Der Hauch der Ewigkeit. Rosina-Fawzia Al-Rawi

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Der Hauch der Ewigkeit - Rosina-Fawzia Al-Rawi

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„Der jungen Frau geht es gar nicht gut, sie ist in Ohnmacht gefallen und liegt jetzt fiebernd im Bett!“ Der Sufimeister begann sofort Heilungsgebete zu rezitieren. Der Kaufmann aber schüttelte verächtlich den Kopf. „Welch volkstümlicher Aberglaube, zu glauben, dass man mit Worten Einfluss nehmen kann auf den Gesundheitszustand eines Menschen!“ Der Sufimeister sprang wütend auf und sprach: „Wie kann ein so einfältiger, aufgeblähter, ignoranter Dummkopf wie Sie über etwas urteilen, von dem er keine Ahnung hat! Ein Esel bleibt ein Esel, auch wenn er Ladungen von Büchern auf seinem Rücken trägt!“ Bei diesen Worten sprang der Kaufmann auf, sein Gesicht verfärbte sich tiefrot, sein ganzer Körper zitterte und er schnappte mit offenem Mund nach Luft. Er rang nach Worten, doch er konnte sich einfach nicht beherrschen. Ganz mild wurde der Blick des Meisters und mit sanfter ruhiger Stimme sprach er: „Bitte verzeih, hochgeschätzter Bruder, meine Worte sollten in keinster Weise Ihre Ehre oder Ihr Ansehen kränken. Ich wollte nur aufzeigen, welche Macht in gewöhnlichen Worten liegt, wie sie uns beeinflussen und unsere Zustände verändern können. Wenn diese Kraft in gewöhnlichen Worten ruht, welche Kraft besteht erst in heiligen Worten und Formeln!

      Die Göttlichen Namen sind in ihrem Klang und ihrer Bedeutung in der arabisch grammatikalischen Struktur eingebettet. Es gibt im Arabischen verschiedene Formen, in die jeweils die Grundwurzel, die zumeist aus drei Komponenten (Konsonanten) besteht, hineinfließt. Jede dieser Formen trägt eine Grundqualität und eine Resonanz in sich, die durch ihren Klanglaut sowohl auf der körperlichen, geistig–psychologischen wie spirituellen Ebene ihren Einfluss verströmt. Alle Worte einer bestimmten Form haben also eine gemeinsame spezifische Grundbedeutung, einen gemeinsamen Klangschlüssel.

      Worte der arabischen Sprache, also auch die Göttlichen Namen, wachsen aus einer Wurzel, die meist aus drei, selten aus vier „Wassertropfen“ (Konsonanten) bestehen. Diese „Tropfen“ werden in verschiedene Formen gegossen, aus denen dann die vielfältigsten Worte, Begriffe und Bedeutungen entstehen. Die vorgegebenen Formen tragen aktive oder passive, manche sowohl passive als auch aktive Qualitäten in sich, andere Namen tragen Steigerungsqualitäten in sich, und jene Namen mit dem Präfix „mu“ zeigen die Instrumentalisierung auf. Der Klang eines Göttlichen Namens trägt nicht seine Bedeutung, doch die Form, die ein Göttlicher Name annimmt, gibt uns Einblick in den Wirkungsbereich.

      Alle Göttlichen Namen tragen somit eine aktive Qualität in sich. Wenn die Göttlichen Namen wiederholt werden, so ist es wichtig, ihre Bedeutung zu wissen. Zu sagen, ich verlasse mich auf die Schwingungen oder die Form eines Göttlichen Namens und schließe aus dem akustischen Klang eines Namens auf seine Bedeutung, ist nicht möglich. Denn dieselben Formen werden in der gesamten Arabischen Sprache verwendet und wenn die Form bzw. der Klanglaut allein ausschlaggebend wäre, dann könnte man ja beliebige Worte wählen, in der Hoffnung, durch sie etwas Positives bzw. Negatives zu bewirken.

      In der nachstehenden Liste (siehe Seite 44 ff) werden die Göttlichen Namen nach ihren gemeinsamen Formen aufgelistet, um die Grundbedeutung einer Form, auch Stamm genannt, näherzubringen. Jeder Stamm des Arabischen Verbes, und es gibt deren fünfzehn im Arabischen, von denen aber nur zehn mehr oder weniger verwendet werden, wird durch lange Vokale, Konsonantenverdoppelungen, Präfixe, Einfügungen oder aus Kombinationen der oben erwähnten Aspekte geformt. Jede Erweiterung der Grundform bringt bedeutungsmäßige Veränderungen mit sich. So hat jede Form, jeder Stamm einen anderen Bereich, in dem sich seine Wirkung ausbreitet. Der Klangkodex beinhaltet in sich eine spezielle Wirkung. Es ist, als ob sich das Licht eines Göttlichen Namens durch seine besondere Form und seinen ausgewählten Klang gebündelter auf einen Bereich des Daseins konzentriert.

      Manche der Arabischen Buchstaben sind für viele nicht einfach auszusprechen. Doch es ist bei der Verwendung der Göttlichen Namen wesentlicher, ihre Bedeutung zu kennen und sich an ihren Klangkodex bzw. ihre Form zu halten, als die einzelnen Buchstaben ganz korrekt auszusprechen. Ist es also schwierig, den stimmlosen gutturalen Verschlusslaut „q“, der im Göttlichen Namen Quddūs enthalten ist, auszusprechen, so kann man sich mit dem „g“ wie in Gaumen zufrieden geben.

      I. FĀ ‘IL: „Der Aktive, ausschließlich Tuende“

      Die Form bzw. der Klang „fā ‘il“ ist DIE aktive Form und trägt in sich die Bedeutung „des aktiven, ausschließlich Tuenden“. Sie prägt sich in das Herz mit der Klarheit einer vertikalen Lichtsäule, die sich durch das lange „ā“, also durch das Alif „ أ “ zeigt. Der jeweilige Göttliche Name dringt mit dieser Form ein und aktiviert die Sammlung auf der geistigen, emotionalen und auf der Wahrnehmungsebene.

      19 der Göttlichen Namen gestalten sich aus dieser Form, drei weitere Göttliche Namen können hier hinzugefügt werden, obwohl der letzte Vokal lang gesprochen wird, da sie auf grammatikalischer Ebene Sonderformen bilden.

      Der zusammengesetzte Göttliche Name Māliku–l–Mulk entspricht in seinem ersten Teil „Mālik“ form– und klangweise dieser Kategorie von Namen. Durch die Hinzufügung des zweiten Namen „Mulk“ wird die Absolutheit und allumfassende Qualität dieses Göttlichen Namens unterstrichen.

Al–HāliqAl–Hāfiḍ
Al–Bāri´Ar–Rāfi‘
Al–QābiḍAl–Wāsi‘
Al–BāsiṭAl–Bā‘it
Al–WāğidAl–Māni‘
Al–MāğidAn–Nāfi‘
Al–WāḥidAl–Wārit
Al–QādirAl–Wālī
Al–´ĀhirAl–Hādī
Adh–DhāhirAl–Bāqī
Al–Bāṭin
Al–Ğāmi‘Māliku–l–Mulk

      II. FA‘ĪL: „Durchdringung allen Seins ohne Unterschied“

      Wenn ein Göttlicher Name in dieser Form bzw. mit diesem Klang erscheint, so trägt er vor allem bzw. vordergründig die Qualität der Durchdringung in sich. Die Durchdringung allen Seins, sowohl auf der individuellen, wie auch auf der kollektiven Ebene ohne Unterscheidung. Er dringt mit der in ihm schwingenden Qualität in alle Wesen ein. Das Herz wird hin und her bewegt, bis es seine Ausgewogenheit zwischen der sichtbaren und der verborgenen Welt findet und somit seinen tiefen Frieden. 27 der Göttlichen Namen gestalten sich aus dieser Form.

Ar–RaḥīmAl–‘Alīy
Al–‘Azīz
Al–‘AlīmAl–Kabīr
As–Samī‘
Al–BaṣīrAl–Ḥafīdh
Al–LaṭīfAl–Ḥasīb
Al–HabīrAl–Ğalīl
Al–ḤalīmAl–Karīm
Al–‘AdhīmAr–Raqīb
Al–ḤakīmAl–Walīy
Al–MağīdAl–Ḥamīd

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