Der Glückskompass. Michael Kunze

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Der Glückskompass - Michael Kunze

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wir unversehens zu viel Geld kommen, hat das nicht nur positive Auswirkungen. Andere positive Ereignisse in unserem Leben können dadurch bedeutungsloser werden. Am Ende sind wir nach dem Geldsegen womöglich sogar unglücklicher als zuvor.

      Bei den Unfallopfern zeigte sich ein ähnliches Bild, nur andersherum. Sie waren im Durchschnitt recht glücklich, wenn auch nicht ganz so glücklich wie die Lottogewinner und die Kontrollgruppe. Besonders an die Zeit vor ihrem Unfall zurückzudenken, löste bei ihnen vor allem Wehmut aus.

      Die Mühen ihrer Behinderung hätten nahegelegt, dass sie auch in der Gegenwart eher unglücklich waren. Diese Annahme erwies sich jedoch als falsch. Die Unfallopfer freuten sich zwar weniger als die Kontrollgruppe an kleinen Dingen des Alltags, aber dramatisch war der Unterschied nicht. Die Unfallopfer lagen mit ihren Antworten im Schnitt immer noch deutlich auf der glücklichen Seite. Ihre Zukunftsaussichten bewerteten sie ähnlich positiv wie die anderen beiden Gruppen.

      Das Fazit des Vergleichs lässt sich in zwei einfachen Erkenntnissen zusammenfassen.

      Erstens. Glück ist relativ. Je nach Ausgangslage steigern unterschiedliche Dinge unser Glücks- und Unglücksempfinden.

      Zweitens. Wir gewöhnen uns mit der Zeit an neue Lebenssituationen, egal ob sie eine Veränderung zum Besseren oder zum Schlechteren gebracht haben, egal wie extrem die Veränderung war. Auf Dauer sind wir trotz Veränderung weder wesentlich glücklicher noch wesentlich unglücklicher. Das Glück pendelt sich immer wieder ein. Ein Grund mehr, immer zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.

      GLÜCK IST IMMER MÖGLICH

      Kehren wir damit zurück zu Philippe und Driss. In unserer Geschichte mit diesen beiden Helden hat sich Phillippes Glücksgefühl nach den beiden Katastrophen in seinem Leben noch nicht wieder eingependelt. Es ist davon sogar noch weit entfernt, als er eines Tages einen neuen persönlichen Assistenten braucht. Mit den Bewerbern ist er jedoch unzufrieden. Am meisten stoßen ihn jene ab, die Lebenssinn für sich selbst suchen, indem sie behinderten Menschen helfen.

      Auch Driss bewirbt sich bei Philippe, allerdings mit einem ganz anderen Motiv. Driss rechnet sich gar keine Chancen auf den Job aus. Er will damit nur die Streichung seiner Arbeitslosenunterstützung durch das Sozialamt verhindern. Von Philippe braucht er nur eine Unterschrift. Mitleid hat er nicht mit ihm. Er begegnet Philippes Behinderung vielmehr mit Humor und klaut ihm nebenbei ein paar Wertsachen.

      Philippe stellt ihn genau deshalb ein, obwohl Driss keine Ahnung vom Job eines persönlichen Assistenten hat. Er empfindet den Mangel an Mitleid als Voraussetzung dafür, dass sich sein Leben einmal mehr und diesmal wieder zum Positiven verändern kann. Durch Driss’ direkte und offene Art lernt Philippe, dass er seine Situation akzeptieren muss, um wieder ein glücklicher Mensch zu werden.

      Umgekehrt genießt Driss das Leben im Luxus an der Seite des reichen Philippe, bis ihn seine Vergangenheit einzuholen droht. Die beiden trennen sich. Einmal mehr ist Philippe wieder umgeben von Menschen, die ihn bemitleiden und als hilflosen Patienten betrachten. Es ist diese Behandlung, nicht seine Behinderung, die Philippe die Lebenslust nimmt.

      Als Driss vom schlechten Zustand Philippes erfährt, kommt er zurück. Um Philippe aufzumuntern, setzt Driss ihn kurzerhand in einen Sportwagen und rast los. Es dauert nicht lange, da liefern sie sich eine wilde Verfolgungsjagd mit der Pariser Polizei. Einer Bestrafung entgehen sie, indem Philippe einen Anfall vortäuscht.

      Zuletzt fahren die beiden an den Ärmelkanal, wo Philippe endlich den entscheidenden Schritt in ein neues Leben setzt. Er trifft seine Brieffreundin Éléonore, die von seiner Behinderung nichts weiß. Lange ist er ihr aus dem Weg gegangen, aus Furcht, seine Behinderung könnte sie abschrecken.

      Am Ende der Geschichte erkennt Philippe, dass es nicht seine Behinderung ist, die ihn davon abhält, glücklich zu sein. Es ist die damit verbundene Überzeugung, nicht mehr glücklich sein zu können. Die Menschen um ihn herum, die nicht wissen, wie sie mit ihm umgehen sollen, verstärkten lange diese Überzeugung. Erst Driss behandelte ihn ganz normal. Das machte die beiden zu mehr als zu Assistent und Kunde. Sie wurden ziemlich beste Freunde.

      »Ziemlich beste Freunde« wurde in Frankreich zu einem der erfolgreichsten Filme überhaupt und erlangte auch international große Bekanntheit. Das Drehbuch beruht auf der Lebensgeschichte des Millionärs Philippe Pozzo di Borgo, der nach einem Paragliding-Unfall querschnittsgelähmt war, und seinem Assistenten, dem Algerier Abdel Sellou.

      Was zeigt diese wahre Geschichte?

      Glück ist immer möglich. Es wartet in jeder Lebenslage. Das bestätigen die unter dem Titel »Ziemlich beste Freunde« verfilmte Autobiografie von Philippe Pozzo di Borgo und die genannte Studie des Psychologen Philip Brickman und seiner Kollegen gleichermaßen.

      DAS PRINZIP DER DREI MONATE

      Wie positiv oder negativ sich bedeutende Lebensereignisse auf unser Glücksempfinden auswirken, das fragten sich auch der südkoreanische Psychologe Eunkook Suh von der Yonsei Universität in Seoul und die beiden amerikanischen Psychologen Ed Diener und Frank Fujita. Sie beforschten einen Zeitraum von vier Jahren.

      Ihre Ergebnisse bestätigten das bisher Gesagte. Tatsächlich haben einschneidende Lebensereignisse nur vorübergehend Einfluss darauf, wie glücklich oder unglücklich wir sind. Danach verblasst ihre Wirkung. Wie lange das dauert, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein, doch nach drei Monaten hatten die meisten Ereignisse ihre Wirkung auf das Glücksempfinden der Studienteilnehmer verloren. Länger wirkten sich nur besonders tragische Ereignisse, wie der Tod eines Familienmitglieds, aus. Das gilt auch für besonders positive Ereignisse wie Lottogewinne oder Hochzeiten. Unser weiteres Glücksempfinden hängt davon ab, wie sich unser Leben nach einem Lottogewinn oder einer Hochzeit weiter gestaltet und in welche Richtung wir es selbst beeinflussen.

      Egal welches Unglück oder welches Glück uns zustößt, nach etwa drei Monaten hat sich unser Glücksempfinden wieder eingependelt. Womit wissenschaftlich belegt ist, dass alles Schlimme vorübergeht und dass es kein Happy End für immer gibt. Daran sollten wir immer denken, in den schlimmen genau wie in den schönen Momenten. Denn es macht uns widerstandsfähiger und dankbarer. Es hilft uns, im Moment zu leben und das macht unser Leben intensiver.

      Die Erholung von negativen Ereignissen gelingt uns umso besser, je weniger wir uns negative Dinge aus unserer Vergangenheit ständig vergegenwärtigen. Verdrängung ist allerdings auch keine gute Lösung.

      Um glücklicher zu werden, müssen wir das Negative zunächst an uns heranlassen, es eingehend betrachten, daraus lernen, ihm damit die Kraft nehmen und es dann loslassen, damit es uns loslässt.

      Wir sollten uns weniger auf die Dinge konzentrieren, die waren. Vielmehr sollten wir Kraft aus dem schöpfen, was jetzt ist und was uns Freude bereitet. Konzentrieren wir uns vor allem darauf, dann finden wir auch etwas, das uns glücklich macht.

      WELLENBEWEGUNG DES GLÜCKS

      Interessanterweise hat die Langzeitstudie von Eunkook Suh auch ergeben, dass positive und negative Phasen unseres Glücksempfindens meist erstaunlich stabil sind. Eine Zeit lang war das Glück der Teilnehmer höher, dann wieder eine Zeit lang niedriger. Es scheint in Wellen von mehreren Monaten bis zu eineinhalb Jahren zu verlaufen. Je nach Persönlichkeit der Teilnehmer bewegten sich diese Wellen in den vier Jahren rund um einen Mittelwert eher im positiven, im mittleren oder im negativen Bereich des Glücksempfindens.

      Persönlichkeit ist ein wichtiger Faktor für unser Glücksempfinden.

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