Rette die Welt. Aleksey Igudesman
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Die besten Lehrer lernen permanent von ihren eigenen Schülern und aus ihrem eigenen Unterricht. Diese Lehrer agieren spielerisch und ermutigen ihre Schüler zu spielerischem Lernen. Falls du ein Musiker bist, versuch so weit wie möglich auf das Wort „üben” zu verzichten. Wir spielen. Sogar, wenn wir langsam und ganz präzise spielen, um eine Passage zu verbessern, macht es Spaß, sobald wir ein Spiel daraus machen. „Üben” klingt dagegen nach mühsamer Wiederholung.
Kreativität rettet den Tag
Hurra, hurra, ich muss schon sagen,
nur kreativ lässt sich der Tag ertragen!
Ganz in der Früh auf einem langen Flug
War ich so einsam, dass ich schwer dran trug
Vorm Fenster: Regen, wie aus einem Krug.
Ich nehm den Stift, fang an, etwas zu schreiben —
Damit lässt jede Wolke sich vertreiben
Und ich krieg Lust, noch länger hier zu bleiben
Hurra, hurra, ich muss schon sagen,
Nur kreativ lässt sich der Tag ertragen!
MONAT DES LIEDES
Ich habe dieses Spiel als eine einfache Form der „kreativen Fitness” für die Ferien erfunden, aber mit der Zeit ist daraus viel mehr geworden. Inzwischen habe ich Hefte veröffentlicht, Konzerte gespielt und Soundtracks geschrieben, die aus Material bestehen, das dieses Spiel mir geliefert hat.
Es gibt eine sehr einfache Regel, die du gerne brechen kannst, solange du dich an sie hältst.
HK: Etwas zu brechen, solange man sich daran hält, ist aber echt ein Widerspruch in sich.
LX: Naja, so hab ich’s gemeint.
HK: Das macht es nicht wirklich klarer, aber was soll’s.
Während des „Monat des Liedes” schreibt man jeden Tag ein neues Stück, den ganzen Monat lang. Man setzt sich ein Zeitlimit von circa sechzig Minuten pro Tag.
Das „Lied” sollte am Ende des Tages fertiggeschrieben sein. Bewerte es nicht, sei nicht unglücklich damit. Und sei umgekehrt aber auch nicht überglücklich. Schreib es einfach.
Beim ersten Mal habe ich tatsächlich täglich ein Lied mit Text geschrieben, was eine große Herausforderung war. Aber andere Male habe ich zum Beispiel einfach ein kurzes Flöten-Solostück geschrieben. Oder ein Stück für ein anderes Instrument.
Habe ich mich die ganze Zeit erfolgreich an die Regeln gehalten, ohne zu schummeln? Natürlich nicht. Aber darum geht es nicht. Wenn du an einem Tag nicht fertig wirst, kannst du am nächsten Tag weitermachen. Du darfst ein wenig hinterherhinken. Aber nur ein wenig. Wenn du zu langsam bist, schummle.
Schreib an einem Tag ein Stück, das nur eine Seite oder noch kürzer ist.
Aber schreib es.
Vergiss nicht: Du bestimmst immer die Regeln. Wenn du das Gefühl hast, dass du in deinem Monat des Liedes für ein Stück zwei Tage benötigst, auch wenn es ein kurzes Stück ist, dann nimm dir dafür zwei Tage.
Wenn du elektronische Musik schreibst und das Programmieren ein bisschen länger braucht, dann nimm dir sogar drei Tage. Worum es geht, ist, dass du nicht den ganzen Tag damit verbringst, es zu perfektionieren. Du sollst deine Kreativität frei fließen lassen, ohne dich selbst zu beurteilen.
WIR SIND SCHWINDLER UND BETRÜGER
Selbstverurteilung ist eines der größten Hindernisse für Kreativität.
„Ich bin nicht gut genug.” Aber wer ist das schon? Und was bedeutet „gut genug”?
„Ich bin ein Schwindler, ein Betrüger.” Sind wir das nicht alle? Und liegt nicht darin die Magie? Solange wir damit davonkommen!
Ich persönlich spüre jeden Tag Selbstzweifel. Aber anstatt die Zweifel entweder die Kontrolle übernehmen zu lassen oder gegen sie anzukämpfen, betrachte ich sie, akzeptiere sie, lebe mit ihnen und heiße sie willkommen als einen zwar nervigen, aber manchmal sehr nützlichen Freund. Lass diesen nervigen Freund nicht zu oft und nur zur richtigen Zeit in dein Haus eintreten.
Sobald du deinen Monat des Liedes abschließt und du zehn, zwanzig oder sogar dreißig Musikstücke hast, die fertig sind, beginnt der detaillierte Prozess. Es ist dann an der Zeit, deinen inneren Kritiker einzuladen, einen kurzen Blick darauf zu werfen.
Sich nur selbst zu feiern und ganz ohne Selbstreflexion zu lieben, was man tut, ist nämlich auch nicht sehr produktiv. Kreativität hat viele Phasen. Die Phase nach dem Abschluss dieses kreativen Monats ist der Frage gewidmet, was sich mit dem Material anfangen lässt.
Selbstverurteilung ist eines der größten Hindernisse für Kreativität.
Manche Lieder sind vielleicht Gold wert. Und andere nur Blei. Aber auch aus Blei lassen sich sehr schöne Dinge herstellen.
HK: Superman kann nicht durch Blei sehen.
LX: Superman ist eine fiktive Figur.
HK: Vielleicht für dich!
Und es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Wähl ein paar Stücke aus und fang an, an ihnen zu feilen, sie länger oder kürzer zu machen, ihre Form zu erweitern und ins Detail zu gehen. Vielleicht gefällt dir an einem Stück nur ein kleiner Teil. Dann kann aus diesem Teil ein völlig neues Stück entstehen.
HK: Der Bildhauer Rodin hat gesagt: „Ich wähle ein Stück Marmor aus und schlage dann alles ab, was ich nicht brauche.”
LX: Er hat auch gesagt: „Nichts ist Zeitverschwendung, wenn du die Erfahrung weise nutzt.”
HK: Mein Lieblingszitat von Rodin lautet aber: „Ich erfinde nichts. Ich entdecke es wieder.” Außerdem mag ich Rodin, weil ihn nur ein Buchstabe von Robin trennt.
LX: Wegen Robin Hood?
HK: Nein, wegen Robin aus Batman und Robin!
LX: Schon wieder ein fiktiver Superheld.
HK: Heilige
Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung!!!!! Du bist so ein Spielverderber!
Wenn dir ein Lied besonders gefällt, kannst du dir die Zeit nehmen, es zu verfeinern, bis du das Gefühl hast, dass es fertig ist. Sogar deine selbstzweifelnde innere Stimme wird murrend zugeben müssen, dass es gar nicht