Geist & Leben 3/2018. Verlag Echter

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die auch Familiensinn zeigt bei ihrer Teilnahme an der Hochzeit von Kana und Sensibilität gegenüber dem jungen Paar, vermutlich Verwandten. Sie geht den Weg ihres Sohnes bis zum Ende mit, bis unter das Kreuz. Sie lässt ihn in diesem Augenblick letzten undäußersten Leidens nicht allein. Sie vernimmt auch sein Vermächtnis, mit dem Jesus sie dem Lieblingsjünger anbefiehlt und diesen ihr. Wie bei den Brüdern Jesu hat auch die Mutter eine Rolle, die über das Natürlich-Biologische hinausgeht. Die Mutter Jesu erweist sich von Anfang an als seine Gefährtin, fast seine Braut, wie sich aus der Anrede „Frau“ bei der Hochzeit von Kana und nachher erneut am Kreuz ergibt. So wird Maria die Mutter nicht nur Jesu, sondern auch des Lieblingsjüngers und mit ihm der Gläubigen in der Zukunft.

      Wir können aus dieser Öffnung der Verwandtschaft ersehen, dass auch unsere Familien sich öffnen können und sollen in Richtung auf neue Funktionen und gegenüber neuen formalen oder informellen Mitgliedern, Freunden, Nachbarn, Menschen unterwegs. Wir haben gesehen, dass Jesus von Anfang an nicht nur einzelne, sondern gern auch Brüder beruft und dass er sich als Freund von Familien mit Brüdern und Schwestern erweist wie im Hause des Lazarus. Für die Frage, wie Jugendliche und junge Erwachsene ihren Weg verantwortlich finden und gehen können, war die Geschichte vom Blindgeborenen aufschlussreich. Er ist alt genug, um über seine religiöse Überzeugung Rede und Antwort zu stehen. So ist die Geschichte von seiner Heilung durchaus ein geeigneter Text für Firmgottesdienste.

      Eine letzte Beobachtung ergibt, dass Jesus Verheiratete nicht so nimmt, wie sie sein sollten, sondern wie sie sind. Dies zeigte sich bereits im Fall der Frau aus Samarien. Sie hatte fünf Männer und der, mit dem sie jetzt lebt, ist nicht ihr Mann. Jesus weiß all dies, doch er nimmt es nicht als Ausgangspunkt für eine sittliche Belehrung, sondern für ein religiöses Gespräch, in dem er ihr die Beziehung zwischen Gott und den verschiedenen Kulten erklärt. Die gleiche Ausrichtung lässt sich bei der Erzählung von Jesus und der des Ehebruchs angeklagten Frau feststellen.

      Wir erleben heute eine Diskussion um den rechten Umgang mit Menschen, die nach einer Scheidung neu geheiratet haben. Einige Katholik(inn)en sind in Gefahr, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten zu urteilen: Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz müssen sie von den Sakramenten ausgeschlossen werden. Dieser Argumentation setzen andere, mit den Kirchenvätern, entgegen, dass die Sakramente für die Sünder(innen) und nicht für die Heiligen bestimmt sind. Vielleicht hilft uns die Evangelienerzählung von Joh 7,53–8,11 von Jesus und der des Ehebruchs angeklagten Frau, eine Lösung zu finden, die sich mit Recht christlich nennen darf.8

      1 Für den Vorschlag, in Joh 1,13 die Gotteskindschaft ohne menschliche Zeugung nicht auf die Gläubigen, sondern auf Jesus zu beziehen, wie von einigen Autoren vorgeschlagen, fehlt es an neutestamentlichen Textzeugen.

      2 Vgl. J. Beutler, Brüder Jesu, in: M. Görg / B. Lang (Hrsg.), Neues Bibel-Lexikon I. Zürich 1991, 337.

      3 Vgl. J. Beutler, Das Johannesevangelium. Kommentar. Freiburg – Basel – Wien22016, 136 u. 244–246; O. Hofius, Das Wunder der Wiedergeburt. Jesu Gespräch mit Nikodemus in Joh 3,1–21, in: ders. / H.-C. Kammler, Johannesstudien. Untersuchungen zur Theologie des vierten Evangeliums (WUNT, 2. Reihe, 84). Tübingen 1996, 33–80, hier: 38.

      4 Vgl. A. Destro / M. Pesce, Kinship, Discipleship, and Movement: An Anthropological Study of John’s Gospel, in: Biblical Interpretation 3 (1995), 266–284.

      5 Vgl. J. Beutler, Johannesevangelium, 161 [s. Anm. 3].

      6 Vgl. ebd., 261–266.

      7 Vgl. ebd., 124–126.

      8 Sehr eindringlich stellt Papst Franziskus die Szene von Jesus und der des Ehebruchs angeklagten Frau an den Anfang seines Apostolischen Schreibens „Misericordia et misera“ zum Abschluss des Außerordentlichen Jahres der Barmherzigkeit (VApS 207). Bonn 2016. Vom Thema der Barmherzigkeit ist auch der Schlussabschnitt eines weiteren Dokumentes bestimmt: Nachsynodales Schreiben „Amoris laetitia“ des Heiligen Vaters Papst Franziskus (VApS 204). Bonn 2016, 205–225.

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