Der Glückskompass. Michael Kunze

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Der Glückskompass - Michael Kunze

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Er strahlte Optimismus aus. Corona dominierte nach wie vor die Welt. Da war diese Begegnung ein kleiner Segen.

      Kunze beschäftigte sich sein bisheriges Berufsleben lang mit Sozial- und Präventivmedizin. Dass er all jene Fragen, die sich um Glück, Zufriedenheit und Wohlbefinden drehen, auch als Teil seines Aufgabenbereiches sah, war mir anfangs gar nicht bewusst.

      Zum ersten Gespräch hatte ich natürlich auch seine Vita als Teil meiner Rechercheunterlagen mitgebracht. Ich deutete auf die lange Liste der anspruchsvollen Funktionen, die er neben seiner ärztlichen Tätigkeit im österreichischen Gesundheitswesen innehatte. »Wie schaffen Sie das eigentlich alles?«, fragte ich ihn.

      »Ach wissen Sie…«, antwortete er, »Ich bin glücklich.«

      Er meinte, dass er vor allem deshalb glücklich sei, weil er keinen Grund habe, unglücklich zu sein. Er sei gesund. Das Leben gebe ihm alles, was er brauche, um glücklich zu sein. Eine Familie und Arbeit, beides erfülle ihn.

      Vielleicht denken Sie sich jetzt, dass Kunze zu den Gesegneten gehört, die auf die »Butterseite« des Lebens gefallen sind. Aber so ist es nicht. Auch in seinem Leben gibt es das Unglück. Nur kommt er damit offensichtlich gut zurecht.

      Als ich mehr über das Glück von ihm erfahren wollte, nannte er Forschungsergebnisse zum Thema. Teilweise klangen sie wie etwas, das wir alle auch selbst entdecken können, aber er mahnte mich, genau hinzuschauen und die Konsequenzen scheinbar banaler Erkenntnisse zu bedenken. Teilweise handelte es sich um umfangreiche, jahrelang oder sogar jahrzehntelang durchgeführte Studien, die zu überraschenden Ergebnissen kamen.

      Kunze und ich beschlossen, aus dem verfügbaren, wissenschaftlich belegten Wissen der Welt über Glück ein Buch zu machen, aus dem Glücks-Pragmatiker ihre eigenen Rezepte ableiten können.

      Die Fülle der vorhandenen Forschungsergebnisse überraschte mich, während ich mich durch zahlreiche, nicht immer besonders spannend zu lesende und dann auch noch in trockenem Wissenschafts-Englisch gehaltene Studien arbeitete. Und noch etwas überraschte mich: Schon allein die Beschäftigung mit dem Glück machte mich glücklich. Dieser Effekt motivierte mich zusätzlich bei der Arbeit. Ich hoffe, diesen Effekt an alle Leserinnen und Leser weitergeben zu können, selbst an jene, die nur mal eben in diesem Buch blättern.

      Wie immer Sie dieses Buch benutzen – denn zum Benutzen ist es gemacht –, ich wünsche Ihnen viel Freude dabei, viele Inspirationen und dass es Ihnen hilft, als Pragmatiker oder Pragmatikerin des Glücks den Grundton Ihres Lebens aufzuhellen.

      Mag. Dr. Silvia Jelincic, MA, Februar 2021

      WAS IST GLÜCK?

      Was uns Driss und Philippe, zwei Menschen, die aufgrund ihres Schicksals auf keinen Fall glücklich sein dürften, über das Glück lehren, welchen Missverständnissen über das Glück wir aufsitzen und was Sie in diesem Buch erwartet.

      Driss und Philippe könnten kaum unterschiedlicher sein. Driss ist in der Pariser Vorstadt aufgewachsen. Seine Vorfahren kommen aus dem Senegal. Wie viele andere junge Männer aus seinem Viertel hat auch er bereits ein paar Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Auf dem Arbeitsmarkt hat er mit diesem Hintergrund kaum eine Chance. Nur die Arbeitslosenversicherung bewahrt ihn davor, gleich wieder in die Kriminalität abzurutschen. Allerdings reicht die staatliche Unterstützung nicht einmal für eine eigene Wohnung. Driss muss bei seiner alten Mutter Unterschlupf suchen. Wie soll er die Träume eines jungen Mannes verwirklichen? Bleibt ihm nur die Tristesse zwischen Drogen und Kleinkriminalität? Wie kann er jemals ein wirklich glückliches Leben führen?

      Philippe hingegen hat alles, was sich ein Mensch wünschen kann. Er ist Multimillionär, wohnt in einem Palais im Zentrum von Paris, besitzt einen Privatjet und fährt sportliche Luxusautos. Er genießt das Leben in vollen Zügen. Bis ihn zwei Schicksalsschläge treffen: Seine Frau stirbt an Krebs. Als er sich von diesem Unglück halbwegs erholt hat, stürzt er beim Paragliding ab. Er überlebt, allerdings ist er fortan vom dritten Halswirbel abwärts gelähmt.

      Der Unfall ändert für Philippe alles. Er, der reiche, erfolgreiche und intelligente Geschäftsmann, kann ohne die Hilfe anderer nicht einmal aufs WC. Zu allem Übel überfällt ihn auch noch eine lebensgefährliche Atemnot, immer wieder ohne Vorwarnung. Was nützt ihm sein ganzer Reichtum, wenn er sich nicht einmal selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen kann? Rund um die Uhr benötigt Philippe jemanden an seiner Seite und ist dennoch ständig in Lebensgefahr. Die Menschen um ihn herum sind voller Mitleid für dieses schreckliche Schicksal. Kann er jemals wieder glücklich werden?

      DIE GROSSEN GLÜCKS-IRRTÜMER

      Für viele ist Glück die große Liebe. Andere träumen von einem Lottogewinn, vom Traumjob, von einem Haus mit Garten. Diese Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen. Bis hin zu den kleinen Dingen, die uns glücklich machen: ein Spaziergang im Wald, auf den wir uns schon die ganze Woche freuen, die neueste Staffel unserer Lieblingsserie oder einfach ein heißes Bad. All diese Dinge können uns glücklich machen. Wohlgemerkt können.

      Es gibt auch Menschen, die sich durch eine große Liebe beengt fühlen würden, denen ein Lottogewinn nichts bringen würde, was sie schon haben, die am liebsten gar keinen Job haben, und die mit einem Garten vor allem mühselige Arbeit verbinden.

      Was Glück ist, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Je nach Ausgangslage, Persönlichkeit und Einstellung zum Leben weicht das persönliche Glück von dem ab, was die Mehrheit als Glück betrachten würde. Wobei die Dinge, die gemeinhin als Quellen des Glücks gelten, nicht unbedingt tatsächlich glücklich machen. Auch die Mehrheit kann sich irren.

      So denkt die Mehrheit, es mache glücklich, ein paar Millionen Euro auf dem Konto zu haben. Dies, weil die Mehrheit aus Mittel- und Kleinverdienern besteht. Für sie ist es natürlich, von Reichtum zu träumen. Ihre sozioökonomische Ausgangslage erzeugt ihren Traum. Im Lotto zu gewinnen, steht für einen der größten Glücksmomente überhaupt. Aber entspricht das der Realität? Sind Lottogewinner wirklich glücklichere Menschen?

      Am anderen Ende der verbreiteten Glücksskala stehen traumatische Erfahrungen: der Tod von geliebten Menschen, ein schwerer Unfall oder eine schwere Krankheit mit bleibenden körperlichen Schäden, Behinderung. Beim Gedanken an solches Unglück kommen Zweifel auf, ob wir je wieder glücklich sein könnten. Doch auch hier stellt sich die Frage: Wie ist es wirklich um die Glücksgefühle von Menschen bestellt, denen so etwas wiederfährt?

      Der Psychologe Philip Brickman und seine Kollegen von der Northwestern University in Illinois verglichen diese beiden extremen Lebenssituationen. Für ihre Studie interviewten die Wissenschaftler einerseits Lottogewinner. Nur einer von ihnen hatte erst vor weniger als einem Monat gewonnen. Bei den anderen lag der Gewinn länger zurück, aber nicht mehr als eineinhalb Jahre. Außerdem interviewten die Forscher bleibend schwer beeinträchtigte Unfallopfer. Als Kontrollgruppe interviewten sie auch Menschen, die weder im Lotto gewonnen, noch einen Unfall oder andere traumatische Erlebnisse gehabt hatten.

      Das Ergebnis dieses Vergleichs relativiert die allgemeinen Annahmen über Glück. Die Lottogewinner berichteten zwar von positiven Veränderungen – dazu gehörten finanzielle Sicherheit, mehr Freizeit und ein höherer sozialer Status – allerdings ergab die Auswertung aller ihrer Antworten, dass sie insgesamt nicht glücklicher waren als die Kontrollgruppe. Auch für die Zukunft sagten sie sich kein gesteigertes Wohlbefinden voraus.

      Die Forscher benannten auch die Gründe dafür. Die Lottogewinner empfanden verschiedene alltägliche Aktivitäten als weniger beglückend als die Kontrollgruppe. Ein liebevoll angerichtetes Frühstück, mit Freunden zu

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