Kompetenzorientiert unterrichten - Das AVIVA. Willy Obrist

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Kompetenzorientiert unterrichten - Das AVIVA - Willy Obrist hep praxis

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      Ein paar allgemeine Bemerkungen zu den drei Typen von Ressourcen:

      Wissen: Wissen lässt sich häufig in Aussagesätzen fassen. Diese Art von Wissen wird als deklaratives Wissen bezeichnet (Kaiser 2005, 2008). Die Lernenden müssen zum Beispiel Fachbegriffe kennen, deren Bedeutung verstehen und Zusammenhänge zwischen ihnen nachvollziehen und benennen können. Dieser Typus von Wissen beschränkt sich indessen nicht auf sachliche Inhalte. Auch bei den Arbeits- und Lerntechniken ist deklaratives Wissen wesentlich: Die Lernenden erwerben Kenntnisse über mögliche Vorgehensweisen, einen möglichen Arbeitsablauf. Das genügt freilich nicht. Sie müssen auch wissen, wie man sich einer Technik bedient (»Wissen, wie«, prozedurales Wissen, vgl. Euler/Hahn 2007, S. 109). Und weiter müssen sie wissen, wann und unter welchen Umständen man eine bestimmte Arbeits- und Lerntechnik mit Gewinn einsetzt. Solches Expertenwissen, das Handeln in der konkreten Umsetzung steuert, bezeichnen wir als konditionales Wissen. Zur Ressource Wissen gehört schließlich das Wissen über sich selbst als Lernende/n (fachliches Vorwissen, Lerngewohnheiten, eigenes Lernstrategierepertoire), über die Lernsituation (Metzger 2001, S. 43) und über Aufgaben und Aufgabentypen (Büchel/Büchel 2009, S. 33–38). Solches Wissen bezeichnen wir als Metawissen.

      Fertigkeiten: Die Lernenden müssen ihr Wissen auch in bestimmten Situa­tionen anwenden können; dazu brauchen sie Fertigkeiten, also Verhaltensweisen, die im Verlauf der Ausbildung in Form von Lern- und Arbeitstechniken gezielt geschult werden und mit der Zeit in Fleisch und Blut übergehen.

      Haltungen: Als Haltungen bezeichnen wir die inneren Einstellungen eines Menschen, seine Werte und Normen. Haltungen prägen das Handeln wesentlich mit. Beispiele für Haltungen in diesem Sinne sind etwa Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Toleranz und Interesse am Umfeld.

      Aus diesem Begriffsverständnis leiten wir für unser Buch folgende Regeln ab:

      1) Werden bei kompetentem Handeln Ressourcen gebündelt, müssen diese Ressourcen schon vorhanden sein – im Unterricht werden sie also zunächst aufgebaut, weiterentwickelt und systematisiert.

      2) Kompetentes Handeln ist immer situationsbezogen – und jede Situation ist anders. Situationen lassen sich allerdings auch typisieren und konstruieren. Dies sind für die Ausbildung im schulischen Bereich zentrale Annahmen.

      Wie lassen sich nun Kompetenzen im konkreten Unterricht fördern ? Welche didaktischen Maßnahmen führen zu welchem Ergebnis? Durch welche methodischen Settings lassen sich welche Ressourcen gezielt aufbauen, fördern, anwenden und evaluieren? Diese Fragen beantworten wir mit diesem Buch.

      Kompetenzorientiert unterrichten

      Aus unserem Konzept von »Kompetenz« (→ Abbildung 1) ergibt sich ein einfaches didaktisches Grundmuster: Im kompetenzorientierten Unterricht werden 1) gezielt Ressourcen aufgebaut, und es werden 2) Gelegenheiten geboten, in denen die Lernenden (wenn auch vielleicht nur übungshalber) Kompetenz beweisen, kompetent handeln können – in denen sie Ressourcen also »bewusst aktivieren«, »kreativ und funktional bündeln« und in der Umsetzung Erfahrungen sammeln können. Im Unterricht werden »Situationen« geschaffen, die genau dies erlauben. Dazu setzen die Lehrpersonen ganz gezielt bestimmte methodische Settings ein.

      Zwei Präzisierungen dazu, auf die in diesem Buch immer wieder Bezug genommen wird:

      1) Beim Aufbau von Ressourcen und bei der Förderung der Kompetenzen lässt sich stets ein »direktes« und ein »indirektes« Vorgehen unterscheiden.

      2) Ein kompetenzorientierter Unterricht kann immer aus zwei Perspektiven beschrieben und analysiert werden: von der Außenseite, die als Verlauf von Unterricht zu erkennen ist, und in einer Innensicht, die sich auf den Lernprozess selbst bezieht, den Aufbau von Ressourcen.

      Direktes und indirektes Vorgehen

      Beim direkten Vorgehen ist es die Lehrperson, die vorgibt, welche Ressourcen für das Bearbeiten einer vorgegebenen Situation benötigt werden. Bildlich gesprochen: Die Puzzleteile werden den Lernenden einzeln präsentiert; die Lehrperson zeigt, wie die Teile zusammenpassen, mit welchem Wissen und welchen Fertigkeiten sie eine Situation meistern können. In solchen Settings ist das Vor- und Nachmachen ein wichtiger metho­discher Zugang. Mithilfe von Lehrmitteln zum Thema »Lernen lernen« oder konkreten Arbeitsanweisungen erhalten die Lernenden Einblick in verschiedene Vorgehensweisen und entwickeln gezielt Ressourcen. Mit der Zeit entsteht für sie aus den einzelnen Teilen ein Ganzes. Nachdem ihnen die Instruktion der Lehrperson den Weg gewiesen hat, sind sie allmählich in der Lage, eine vorgegebene Situation planmäßig anzugehen und selbst zu meistern. Solch schrittweises, durch die Lehrperson gelenktes Vorgehen ist dann sinnvoll, wenn die Lernenden noch über wenig Ressourcen verfügen oder wenn die Ausbildungssituation den Einsatz ganz bestimmter Ressourcen voraussetzt.

      Beim indirekten Vorgehen wird den Lernenden lediglich eine komplexe Situation vorgegeben. Sie versuchen autonom, die Situation mit den vorhandenen Ressourcen zu analysieren und herauszufinden, wie ein Problem gelöst werden kann. Aufgrund der Analyse wird festgehalten, welche Ressourcen in den Feldern »Wissen«, »Fertigkeiten« und »Haltungen« allenfalls noch zu erwerben, zu optimieren oder zu hinterfragen sind. Im Anschluss an die Analyse wird im Team das weitere Vorgehen geplant, werden die nächsten Schritte definiert. Beim indirekten Vorgehen ist also bereits zu Beginn das ganze Bild ersichtlich; die Lernenden können jeden weiterführenden Schritt stets mit der zu lösenden Situation in Verbindung bringen und versuchen, sie aus eigener Kraft zu meistern, ohne dass die Lehrperson mit methodischen Vorgaben eingreift.

      Selbstverständlich markieren die Begriffe direktes und indirektes Vorgehen nur die Eckpunkte eines Kontinuums – im konkreten Unterricht sind stets auch Zwischenformen und Übergänge denkbar. Darüber hinaus lassen sich die beiden beschriebenen Verfahren ergänzen: durch isoliertes, eingebettetes oder kombiniertes Training von Lerntechniken und Arbeitsstrategien (Dubs 2009, S. 261). Beim isolierten Training werden eigenständige Unterrichtseinheiten zur Förderung bestimmter Techniken und Strategien eingeschaltet, wie sie in manchen Lehrplänen bereits vorgesehen sind. Beim eingebetteten Strategie- und Kompetenzentraining wird in den Lehrplänen ausgeführt, welche Kompetenzen mit welchen Inhalten oder Leistungszielen in Verbindung gebracht werden können. Selbstverständlich lassen sich die verschiedenen Formen bei der Gestaltung konkreten Unterrichts auch mischen.

      

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      Welches Vorgehen kommt wann zum Zug? In einer Klasse von Lernenden, die über wenig Vorwissen verfügen, werden wir zunächst den direkten oder gelenkten Weg einschlagen, aber immer mit dem Ziel, zum indirekten Vorgehen zu wechseln, sobald die Lernenden dazu bereit und motiviert sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Haltung der Lehrperson. Die Lernenden sind eher dazu bereit, sich gezielt auf die Förderung von Kompetenzen einzulassen, wenn die Lehrperson sinnvolle Aufgaben und Probleme stellt und immer wieder darauf achtet, die Lernenden in diesem Prozess sorgsam zu begleiten. Zudem entscheiden bei den Lernenden motivationale Faktoren, ob sie überhaupt dazu bereit sind, ihre Lern- und Arbeitsgewohnheiten anzupassen (vgl. dazu die Ausführungen auf Seite 23).

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