Leidenschaft und Fußball. Thorsten Kapperer

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Leidenschaft und Fußball - Thorsten Kapperer Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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eng beieinander. So erklärt sich etwa das Zurückgreifen auf den VfB Stuttgart oder die SV-DJK Langenleiten an der ein oder anderen Stelle dieser Dissertation. Bei aller Begeisterung soll dabei die nötige Distanz zum Phänomen „Fußball“ nicht zu kurz kommen.

      Fußball und Religion (im zweiten Hauptteil) bzw. später (im dritten Hauptteil) Fußball und Pastoral werden in dieser Dissertationsschrift in eine Verbindung gebracht. Dabei besteht die Gefahr, diese Bereiche oberflächlich, vorschnell und sachlich unzulässig zu vermischen, wenn man etwa liturgische Gesänge in der Kirche mit Fangesängen im Stadion vergleicht. Deshalb muss differenziert werden: Fußball ist und bleibt Fußball, Religion ist und bleibt Religion, Pastoral ist und bleibt Pastoral. All diese drei Bereiche sind in ihrem Eigenwert zu schätzen und zu respektieren.

      Im dritten Hauptteil soll aufgezeigt werden, inwiefern die Pastoral von der Leidenschaft beim Fußball lernen kann. Eine unsachgemäße Vermischung der beiden Felder ist nicht angebracht. Auch nicht zielführend ist die Anbiederung der Pastoral an den Fußball bzw. des Fußballs an die Pastoral. Nur wenn der Eigenwert beider Bereiche anerkannt wird, können Pastoral und Fußball in ihrer je eigenen Souveränität und in Offenheit aufeinanderzugehen, und nur so kann sich die Pastoral lernend vom Fußball bereichern lassen.

      Völlig unangebracht und unredlich ist es weiterhin, den Fußballern pastoralreligiöse Einstellungen oder Verhaltensweisen zu unterstellen, gemäß dem Motto: „Ihr seid ja eigentlich alle religiös und wisst es gar nicht!“ Es darf also weder der Fußball im Sinne der Pastoral noch umgekehrt die Pastoral im Sinne des Fußballs zweckentfremdet werden. Gleichermaßen kann und will Fußball keine Religion sein, wie später darzulegen sein wird.

      Diese Arbeit stellt nicht die erste Veröffentlichung und Ausführung dar, die zum Thema Fußball und Pastoral gemacht wurde. Ein Blick ins Literaturverzeichnis dieser Dissertation macht dies schnell deutlich.

      Sie stellt auch nicht die einzige pastorale Initiative und Bemühung der gesamten Kirche bzw. von einzelnen pastoralen MitarbeiterInnen vor Ort dar, die Themen Pastoral und Fußball in eine sinnvolle Verbindung zu bringen. Im Folgenden seien daher einige beispielhafte Initiativen und Projekte genannt, ohne näher darauf eingehen zu können und ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

      So fand am 21. September 2005 ein Fußball-Kleinfeldturnier für Kinder auf dem Petersplatz statt, das vom Vatikan und dem italienischen Fußballverband organisiert wurde, um auf ein gemeinsames Sozialprojekt zugunsten von Kindern in sechzehn osteuropäischen Staaten aufmerksam zu machen.14 Der damalige Papst Benedikt äußerte sich zudem sehr positiv über den Fußball: „Fußball ist das Heraustreten aus dem versklavten Ernst des Alltags in den freien Ernst dessen, was nicht sein muss und deshalb so schön ist.“15

      In diesem Zusammenhang können auch die Auswahlmannschaft des Vatikan, die Vatikanliga und die vatikanischen Pokalwettbewerbe erwähnt werden. Die Auswahlmannschaft besteht hauptsächlich aus Einwohnern Roms und bestreitet nur selten Länderspiele gegen Auswahlteams anderer Länder, wenn dann meist gegen andere Kleinstaaten wie San Marino oder Monaco. Die Mannschaft ist allerdings weder Mitglied bei der UEFA noch bei der FIFA, da sie unter anderem keinen Fußballplatz vorweisen kann, der den FIFA-Normen entspricht.

      1972 gründete Sergio Valcio die vatikanische Fußballiga „Attività Calcistica dei Dipendenti Vaticani“ um etwas für das Gemeinschaftsgefühl der VatikanMitarbeiter und etwas für deren körperliche Fitness zu tun. Die 16 Teams der Liga rekrutieren sich aus den Verwaltungsabteilungen des Vatikans (z.B. Museum, Post, Radio) und die Spiele finden im römischen Außenbezirk Primavalle statt, da im Vatikan kein Platz für einen Sportplatz ist. Gespielt wird auf einem Kleinfeld mit nur vier Feldspielern und einem Torwart, da die einzelnen Mannschaften sonst nicht genügend Spieler zusammen bekommen würden. Die Liga findet nicht jedes Jahr statt und der Meister ist nicht für internationale Wettbewerbe qualifiziert.

      Der als Fußballfan bekannte ehemalige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone initiierte den Clericus Cup, der 2007 das erste Mal ausgetragen wurde. Dabei spielen internationale katholische Teams von allen Kontinenten gegeneinander. Die offiziellen Fußballregeln wurden dazu leicht abgeändert. So gibt es beispielsweise keine roten Karten, sondern blaue, bei denen der betroffene Spieler fünf Minuten aussetzen muss.16

      Auch der mittlerweile heiliggesprochene Papst Johannes Paul II. war für seine Affinität zum Sport bekannt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er um die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen herum die Abteilung „Kirche und Sport“ im Vatikan errichtete. Damit war der Grundstein gelegt, den christlichen Auftrag im Bereich des Sports auch auf weltkirchlicher Ebene anzugehen und wahrzunehmen. Die Abteilung wurde dem Päpstlichen Rat für die Laien zugeordnet und hielt 2005 einen weltweit beachteten Kongress in Rom zum Thema „Der christliche Auftrag auf dem Feld des Sports heute“ ab17, aus dem folgende Schlussempfehlungen hervorgingen:

       „Die Kirche will die Welt des Sports mehr beachten und Kontakte besonders über die nationalen Bischofskonferenzen im Hinblick auf ihren pastoralen Auftrag wahrnehmen.

       Kirchliche Aussagen zum Sport sollen stärker verbreitet und Studien besonders zu ethischen Fragen des Sports gefördert werden.

       Der Sport wird als Beitrag zur Evangelisierung anerkannt; wichtig ist hierfür auch das Zeugnis für Christus von Spitzensportlern.

       Eine Kultur des Sports, die im Einklang mit der Würde des Menschen steht, soll vorrangiges Ziel in der kirchlichen Jugend- und Erziehungsarbeit sein.

       Die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Sportorganisationen als Plattform des Dialogs wird begrüßt.“18

      Im Laufe der Jahre folgten weitere Kongresse und ähnliche Veranstaltungen. Grundsätzlich bestimmen folgende Hauptaufgaben das Handeln dieser Abteilung:

       „Gesprächspartner für die Sportorganisationen der Welt sein und mithelfen, den Sport zu einem Mittel des Friedens und der Brüderlichkeit zwischen den Völkern zu machen

       nationale Kirchen anhalten, für mehr seelsorgerischen Beistand in der Welt des Sports zu sorgen

       Studien über die ethische Dimension des Sports anregen und Initiativen unterstützen, die das Bekenntnis zum Christentum in der Welt des Sports fördern“19

      Zudem ist hier der Heilige Aloisius „Luigi“ Scrosoppi zu nennen. Der von 1804 bis 1884 lebende italienische Heilige, dessen Gedenktag der 3. April ist, wurde am 22. August 2010 von Bischof Alois Schwarz im Rahmen eines Gottesdienstes in der Pfarre Pörtschach am Wörther See in Abstimmung mit den römischen Stellen zum Schutzheiligen für alle FußballerInnen ernannt. Einen solchen hatte es zuvor nicht gegeben. Die Idee dazu stammte im Rahmen der Wörthersee-Zukunftsinitiative vom Fußballfan Manfred Pesek. Aloisius Scrosoppi hatte sich in besonderer Weise um die Jugend verdient gemacht und stand für Werte, die auch im Sport eine wichtige Rolle spielen, wie Fairness, Ausdauer und Zielstrebigkeit ein.20

      Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass einige Fußballclubs in Europa von Geistlichen gegründet wurden. Zum Beispiel Celtic Glasgow in Schottland. Hier wollten die Gründungsväter mit den Eintrittsgeldern die Armenspeisung der Kirchengemeinde finanzieren. Oder Borussia Dortmund, dessen Gründung ebenso auf eine Kirchengemeinde zurückgeht, deren Kaplan die männlichen Jugendlichen mittels des Fußballs an die Kirche binden wollte.21

      Das Miteinander von Fußball und Kirche war allerdings nicht immer so. Markwart Herzog wies

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