Lernendenorientierung. Tobias Zimmermann

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Lernendenorientierung - Tobias Zimmermann Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung

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Studienaufwand. Es ist zu betonen: Das ist das Zeitbudget einer «typischen Semesterwoche»; davon unterscheidet sich das Zeitbudget in den Semesterferien bestimmt erheblich, wurde aber nicht erhoben.

      Nach diesen Angaben tangiert die Erwerbstätigkeit das Vollzeitstudium nicht erheblich. Es handelt sich jedoch wie andernorts auch um Durchschnittswerte. Wird aber der Zusammenhang zwischen Studium und Erwerbstätigkeit bei unterschiedlichem Grad von Erwerbstätigkeit betrachtet, dann zeigt sich: Je grösser die Erwerbstätigkeit, desto geringer der Aufwand für das Studium, desto grösser aber auch das Gesamtarbeitsvolumen. Mit anderen Worten: Erwerbsarbeit während des Studiums geht sowohl zulasten des Studiums als auch der frei verfügbaren Zeit (BFS 2010a, S. 106).

      Schlussbemerkung: Diese kurzen Angaben zu den Studierenden können nicht mehr sein als einige wenige Streiflichter. In der Publikation des Bundesamtes für Statistik werden Beziehungen zwischen den genannten Aspekten diskutiert, ebenso Beziehungen zu Herkunftsvariablen, persönlichen Variablen wie Geschlecht und Alter und Variablen des Studiums (Fachbereich, Studienstufe). Aus der Kombination dieser Variablen liessen sich Profile von unterschiedlichsten Studierendenteilgruppen bilden und einander gegenüberstellen. Mehr noch als bei der Herkunft und den Tätigkeiten vor Studienbeginn machen sie unterschiedliche Bedeutungen und Gewichtungen des Studiums deutlich.

      Diskussion und Ausblick

      In den letzten zehn Jahren ist die Studierendenzahl in den FH/PH stark gestiegen, nicht zuletzt auch wegen des Aufbaus neuer Fachbereiche wie Gesundheit. Der Frauenanteil nahm zu, nicht nur in diesen neuen (GSK-) Fachbereichen, sondern auch in den TWD-Bereichen. In den Szenarien des Bundesamtes für Statistik (BFS 2010b) wird eine weitere Zunahme des Frauenanteils sowie auch der ausländischen Zulassungsausweise prognostiziert.

      Wichtiger scheinen allerdings Veränderungen zu sein, die mit den eingangs dieses Beitrages skizzierten zwei Entwicklungen zusammenhängen. Ihre Auswirkungen auf totalisierende Indikatoren wie z. B. die Berufsmaturquote oder das durchschnittliche Eintrittsalter sind nur schwer abschätzbar. Umgekehrt lassen sich diese Entwicklungen dementsprechend oft nur schwer aus den allgemeinen Indikatoren ablesen.

      Die Politik der Bildungsexpansion und der erhöhten Durchlässigkeit ist gewiss eine Antwort auf gestiegene Bildungsnachfragen, genauso aber auch deren Ursache. Sie formuliert die Erwartung an die Individuen, einen möglichst hohen Bildungsstatus zu erwerben bzw. das eigene Potenzial auszuschöpfen, und sie ermuntert sie dazu, dies nach individuellem Zeitplan zu tun («es ist nie zu spät …»; «ein Umweg und ein zweiter Versuch lohnen sich …»). Bildung bzw. der Erwerb von Bildungszertifikaten ist nicht mehr auf eine bestimmte Lebenslaufphase beschränkt, sondern zunehmend Teil des ganzen Lebenslaufs – mit dem Ziel, sich auf einem spezifisch-einzigartigen Weg eine individuelle Kombination von Kompetenzen anzueignen. Weiter ist offensichtlich, dass formale Bildung immer mehr zu einer zwar notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung für die Erlangung beruflicher Positionen geworden ist. Neben der formalen Bildung spielen non-formale und in-formale Bildungsprozesse eine wachsende Rolle. Darauf reagieren die Studierenden unter anderem mit ihren dem Studium vorgelagerten und parallelen Tätigkeiten und Laufbahnen. Einen wichtigen Aspekt dieser Entwicklung bildet die aktuelle Diskussion des Modells für den Hochschulübertritt. Das bisherige Berechtigungsmodell, nach dem ein Bildungsabschluss ohne Einschränkung zu diesem oder jenem Eintritt in die nächsthöhere Stufe berechtigt, wird zunehmend abgelöst durch ein Modell der freien Aufnahmeberechtigung (Selektionsfreiheit) der nächsthöheren Stufe: Die Hochschulen wollen als Studierende nicht aufnehmen müssen, wer sich bei ihnen mit einem Zulassungsausweis anmeldet, sondern sie nach eigenen Kriterien selektionieren können.3 Denn sie stehen unter starkem Wettbewerbsdruck und versuchen, sich durch Differenzierungen spezifische Profile zu schaffen. Eine Möglichkeit dazu bilden Studienangebote, die sich an ganz bestimmte Studierende richten, welche dann auch gezielt angeworben und selektioniert werden sollen. Dazu kann die Adressierung einer – gesamtschweizerisch gesehen – Minderheit gehören – für einen technischen Studiengang z. B. von Absolvierenden einer gymnasialen Matur (und allenfalls eines abgebrochenen ETH-Studiums) oder im Gegenteil z. B. von Personen mit einer ausgeprägten praktischen Ausbildung und Laufbahn. Schon jetzt differiert die Zusammensetzung der Studierenden im gleichen Fachbereich, aber in unterschiedlichen Fachhochschulen erheblich – auch was den Zulassungsausweis betrifft. So ist es durchaus denkbar und sogar wahrscheinlich, dass diese Zusammensetzungen sich weiter auseinanderentwickeln. Am Durchschnitt braucht sich deshalb nicht viel zu ändern.

      Aus diesen Überlegungen lassen sich zwei Folgerungen ziehen: Die relevanten Veränderungen bei der Diversität der Studierenden in den nächsten Jahren werden wahrscheinlich auf einer Ebene stattfinden, welche durch aggregierte Bildungsindikatoren (nationale Durchschnittswerte) nur schwer erfassbar ist. Zudem entsteht zunehmend ein neues Verhältnis zwischen Diversität der Studierenden und Selektion. Als Folge des Profilierungsdrucks benutzt und fördert die Selektionspolitik immer mehr die Diversität der Studierenden – was durchaus nicht ausschliesst, dass diese Diversität in der politischen Diskussion als unerwünschte Aufweichung von vorgesehenen Ordnungsmustern qualifiziert wird.

      Literatur

      Bundesamt für Statistik (2010a). Studieren unter Bologna. Hauptbericht der Erhebung zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden an den Schweizer Hochschulen 2009. Neuenburg: BFS.

      Bundesamt für Statistik (2010b). Bildungsperspektiven. Szenarien 2010–2019 für die Hochschulen. Neuenburg: BFS.

      Bundesamt für Statistik (2010c). Bildungsabschlüsse 2009. Sekundarstufe II und Tertiärstufe. Neuenburg: BFS.

      Bundesamt für Statistik (2011a). Maturitäten und Übertritte an Hochschulen 2010. Neuenburg: BFS.

      Bundesamt für Statistik (2011b). Studierende an den Fachhochschulen 2010/11. Neuenburg: BFS.

      Kiener U., in Zusammenarbeit mit F. Wittmann und R. Bürgin (2010). Bachelor-Studierende an der ZHAW. Laufbahnen, Selbsteinschätzungen und Pläne von Neu-Studierenden 2008. Winterthur: ZHAW. Online: www.zhaw.ch/fileadmin/php_includes/popup/hop-detail.php?hop_id=1110669191 [1.7.2012].

      Urs Kiener, lic.oec.publ., arbeitet an der ZHAW (Fachstelle Hochschulforschung, Dozent) und als freiberuflicher Sozialwissenschaftler. Arbeitsschwerpunkte: Hochschulen, Bildungslaufbahnen, Bildungspolitik, Forschung.

       Anhang

      Tabelle (zu Abbildung 1) Studierende im Diplom-, Bachelor- und Masterstudium an Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen nach Fachbereich (Anzahl absolut), Frauen- und Ausländer/innen-Anteil, 2010/11

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      Quelle: BFS 2011b, S.16

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Alter 19
Vorbildung Sekundarschule, Matura, Schwerpunkt Musik
Hochschule ZHdK
Studiengang Musik: Klarinette
Semester 2. Semester Bachelor

      Verfasst von Isabelle Rüedi

      Wir alle kennen die ständig wechselnden und sich selten erfüllenden

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