Des Girolamo Cardano von Mailand eigene Lebensbeschreibung. Hieronymus Cardanus
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ACHTZEHNTES KAPITEL
Liebhabereien
Ich habe Freude an feinen stilettartigen Schreibgriffeln, für die ich schon mehr als 20 Golddukaten ausgegeben habe. Große Geldsummen verwendete ich auch auf den Kauf verschiedener Arten von Federn; ich glaube sagen zu dürfen, dass mich mein ganzes Schreibzeug mehr als 200 Dukaten gekostet hat. Auch für Edelsteine habe ich eine große Leidenschaft, ferner für kleine Vasen, für Körbchen aus Bronze oder Silber, auch für kleine bemalte Glaskugeln99 und seltene Bücher. Das Schwimmen hat mir nur wenig, das Fischen sehr viel Freude gemacht, und ich habe, als ich zu Pavia wohnte, dieser Beschäftigung mich mit Eifer hingegeben und wollte, ich wäre nie davon abgekommen. Sehr gern lese ich Geschichtswerke, von den Philosophen am liebsten Aristoteles und Plotin100, abenteuerliche mystische Abhandlungen, auch medizinische Bücher. Die liebsten italienischen Dichter sind mir Petrarca101 und Luigi Pulci102. Einsamkeit ist mir lieber als der Umgang mit Freunden, denn ich habe deren nur ganz wenige ehrliche, gar keine gelehrten. Ich sage dies nicht etwa deshalb, weil ich von jedem Gelehrsamkeit verlangte – die ist ja doch immer und überall eine kleine –, aber wer will uns zwingen, unsere kostbare Zeit zu vergeuden? Das ist es, was ich verabscheue.
NEUNZEHNTES KAPITEL
Spiel und Würfelspiel
Vielleicht verdiene ich in keiner Beziehung Lob, am allerwenigsten aber darob, dass ich dem Schach- und Würfelspiel frönte; ich tat dies so über die Maßen leidenschaftlich, dass ich mir vielmehr bewusst bin, Tadel zu verdienen. Beide Spiele habe ich während vieler Jahre getrieben, das Schachspiel mehr als 40, das Würfelspiel etwa 25 Jahre lang, und zwar während dieser Zeit – zu meiner Schande sei es gesagt – Tag für Tag. Ich habe auf diese Weise gleichermaßen an Achtung wie an Vermögen und Zeit Einbuße erlitten. Und ich habe nicht das leiseste Recht, mich zu entschuldigen, es sei denn, dass einer mich damit verteidigen wollte, dass er sagte, ich hätte nicht das Spiel geliebt, sondern die bitteren Umstände gehasst, die mich zum Spiel getrieben haben: erlittenes Unrecht, Verleumdungen, Armut, die Unverschämtheit gewisser Leute, die beständige Unklarheit meiner beruflichen Stellung, das Missachtetsein, meine dauernde Kränklichkeit und die Folge aller dieser üblen Umstände, die unwürdige und unfreiwillige Beschäftigungslosigkeit. Dass diese Erklärung berechtigt ist, das beweist der Umstand, dass ich tatsächlich das Spielen aufgegeben habe, sobald ich eine standesgemäße berufliche Stellung gefunden hatte. Ich habe also nicht aus Spielwut oder Vergnügungssucht gespielt, sondern aus Missmut und um meine üble Lage zu vergessen. – In meinem Buch über das Schachspiel103 habe ich viele wichtige Erfindungen und Beobachtungen aus diesem Gebiete niedergeschrieben. Manches davon ging freilich unter der Beschäftigung mit anderen Dingen wieder verloren. Acht oder zehn Punkte waren es vor allem, die ich nie wieder finden noch auch rekonstruieren konnte und die von ganz unglaublicher Stärke der Erfindung waren und allen menschlichen Scharfsinn zu übersteigen schienen. Ich erwähne dies hier deshalb, weil ich hoffe, dass bald ein neugieriger Leser darauf stoßen und dem Werkchen die Krone, das heißt den Schlussschnörkel aufsetzen möge.
ZWANZIGSTES KAPITEL
Kleidung
Was ich in diesem Punkt über mich zu sagen habe, das deckt sich ganz mit dem, was Horaz von seinem Tigellius104 sagt; ja ich möchte fast sagen, Horaz habe mich selbst mit dieser Person gemeint:
»Nichts von Gleichmaß war an dem Mann. Bald rannt er, als folgt' ihm
Hart auf den Fersen der Feind, bald ging er behutsam und würdig, Gleich als trüg er ein Heiligtum. Heut hat er zweihundert,
Morgen nur zehn der Diener. Heut spricht er prahlend von Fürsten,
Kön'gen und Herrlichkeiten und morgen heißt es: Ein Tischchen Klein und bescheiden lieb ich, ein Schüsselchen Salz und der Kälte Wegen ein Kleid und wär‘s noch so grob.«
Und willst du den Grund oder die Gründe hierfür wissen, so habe ich deren zur Genüge bereit: Erstens ist der stete Wechsel in meinen Ansichten und Sitten daran schuld, sodann der Umstand, dass ich immer in erster Linie für meine körperliche Gesundheit Sorge trage. Ferner zwang mich auch der häufige Orts- und Wohnungswechsel zu Änderungen in meiner Kleidung; ich konnte die Kleider weder verkaufen, des Verlustes wegen, den ich dabei erlitten hätte, noch sie immer wieder unbenutzt für spätere Zeiten aufbewahren. So war mir hierin die Not ein Gesetz. Ein anderer Grund, der nicht weniger wichtig als dieser, noch auch weniger zwingend war, lag darin, dass ich der wissenschaftlichen Arbeiten wegen mein Hauswesen vernachlässigte; die Folge davon war eine Vernachlässigung meiner Kleider, deren große Zahl durch die wenig schonende Benutzung auf eine recht geringe zusammenschmolz. Ich bin darum mit Galen durchaus einverstanden, wenn er erklärt, der Mensch müsse mit vier Kleidern zufrieden sein, oder auch nur mit zweien, wenn man nämlich die Unterkleider nicht dazu zählen will. Und da man tatsächlich mit diesen Kleidern im einzelnen Falle dem Zweck und den Umständen entsprechend wechseln kann und soll, so glaube auch ich, dass vier Anzüge genügen, ein solcher von etwas schwerem, einer von ganz schwerem, einer von leichterem und endlich einer von ganz leichtem Stoffe. Damit kann man dann 14 Zusammenstellungen erzielen, wobei die eine nicht gerechnet ist, die darin besteht, dass man alle zugleich anzieht.
EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Meine Nachdenklichkeit und meine Art zu gehen
Der Grund meiner ungleichmäßigen Art zu gehen liegt in meinem dauernden Versunkensein in Gedanken. Sobald nämlich einer nicht darauf achtet, bewegen sich seine Beine ganz von selbst; bei vielen Leuten kann man auch ein unwillkürliches Fuchteln mit den Händen als ein Zeichen ihres unruhig beschäftigten Geistes beobachten. Dazu kommen dann noch der Wechsel in der beruflichen Beschäftigung, Überraschungen, vor allem aber auch der gesundheitliche Zustand des Körpers: Befinden wir uns wohl und sind wir jugendlich lebhaft, nicht ermüdet, sorglos und heiter, so pflegen wir rasch zu gehen; alle anderen Zustände und Stimmungen verlangsamen den Gang. Meine Art zu gehen passt wie ein Exempel zu dieser Regel: Sie ist stets hastig und unregelmäßig, wenn ich mich im Geiste gerade mit anderen Dingen befasse als denen, die vor meinen Augen liegen. Überhaupt sind wohl alle Bewegungen dann ungleichmäßig, wenn die harte Notwendigkeit drängt und ein von Natur ungestümer Geist die Zügel führt, der alles Gute dauernd machen kann und nichts Übles ertragen möchte. Diese Nachdenklichkeit, von der ich sprach, beherrscht mich zwar ununterbrochen, richtet sich aber nicht ununterbrochen auf denselben Gegenstand. Nichtsdestoweniger ist sie immer so stark, dass ich nicht essen oder sonstiger Vergnügung mich hingeben, ja nicht einmal Schmerzen verspüren oder schlafen kann, ohne von ihr beherrscht zu sein. Und doch weiß ich nicht, ob es zu größerem Nutzen oder Schaden wäre, wenn sie aufhörte; denn der einzige Vorteil wäre dann, dass ich Ruhe hätte und ein anderes Übel käme. – Im Übrigen ist mein Gang bald rasch,