COACHING-PERSPEKTIVEN. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу COACHING-PERSPEKTIVEN - Группа авторов страница 6

COACHING-PERSPEKTIVEN - Группа авторов IGW-Publikationen in der EHP

Скачать книгу

Zitat von Fritz Perls. Zum Abschluss soll hier Laura Perls zu Wort kommen:

      »Das Ziel der Gestalttherapie ist das Kontinuum der Bewusstheit, die sich frei entwickelnde Gestaltbildung, in welcher das, was für den Organismus, die Beziehung, die Gruppe oder die Gesellschaft am wichtigsten und interessantesten ist, zur Figur wird, in den Vordergrund rückt, wo es vollständig erlebt und bewältigt (anerkannt, durchgearbeitet, eingeordnet, verändert, abgelegt) werden kann, so dass es dann im Hintergrund verschmilzt (vergessen oder assimiliert und integriert wird) und den Vordergrund für die nächste, bedeutsame Figur freilegt.«45

      Der Kontaktzyklus als Struktur für den Coaching-Prozess

      Edwin Nevis und die ›Cleveland School‹ des Gestalt Institute of Cleveland haben in ihrer Arbeit mit Organisationen auf die Nützlichkeit des »cycle of experience« als Orientierungsprinzip hingewiesen.46 Dieses Prinzip kann meines Erachtens auch auf Coaching angewandt werden. Ich verwende im Folgenden die Bezeichnung »Kontaktzyklus«, die sich im deutschen Sprachgebrauch etabliert hat, auch wenn damit in den meisten Fällen das siebenphasige Modell gemeint ist, das korrekterweise als Zyklus des Erlebens bezeichnet werden müsste.

      Coaching ist eine Form der Prozessberatung. Der Begriff »Prozess« kommt aus dem Lateinischen: procedere heißt »vorwärts schreiten.« Im Falle von Coaching hat dieses Vorwärtsschreiten einen definierten Beginn und für gewöhnlich auch ein definiertes Ende, wobei sich das Ende zumeist darauf bezieht, wann eine vorher vereinbarte Anzahl von Sitzungen absolviert und/oder wann ein bestimmtes Lernziel erreicht ist. Grundsätzlich gilt für Coaching wie für alle Beratungen, dass der Prozess ergebnisoffen ist, auch wenn durch eine Zielvereinbarung zu Beginn diese Offenheit eingeschränkt wird und dem Coaching dadurch ein Fokus gegeben wird.

      Jeder Coaching-Prozess besteht aus verschiedenen Phasen, deren Beachtung das gemeinsame Arbeiten von Coach und Coachee erleichtern, wenn man Coaching auch als einen Lernprozess versteht, der vom Coach gewissermaßen choreographiert wird. Eingängig und bildlich leicht nachvollziehbar kann ich dies anhand des Kontaktzyklus tun. Darüber hinaus lässt sich die Beschreibung der einzelnen Phasen sowohl auf den Coaching-Prozess als Ganzen anwenden als auch auf die einzelnen Sitzungen mit Coach und Coachee. Martina Gremmler-Fuhr geht in ihrem Beitrag über die »Grundkonzepte und Modelle der Gestalttherapie« ausführlich auf die Stärken und Schwächen des Kontaktmodells ein47 und weist wiederholt darauf hin, dass es sich bei dem Modell um ein »Konstrukt« handelt. »Dennoch«, fährt sie fort, »scheint die idealtypische Phasenfolge einem als natürlich empfundenen Grundrhythmus zu entsprechen.«48

      Deshalb halte ich diesen als »natürlich empfundenen« Rhythmus auch für geeignet, die Struktur eines idealtypischen Coaching-Prozesses darzustellen:

      Die Phase der Empfindung, die noch nicht gerichtete Aufmerksamkeit, kann mit dem unverbindlichen Kennenlernen von Coach und Coachee verglichen werden, an dessen Ende die Entscheidung steht, miteinander zu arbeiten. Beim darauf folgenden Zielvereinbarungs- und Auftragsklärungsgespräch mit der Personalentwicklung und/oder der Führungskraft werden Anlass und Ziel des Coachings bewusst gemacht. Durch diese Fokussierung wird zielgerichtete Energie frei. In der daran anschließenden Sitzung, der ersten von Coach und Coachee, wird der Kontrakt, das Arbeitsbündnis, geschlossen und mit der gemeinsamen Arbeit begonnen, im Zyklus beschrieben als Handlung. Die Phase des »Kontakts« beschreibt Martina Gremmler-Fuhr so:

      »Sensorisches Bewusstsein und Aktion fließen zusammen, während sich der Organismus mit der Figur befasst. Er assimiliert Objekte aus der Umwelt, nachdem er sie teilweise zerlegt hat, um sie erfassen zu können und das für ihn Brauchbare aussortieren zu können. Organismus und Umwelt werden in diesem Austauschprozess verändert. Kontakt wird in diesem Schritt nicht auf den Sonderfall der Bedürfnisbefriedigung reduziert, sondern bezieht sich auch auf das, was möglich ist (…)«49

      Übersetzt in die Sprache des Coaching heißt das, der Coachee »zerlegt« in den folgenden Sitzungen seine Fragestellungen und Probleme mit Hilfe des Coaches in ihre Einzelteile, um sie besser verstehen zu können, sie auf ihren tatsächlichen Problemgehalt zu überprüfen und ihre Bedeutung für sich zu beschreiben. Daraus können Lösungen und Antworten entstehen. Wenn wir den Zyklus des Erlebens als Modell für den ganzen Coachingprozess verwenden, steht die Phase des »Kontakts« für eine ganze Reihe von Coaching-Sitzungen, in denen »am Thema« gearbeitet wird. In der vorletzten oder letzten Sitzung des Prozesses ziehen Coach und Coachee ihr Resümee, sie lösen sich voneinander, und durch die Rückschau erhält der gesamte Prozess noch einmal Bedeutung. Mit dem Evaluations-Treffen, gemeinsam mit der Führungskraft und/oder der Personalvertretung, wird der Coaching-Prozess beendet, der Organismus zieht seine Aufmerksamkeit von der Figur zurück, die Gestalt wird geschlossen.

image

      Abb. 2: Der Kontaktzyklus als Struktur für den Coaching-Prozess

      Ein idealtypisch verlaufender Coaching-Prozess berücksichtigt demnach den Umstand, dass es einer Orientierungsphase bedarf, in der zum einen der Fokus (die »Figur«) der Problem- oder Fragestellung herausgearbeitet werden kann und sich der Coachee (der »Organismus«) als abgegrenzter Teil der Organisation (des »Umweltfeldes«) mit dieser Fragestellung, diesem Problem auseinandersetzt und es löst oder beantwortet und diesen Vorgang verarbeitet und integriert. Der Zyklus des Erlebens beschreibt die Phasen, die durchlaufen werden müssen, damit bewusst eine Erfahrung gemacht, abgeschlossen und integriert werden kann. Gestalttherapeuten und Coaches

      »(…) sind hier, um den Prozess des Wachstums zu fördern und das menschliche Potenzial zu entfalten. Wir reden nicht von augenblicklicher Freude, von augenblicklicher Wachheit der Sinne, von sofortiger Heilung. Der Prozess des Wachstums ist ein Prozess, der Zeit braucht.«50

      Wenn ich auch in den vorherigen Abschnitten wiederholt das »Idealtypische« des Kontaktzyklus als Struktur für ein Coaching herausgehoben habe, möchte ich im Folgenden anhand der einzelnen Phasen darauf eingehen, weshalb es mir sinnvoll erscheint, sich in der Rolle des Prozessverantwortlichen eher am Ideal zu orientieren statt sich (zu) früh an die Anforderungen der (organisationalen) Umwelt anzupassen.51

      Kennenlernen

      Ein zunächst unverbindliches Kennenlernen von potenziellem Coach und potenziellem Coachee ist Ausdruck der selbstverantwortlichen Wahlfreiheit auf beiden Seiten und legt so den Grundstein für das vertrauensvolle und vertrauliche Arbeitsbündnis. Nur vor dem Hintergrund eines erlaubten »Nein« zu einem bestimmten Coach oder Coachee hat das »Ja« Gehalt.

      Eine im Zusammenhang mit dem ›Kennenlernen‹ immer wieder auftauchende Frage ist die, inwieweit der potenzielle Coach auch schon bei dieser Gelegenheit anfangen kann (oder soll) zu arbeiten. Abgesehen von Situationen, in denen der Ratsuchende tatsächlich in einer krisenhaften Situation ist, die sowieso andere Interventionen nötig macht, ist das zum einen sicher abhängig vom persönlichen Stil und dem jeweiligen Berater(selbst)verständnis. Zum anderen berührt diese Frage zwei Aspekte: Den Wunsch zu helfen und/oder Marketing-Überlegungen. Liefert der Coach gewissermaßen eine Probe-Arbeit ab, kann das dem Coachee unter Umständen die Entscheidung für oder gegen ihn erleichtern. Wird aus den Schilderungen des potenziellen Coachee deutlich, dass dieser sich in einer für ihn schwierigen Situation befindet, verspüren empathische Berater häufig den Drang, unmittelbar helfend einzugreifen. In beiden Fällen scheint mir zur Orientierung eine Verortung im Kontaktzyklus sinnvoll: Der Prozess, von dem noch nicht klar ist, ob es ein gemeinsamer wird, ist ganz am Anfang. Es gibt noch keinen Auftrag (keine Figur) und auch kein Arbeitsbündnis (gerichtete Energie), das ein Eingreifen des Coaches stützen würde. Eine »Probe-Intervention« muss also als solche ausgewiesen sein und mit Zustimmung des potenziellen Coachee geschehen.

      Ähnlich

Скачать книгу