Der Hauch der Ewigkeit. Rosina-Fawzia Al-Rawi
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(aus einem Gedicht von Iqbal)
Die 99 Göttlichen Namen dienen als Hinweis, wie Gott in dieser Welt gesehen und erkannt werden kann.
Muḥiyuddīn Muḥammad´ibn‘Arabī, 1165 in Murcia/Spanien beboren, 1240 in Damaskus gestorben, war einer der bekanntesten Sufis. Er wird wegen seines großen Einflusses auf die allgemeine Entwicklung des Sufismus auch „aš–šayh al–´akbar“, „Der größte Meister“ genannt. Vielen gilt er als Vertreter religiöser Toleranz. Ibn Al–‘Arabi erklärt:
„Allāh sagte: „Ich war ein verborgener Schatz und Ich liebte es, erkannt zu werden, so schuf Ich die Schöpfung (Menschheit) für Mich, damit sie Mich durch Mich erkennen werden“.
Die in Ihm verborgenen Namen sehnten sich danach, sich zu manifestieren. So brachen sie infolge ihrer Sehnsucht, erkannt und geliebt zu werden, aus dem verborgenen und niemals zugänglichen Göttlichen Sein hervor, wie zu lange angehaltener Atem aus dem Körper bricht. Das ist es, was als nafas ar–raḥmān, der Göttliche Hauch, bezeichnet wird, jener Hauch, der die ganze Schöpfung durchweht und die Göttlichen Worte wirken lässt. Die Namen trafen auf das Nichtsein, das sie, gleichsam wie Spiegelstücke, reflektierte, und so ist die Welt gewissermaßen eine Spiegelung der Göttlichen Namen. Sie existiert nur, solange ihr Gesicht, die Oberfläche des Spiegels, Gott zugewandt ist, sonst verschwindet sie, denn sie ist absolut von Gott abhängig. Gott aber bleibt unverändert, unberührt von der Welt und ist ausschließlich durch die Spiegelung zu ahnen, und so erkennt Ihn jede/r auf seine/ ihre eigene Weise, je nach dem Namen, der sich in ihm/ihr am stärksten manifestiert“.
Die 99 Göttlichen Namen polieren den Spiegel des Herzens, um den Schöpfer sowohl transzendent – und damit größer als die erschaffene Welt – zu erkennen, als auch immanent, also in Allem enthalten. Alle 99 Göttlichen Namen sind Liebesausdrücke, die das Herz heilen und somit unser ganzes Sein.
Die Suchende lernt, innerlich loszulassen und äußerlich festen Fußes mit wachem Herzen auf dem rechten Weg zu gehen. Sie lernt, mit dem sich Widersprechenden umzugehen und die allumfassende Einheit hinter der Dualität zu erkennen. Der Mensch lernt, eine liebende Kriegerin / ein liebender Krieger zu werden auf dem Pfad der bedingungslosen Liebe, dessen äußerer Ausdruck die Güte und das Mitgefühl gegenüber sich selbst und anderen, und dessen innerer Ausdruck die Freiheit ist. Durch die Verwendung der Göttlichen Namen und deren Wiederholung (dikr) wird der Herzensspiegel, der vom Rost weltlicher Gedanken und Beschäftigungen überlagert ist, poliert, damit sich unsere Essenz, das Göttliche Licht unverzerrt und ungedämpft zeigen kann.
VERWENDUNG DER GÖTTLICHEN NAMEN
Es ist empfehlenswert, vor allem zu Beginn, die Göttlichen Namen laut auszusprechen. Laut bedeutet, dass man seine eigene Stimme beim Wiederholen hört. Der jeweilige Göttliche Name bewegt sich, schwingt durch unseren Körper, durch unser ganzes System. Langsam beginnt eine Annäherung zwischen unserer Stimme und der innewohnenden Schwingung des wiederholten Namens. Die Essenz dieses Namens beginnt uns zu bewegen. Oft erfahren wir verschiedene Widerstände, aber auch einen intensiven Widerhall in uns. Manchmal berührt ein Göttlicher Name genau den Trennungspunkt in uns, es ist der Trennungspunkt in Bezug zum Bewusstsein um unsere Seele, der Trennungspunkt in Bezug zur Familie, Gemeinschaft und Menschheit, der Trennungspunkt in Bezug zu Gott, zur allumfassenden ewigen Existenz. Der Bereich des Unterbewusstseins wird berührt, da unsere Trennungswunde, die wir mit den komplexesten Mitteln zu beschützen suchen, dort aufbewahrt ist.
Das stille Wiederholen der Göttlichen Namen wird vor allem dann empfohlen, wenn die oder der Suchende schon klar als murīda bzw. murīd bezeichnet werden kann, also als ein Mensch, der sich ganz klar mit seinem Willen und Streben auf den Weg zu Allāh, zum Absoluten, zur Ewigen Liebe, zum Geliebten begeben will.
Sich selbst zu vergessen, sich jenseits des Ego–Nafs zu öffnen, um von den Göttlichen Namen berührt zu werden, ist wesentlich, um in die tieferen Schichten des Seins zu kommen.
Die Göttlichen Namen können so gewählt werden, dass der Mangel, das, was fehlt, berührt wird, um so den Mangel bewusst zu machen und wieder in die Ganzheit unseres Seins einzugliedern. Eine andere Weise wäre, die Göttlichen Namen so zu wählen, dass eine besonders hoch entwickelte Qualität in uns angeregt wird. Diese Stärke wird ermutigt und aktiviert. Sie beginnt, sich im ganzen System auszubreiten und gibt somit die Kraft, sich den schwächeren, verletzten Bereichen zuzuwenden.
Wichtig ist, eine Balance, eine Ausgeglichenheit in der Herangehensweise zu halten. Zu sehr auf den Mangel zu pochen, kann verhungern lassen, und zu lange auf die Fülle zu konzentrieren, kann vom Ego ausgenutzt werden. Unsere wahre Natur, jenes Sein, jene Seele, die ein Abbild des Göttlichen ist, zu entdecken, ein intaktes, heiles, integriertes, eingebettetes Individuum zu sein, ist die Inspiration, die die Göttlichen Namen mit sich bringen. Es ist die Vereinigung von Göttlichem und Menschlichem, von Gnade und Liebe in uns.
Wenn ein Mensch auf der Suche nach dem Absoluten ist und sich aktiv dafür einsetzt, dann sind die Göttlichen Namen das Tor, durch das sie oder er durchgehen werden. Wenn ein Mensch vorerst seine Aufmerksamkeit im Relativen, also auf seine Ganzheit und seine Einbettung gerichtet hat, so mögen die Göttlichen Namen ihr oder ihm den Segen und die Liebe bringen, die sie brauchen, um ganz zu werden.
Die Göttlichen Namen werden auf drei Arten verwendet:
1. Mit dem Artikel „Al“ wie „Al–Wadūd“ bzw. mit assimiliertem Artikel wie bei „Aṣ–Ṣabūr“.
2. Mit dem Anrufungspartikel „Ya“ wie „Ya Wadūd“ bzw. „Ya Ṣabūr“.
3. Ohne Artikel wie „Wadūd“ und „Ṣabūr“.
KRANKHEIT UND HEILUNG
Der Prophet Muhammad, Allāhs Segen und Friede seien mit ihm, sprach:
„Allāh hat keinen Schmerz gebracht,
ohne dass Er ein Heilmittel dafür gebracht hat.”
Das Weibliche kennt die Einheit. Eine Frau spürt sie instinktiv in ihrem Körper. Sie weiß, wie alles miteinander verbunden ist. Sie weiß, dass auch, wenn Kinder aus einem Bauch kommen, sie ganz verschieden sein können, jedes einmalig in seinem Sein, und doch gehören sie zu einer Quelle. Wie die „kleine“ Gebärmutter so auch die „Große“. Das ist die tiefe Weisheit des Weiblichen. Es ist das tiefe Wissen um die Beziehungen und das Gefühl für das Flechtwerk der Schöpfung. Eine Weisheit, die in der rationalen, wissenschaftlich–trennenden Geisteshaltung der Welt, die wir uns aufgebaut haben, kaum Platz hat. So blieb den Frauen meist nichts anderes übrig als diese Weisheit zu verdrängen bzw. zu marginalisieren, sie einzuschläfern und das männliche Denken und die männliche Herangehensweise nachzuahmen. Genau durch eine solche geistige Trennungshaltung, die sich durch alle menschlichen Bereiche durchzieht, haben wir diese Realität, in der wir sind, erschaffen. Doch wenn wir lernen, die Weisheit des Weiblichen mit dem männlichen Bewusstsein zu verbinden und auch eine Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen, zwischen dem Ganzen und dem Einen zu entwickeln, wird uns dieses neue Wissen helfen die Ganzheit des Lebens und unsere Welt zu heilen und es wird uns enthüllt, wie wir das bestehende Ungleichgewicht wieder aufheben können.
Auf die gleiche Weise steht es mit unserer eigenen Heilung und Ganzwerdung.
Die meisten Spannungen in unserer Welt sind von den Menschen selbst verursacht, was aber auch heißt, dass die Lösungen für diese Spannungen – mit Allāhs Hilfe – ebenfalls in unseren Händen liegen.
Viele