Kompetenzorientiert unterrichten - Das AVIVA. Willy Obrist

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Kompetenzorientiert unterrichten - Das AVIVA - Willy Obrist hep praxis

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      Das AVIVA©-Modell

      Die fünf Phasen im kompetenzorientierten Unterricht

      Die Gestaltung des Unterrichts hat wesentlichen Einfluss auf die Art und Weise, wie in der Schule gelernt wird. Wenn immer alle Fäden in der Hand der Lehrperson zusammenlaufen, werden die Lernenden nie dazu ermutigt, ihr Lernen selbst zu steuern. Wenn die Lehrperson den Lernenden von Anfang an inhaltlich und methodisch das Feld überlässt, ist die Chance, dass diese sich selbstständig Wissen und Können aneignen, genauso gering, da ihnen vielfach nicht klar sein kann, wie sie in einer bestimmten Situation vorgehen sollen. Es sind also wohl dosierte Anteile von Instruktion, eine gute Balance zwischen Steuerung durch die Lehrperson und Elemente des selbstregulierten Lernens, von direktem und indirektem Vorgehen (→ Seite 13) –sowie eine klare Vorstellung, welche Phasen der Unterricht durchlaufen muss, nötig.

      Fünf Phasen des Unterrichts

      In Abbildung 8 sind fünf elementare Phasen des Unterrichts skizziert, die den Ablauf des Lernprozesses modellhaft nachbilden. Lernen setzt zunächst eine bestimmte Grundstimmung voraus, die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen (»Ankommen und einstimmen«). Beim schon Vorhandenen (»Vorwissen aktivieren«) setzt das eigentliche Lernen (»Informieren«) erst an und baut darauf auf. Damit das Neue sich festigen kann, braucht es Gelegenheit zur Anwendung, Vertiefung und Übung, bis es fest verankert ist (»Verarbeiten«). Und schließlich wird man sich beim Lernen immer wieder Rechenschaft über den zurückgelegten Weg ablegen und Bilanz ziehen, bevor die nächste Wegstrecke in Angriff genommen wird (»Auswerten«).

      Es ist wichtig, dass sich schulischer Unterricht an diesen Phasen orientiert, damit der Lernprozess inhaltlich und methodisch sauber und vollständig durchlaufen wird, ganz egal, ob man direkt oder indirekt vorgehen will.

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      Zu jeder Phase wird nun die Lehrperson in der Unterrichtsvorbereitung geeignete Methoden bestimmen, mit deren Hilfe die Lernenden die Inhalte erarbeiten. Das Zusammenspiel von Phasen und Methoden bezeichnen wir als Choreografie des Unterrichts (vgl. Oser/Baeriswyl 2001). Vorgegeben ist der Lernweg (Phasen), mehr oder weniger frei wählbar ist der methodische Zugriff, also die Art und Weise, wie der Unterricht gestaltet wird (Städeli/ Obrist 2013, S. 53 f.), wobei sich freilich nicht jede Methode für jede Phase gleichermaßen eignet (vgl. Abbildung 9, S. 35).

      Jeder Unterricht hat eine äußere und eine innere Seite (vgl. Seite 16). Außen ist sichtbar, in welcher Organisations- und Sozialform der Unterrichtsprozess bei einer gegebenen Methode gestaltet wird. Ihre Außenseite zeigt also, wie der Unterricht aufgebaut und rhythmisiert ist (vgl. Abbildung 9, Kreis 1). Mit Innenseite meinen wir die Aktivitäten der Lernenden bei der fraglichen Methode, die Art und Weise, wie sie Inhalte, Ziele und Vorgehensweisen miteinander verknüpfen, wie sie also durch Aufgaben- und Problemstellungen Ressourcen aufbauen und einsetzen müssen, um das vorgegebene Ziel zu erreichen, kurz: wie sie lernen (→ Abbildung 9, Kreis 2). Mit jeder Methode erwerben die Lernenden bei der Umsetzung Strategien, die sie befähigen, in Zukunft vergleichbare Situationen zu meistern. Als Strategien bezeichnen wir die komplexen Vorgehensweisen bei der Lösung einer Aufgabe oder der Bearbeitung eines Problems (vgl. Wild/ Hofer/Pekrun 2006, S. 245; vgl. auch S. 18 ff.).

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      Rolle und Stellenwert der Methoden im AVIVA©-Modell

      Was verstehen wir unter »Methoden«?

      Unterrichtsmethoden sind, wie Hilbert Meyer (2005, S. 45) schreibt, »Formen und Verfahren, in und mit denen sich Lehrer und Schüler die sie umgebende natürliche und gesellschaftliche Wirklichkeit unter institutionellen Rahmenbedingungen aneignen«. Bezogen auf den kompetenz­orientierten Unterricht nach AVIVA©, bedeutet dies, dass durch den Einsatz von Methoden gezielt »Situationen« geschaffen werden, die möglichst viel mit der »natürlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeit« zu tun haben. In diesen Lehr-Lern-Arrangements unter den »institutionellen Rahmenbedingungen« von Unterricht können sich die Lernenden Ressourcen aneignen oder die bereits erworbenen Ressourcen in noch wenig bekannten Feldern anwenden. Diese Zusammenhänge sind in Abbildung 10 dargestellt.

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      Bei der Planung von Unterricht stellt die Lehrperson aber nicht die methodischen Settings in den Vordergrund, sondern überlegt sich zuerst, welche Ressourcen aufgebaut und gefördert werden sollen. Bei der Ressource ­Wissen erstellt sie eine inhaltliche und thematische Struktur (vgl. Städeli/Obrist 2013, S. 39) und denkt darüber nach, mit welchen Ressourcen aus den Bereichen Fertigkeiten und Haltungen die entsprechenden Inhalte verbunden werden können – dies natürlich in Übereinstimmung mit den Zielen, die in den Lehrplänen vorgegeben sind. Unterrichtsziele, -inhalte und -methoden stehen immer in Wechselwirkung zueinander.

      Wir dürfen also unsere methodischen Vorbereitungsarbeiten und unser methodisches Handeln einerseits nie von den Inhalten und Zielen abkoppeln. Zum andern aber – und das ist entscheidend – soll unsere Methodik in einem kompetenzorientierten Unterricht kurz-, mittel- oder langfristig dazu führen, dass die Lernenden ihr Arbeiten selbstständig angehen können. Wir wählen demzufolge methodische Settings, in denen die Lernenden immer häufiger selbstreguliert arbeiten können, wechseln also mit der Zeit vom direkten zum indirekten Vorgehen (→ Seite 13) – das ist das Ziel.

      Hier stehen wir allerdings vor einem Dilemma (vgl. Meyer 2005, S. 55): Durch die methodische Vorstrukturierung der Lehrperson sollen die Lernenden in Situationen gebracht werden, in denen sie etwas lernen sollen, was sie noch nicht können; dieses können sie aber nur erlernen, wenn sie es tun. Und dabei sind es immer die Lehrpersonen, die bestimmen, durch welche methodischen Settings die Lernenden zur Selbstständigkeit geführt werden sollen. Die Lernenden ihrerseits geraten

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