Toter Chef - guter Chef. Georg Langenhorst

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Toter Chef - guter Chef - Georg Langenhorst

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ausgekommen. Er mochte mich, das war deutlich.“ Dominik Thiele zuckte kaum merklich zusammen, schaute kurz zu ihr herüber, unterbrach sie aber nicht. „Ohne ihn wäre ich kaum am KaRaGe gelandet. Ein weiser älterer Herr. Gütig. Mit einer natürlichen Autorität. Dabei warmherzig. Mit einem Sinn für Gerechtigkeit. Ausgeglichen. Und seinerseits immer um Ausgleich bemüht. So etwas kannst du nicht lernen. Ich hatte großen Respekt vor ihm.“

      Nun mischte sich ihr Mann doch in das Gespräch ein. Er beugte sich vor und versuchte ruhig zu bleiben: „Nur Respekt? Richtig geschwärmt hast du von dem, wenn ich mich richtig erinnere. Aber das sieht für mich – von heute aus betrachtet – doch ein bisschen anders aus. Äh: Hat er dich mal angemacht? War der hinter den jungen Kolleginnen her?“

      Empört blickte Verena zu ihm hinüber: „Also echt, Domm! Das war eher der Vatertyp. Ohne Hintergedanken. Da war keine Doppelbödigkeit. Bei mir ganz bestimmt nicht. Und bei anderen …“ – sie überlegte – „nein, da kann ich mich wirklich an nichts erinnern. Dass ihr Männer immer gleich an so etwas denkt!“

      Dominik Thiele machte eine Entschuldigungsgeste und lehnte sich in seinen Sessel zurück, schickte aber noch eine Bemerkung hinterher: „Aber vor einigen Jahren hatte er definitiv eine Affäre mit einer jüngeren Kollegin eurer Schule. Das steht fest!“ Kellert warf ihm einen scharfen Blick zu. Das hätte sein Kollege eigentlich nicht verraten dürfen. Das war eine interne Information. Der Kriminalhauptmann biss sich auch sofort auf die Lippen. Blöd, da war der Gaul mit ihm durchgegangen. Passierte ihm sonst nicht. Aber das konnte eben vorkommen, wenn Privat- und Berufsleben sich vermischten.

      Verena schaute verwundert. Sie zweifelte keinen Moment daran, dass diese Aussage stimmte. „Echt!?“, rief sie verblüfft. „Das hätte ich nie gedacht. Und davon habe ich auch noch nie etwas gehört am KaRaGe. Keine Silbe! Aber er hat doch auch diese wunderbare Frau, Thea. Die ist bei offiziellen Anlässen doch fast immer mit dabei. Eine richtige Dame, denke ich immer.“ ‚Du auch?‘, grinste Thiele innerlich. ‚Aha, da haben sie am Gymnasium also ein System von Geheimhaltung aufgebaut. Zum Schutz aller Beteiligten. Und es scheint zu funktionieren‘, ging es Kellert durch den Sinn.

      Verena schüttelte den Kopf. Sie musste das Gehörte erst verarbeiten. Es brachte das Bild, das sie sich von ihrem ehemaligen Chef gemacht hatte, ins Wanken. „Der Geißendörfner!“, murmelte sie.

      9.

      „Ena“, wandte sich Dominik Thiele einige Minuten später an seine Frau, nachdem er das Teegeschirr in die Küche gebracht hatte. „Wir suchen natürlich nach einem Motiv. Warum bringt jemand einen Menschen um, den du als so freundlich und ausgeglichen erlebt hast? Und nicht nur du. Das hören wir eigentlich von fast allen, die wir nach diesem Geißendörfner befragen. Warum also? Warum hat man ihn umgebracht? Natürlich, das kann etwas mit seinem Privatleben zu tun haben oder womit auch immer. Aber eben auch mit seinem Beruf. Erinnerst du dich an ganz besondere Streitigkeiten oder Konflikte?“

      Sie dachte nach. „Ihr sucht jetzt nach etwas Besonderem jenseits des normalen Alltagsgeplänkels, richtig?“ Kellert und Thiele nickten. „Ich bin natürlich noch nicht lange dabei“, rief sie in Erinnerung. „Aber drei Dinge fallen mir durchaus ein, wenn ihr mich nun so fragt. Kurz nachdem ich hier richtig angefangen habe, also …“ – sie überlegte – „im Oktober muss das gewesen sein, da gab es mal eine heftige Auseinandersetzung um einen Schüler aus der Zwölften, der von der Schule verwiesen wurde. Warum, weiß ich nicht. Seine Eltern haben jedenfalls richtig Ärger gemacht. Einmal musste der Chef den Vater fast mit Gewalt aus der Schule führen lassen. Vorher hatte es im Direktorat so richtig geknallt. Laut, Gebrüll, mit Türenschlagen und allem.“

      Sie überlegte kurz: „Und danach gab es ein Gerichtsverfahren. Aber alles war rechtens. Die Schule und der Chef hatten sich vollkommen korrekt verhalten, wenn ich mich richtig erinnere. Tja: Es gibt Eltern, die halten sich an keine Regeln. Ätzend! Jedenfalls: Da könnte man einmal nachhaken.“ Kellert hob seine Augen in Richtung seines Mitarbeiters und schloss sie kurz. Thiele wusste, was das zu bedeuten hatte: sein Job! ‚Schön, so stelle ich mir Teamarbeit vor‘, dachte Kellert und grinste still in sich hinein.

      „Ist was? Habe ich etwas verpasst?“, fragte Verena Thiele nach, der das Grinsen nicht entgangen war. „Nein, nein: alles in Ordnung, Entschuldigung!“, gab Kellert zurück und blickte sie ermunternd an. Sie hing auch noch einem anderen Gedanken nach: „Gut, also die zweite Sache, die mir einfällt: Als ich ganz frisch an der Schule war, im September, da gab es einmal eine komische Situation. Seltsam, dass ich mich jetzt daran erinnere. Da wurden in der Konferenz die Beförderungen verkündet, vom Chef natürlich. Da ging es drunter und drüber, das kann man sich ja vorstellen.“

      Die beiden Polizisten schauten sie erwartungsvoll an. Und Verena Thiele hatte nun einen für sie fast unerschöpflichen Erzählgegenstand gefunden. Die Erinnerungen sprudelten nur so aus ihr heraus. „Drei Beförderungen zum Studiendirektor gab es zu feiern, das heißt für die beförderten Kollegen: bis zu 450 Euro im Monat mehr auf dem Konto. Verbunden mit so genannten Funktionsstellen, also irgendeiner wichtigen Aufgabe in der Schulverwaltung oder Schulgestaltung neben dem Unterricht. Und in der Regel mit einer Stundenreduktion verbunden. Das bedeutet: Eine Verringerung der Deputatsstunden, also des Umfangs des zu haltenden Unterrichts. Da sind die älteren Kolleginnen und Kollegen richtig scharf drauf: weniger unterrichten! Komisch, ich möchte lieber nur unterrichten! Okay, das sieht man nach zwanzig Berufsjahren vielleicht ein bisschen anders. Vielleicht.“

      Nur kurz hielt sie inne und fuhr dann fort: „Vier neue Oberstudienräte gab es auch noch zu feiern, das ist aber eher eine normale Beförderung nach mehreren Jahren. Lohnt sich auch finanziell nicht so besonders. Und ist nicht automatisch mit einem veränderten Aufgabenfeld verbunden. Und eine, nein: zwei Verbeamtungen. Die ich mir ja auch wünschen würde …“ „Und was war daran nun seltsam?“, fiel ihr Bernd Kellert nun doch ins Wort. „Was hat das mit dem Mord zu tun?“

      „Nichts wahrscheinlich“, gab Verena Thiele zu, „aber mir wurde damals klar, dass Beförderung für die einen auch immer Nicht-Beförderung für andere bedeutet. Da gab es schon frustrierte Blicke, auch böse, eifersüchtige. Wenn ich es von heute aus bedenke: vielleicht sogar hasserfüllte. Das ist schön blöd: die einen feiern, und du sitzt wieder einmal mit leeren Händen da. Andere bekommen die Stelle, die du selbst nur zu gern übernommen hättest.“

      Wieder dachte sie nach: „Und alle wissen, dass der Chef mit seinen Beurteilungen natürlich ein wesentlicher Faktor dabei ist. Letztlich hängt vieles, wenn auch nicht alles von seiner Einschätzung ab. Dass sich da manche vor den Chefs groß aufspielen, kann man ja irgendwie nachvollziehen. Aber das muss doch für den Chef auch sehr unangenehm sein: Nie weißt du, ob jemand zu dir freundlich ist, weil er dich als Mensch meint, oder ob er nur auf Protegierung schielt. Da muss man dann wohl darüberstehen, schätze ich. Für mich wäre das nichts.“

      „Hasserfüllte Blicke, hast du gesagt“, hakte Bernd Kellert ein, der diese Mechanismen aus seinem Arbeitsfeld natürlich auch kannte. „Von wem? Kannst du dich an irgendjemanden konkret erinnern?“ Die Frage war Verena sichtlich unangenehm. Sollte sie jetzt irgendwelche Kollegen bloßstellen und verdächtig machen, wahrscheinlich völlig grundlos? „Hass, das Wort war vielleicht zu stark“, entgegnete sie ausweichend. „Und nein: Da war ich ja noch neu im Kollegium, kannte noch nicht so viele. Nein, ich habe da kein Gesicht ganz konkret vor Augen. Kein Name, sorry.“

      ‚Schade‘, dachte Kellert, hatte aber noch eine vermeintlich letzte Frage: „Und dieser Thomas Bedlinger …“ – „Torsten“, fiel ihm Thiele ins Wort. Irritiert und ein bisschen verärgert schaute Kellert zu seinem Mitarbeiter: „Was?“, fragte er unwirsch. „Torsten Bedlinger heißt der, nicht Thomas“, erklärte dieser. „Von mir aus, dann eben Torsten Bedlinger. Jedenfalls: Was hältst du von dem?“

      Verena grinste schief: „Ach, der Torsten! Ja, der

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