, welche Todesanzeige würde ich wählen und wie sähe mein geistliches Testament aus?

      – Was gehört zu Gipfelerlebnissen, was zu den Abgründen meines Lebens?

      – Wann war dies und jenes zum ersten oder zum letzten Mal?

      – Was waren Anfänge und wann gab’s ein Aufhören?

      – Welche inneren Regungen und Haltungen wie etwa Freude, Angst, Ohnmacht, Wut, Hass, Liebe, Freisein kenne ich?

      – Wofür möchte ich leben und wofür sterben?

      –

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