Entlehrt euch!. Rolf Arnold

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die destruktive und bisweilen polemisierende Kraft, mit der Einzelne sich in den Streit um die Wirklichkeit werfen. Es geht dabei um Rechthaben und Bewerten, weniger um Klärung. Eine selbsteinschließende Beobachtung des eigenen Gewissheitsaufbaus oder gar den tastenden Versuch, die dabei wirksamen Annahmen zu reflektieren oder womöglich zurückzunehmen und sich einer Pluralität der wissenschaftlichen Weltsichten zu öffnen, erwartet man vergebens. Materialisten wie Realisten meinen, über stringente und universal gültige Formen des Erkennens zu verfügen, sie klammern den bloßen Annahmecharakter ihrer eigenen Formen des Beobachtens, Wahrnehmens und Bewertens aus und zeihen andere der Unvernunft.

      Nur so ist zu erklären, dass Ludwig Pongratz, einer ihrer eiferndsten Vertreter, in seinem nicht enden wollenden Kampf gegen systemisch-konstruktivistische Denkansätze sich immer und immer wieder auf die insgesamt eher belanglose Dissertation von Ralf Nüse bezieht, der glaubte, das erkenntnistheoretische Programm des Konstruktivismus (vgl. von Glasersfeld 1996) mit dem lapidaren Hinweis ad acta legen zu können, dass, »wenn man keinen Zugang zur Umgebung hat, man (dann) auch nicht feststellen (kann), dass man keinen hat« (Nüse 1995, S. 251). Dieser Hinweis ist nicht substanziell, er gilt auch umgekehrt: Wer annimmt, dass sein Gehirn ihm zutreffende Abbilder von der Wirklichkeit zu erzeugen vermag, der vermag auch nicht zu (be)denken, dass er gar keinen Bezug zu derselben aufzunehmen vermag. Er ist letztlich nicht zu einem selbstreflexiven Umgang mit Evidenzen in der Lage, ihm entgeht deren letztlich soziale Konstruktion ebenso wie ihre emotionale Verankerung im Set mitgebrachter und eingespurter Vorstellungen. Damit ist er dann auch nicht in der Lage, sich ein anderes Bild von der Wirklichkeit zu machen als das, welches er schon immer annahm. Materialisten und Neorealisten können sich ebenso wenig mit der Koevolution weitgehend mit sich selbst befasster Gehirne adäquat auseinandersetzen, da sie deren Verhältnis als zueinander geöffneter annehmen, als es – nach allem, was uns die sozial konstruierten Evidenzen zeigen – zu sein scheint. In ihrer fundamentalistischen Wende beraubt sich die materialistische Bildungstheorie zudem gerade eines wesentlichen Elements ihrer eigenen Ursprungsprogrammatik, nämlich der Möglichkeit zum Entwurf einer Wirklichkeit, die anderen als den angenommenen Mechanismen Ausdruck zu verschaffen mag.

      Die Irrealität der Evidenz anzuerkennen, bedeutet keineswegs, der Beliebigkeit Tür und Tor zu öffnen. Evidenzen sind so lange anerkannt, als sie viable, d. h. gangbare, Wege eröffnen, wobei die Kriterien zur Bemessung der Gangbarkeit historisch variabler sind, als ursprünglich vermutet. Ein Blick in die Geschichte der wissenschaftlichen Irrtümer zeigt dies überdeutlich (vgl. Zankl 2003, 2004). Dies gilt nicht nur für die Naturwissenschaften, sondern auch für Geistes- und Sozialwissenschaften, deren Gegenstände zudem einer mathematisierten Beobachtung unzugänglicher sind, weil sie sich durch Tradition und Deutung konstituieren – eine Logik, von der aber auch die exakten Wissenschaften nicht ganz frei sind. Dennoch gilt:

      Mehr als eine vorübergehende Gewissheit und Viabilität ist in Anbetracht der wechselseitigen Vorausgesetztheit von Beobachter und Beobachtetem nicht zu haben (vgl. Arnold/Neuser 2017).

      Und zu diesen Evidenzen zählt auch die Unmöglichkeit einer annahmefreien Beobachtung – eine Einschätzung, die auch für die gerade eben geäußerte Vorstellung gilt. Was an dieser konstruktivistischen Selbstwidersprüchlichkeit gravierender sein soll als an der bloßen Behauptung einer abbildstiftenden Beobachtung dessen, was ist, bleibt unerfindlich. Indem die Illusion der abbildstiftenden Beobachtbarkeit ihre sich bestätigenden Annahmen mit dem Nimbus der Evidenz ausstattet, wird sie ebenso zur Belehrungsinstanz wie die Bescheid wissenden Zwischenrufe von Materialisten und Realisten. Diese geben vor, zu wissen, was »unsinnig« ist, ohne zu sehen, dass bereits der simple Sachverhalt, dass sich ihnen unter der Hand die Art und Weise, wie sie seit drei Jahrzehnten über Bildung und Erziehung denken und schreiben, fast schon zu einer Art Marotte entwickelt hat, die unübersehbar der Logik eines »Ich-möchte-so-bleiben-wie-ich-bin« folgt und die gegenüber den Möglichkeiten einer sich verändernden Welt blind bleibt.

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