Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz. Markus Mäurer

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Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz - Markus Mäurer hep praxis

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      Wir waren in den letzten zwei Jahren mit zahlreichen Personen und Institutionen im Gespräch, die uns wertvolle Informationen gegeben haben. Ihnen allen danken wir an dieser Stelle für die Zeit, die sie uns zur Verfügung gestellt haben. Es sind dies insbesondere Personen aus folgenden Institutionen: AccEnt (Accompagnement en Entreprise); AMIE, Basel-Stadt; Berufsberatungs- und Laufbahnzentren; Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV); Bundesamt für Statistik (BFS); Centre interrégional de Perfectionnement (CIP), Tramelan; Cité des métiers, Genève; ECAP; ENTER, Kanton Basel-Stadt; FORMAD, Kanton Waadt; Hotel- und Gastro formation Schweiz; IDM, Thun; Kantonale Berufsbildungsämter; Schweizerischer Baumeisterverband (SBV); Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI); Travail Suisse; Unia und Zürcher Lehrbetriebsverband ICT (ZLI).

      Unser Dank geht auch an Christoph Gassmann, der das Manuskript dieses Buchs sehr sorgfältig lektoriert hat.

      Schliesslich sind wir all jenen Personen besonders dankbar, die uns bereitwillig ihre persönliche Geschichte erzählt haben. Wir haben sie – anonymisiert und verkürzt – auf einige prägnante Aussagen im Buch an verschiedenen Stellen eingestreut.

       Zürich, im April 2016

       Markus Maurer, Emil Wettstein, Helena Neuhaus

Grundlagen

      Berufsbildung für Erwachsene ist in der Schweiz zum wichtigen Thema geworden. Jahrelang hat sich die Bildungspolitik nur wenig dafür interessiert, seit Kurzem steht das Thema aber weit oben auf der Agenda.

      Der unmittelbare Anlass für das rege Interesse liegt in volkswirtschaftlichen Entwicklungen: Gewisse Branchen klagen über Fachkräftemangel, und die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative 2014 hat das öffentliche Bewusstsein für die Problematik zusätzlich erhöht. Deshalb sollen im Inland mehr Erwachsene für eine qualifizierte Berufstätigkeit gewonnen werden. Ein wichtiger Teil entsprechender Massnahmen zielt auf arbeitstätige Personen, denen aber eine berufliche Ausbildung fehlt. Die Verbesserung des Zugangs von Erwachsenen zur Berufsbildung ist dabei zentral.

      Die Thematik ist jedoch auch sozialpolitisch relevant, und aus dieser Perspektive gilt die Berufsbildung für Erwachsene schon länger als wichtig: Schätzungen gehen davon aus, dass in der Schweiz rund 550 000 Erwachsene zwischen 25 und 64 keinen Abschluss auf der Sekundarstufe II besitzen und dass über 100 000 dieser Personen noch dreissig und mehr Berufsjahre vor sich haben (Wettstein, 2015b, 2015f). Solche Zahlen sind beunruhigend, denn die Statistik zeigt deutlich, dass Personen ohne nachobligatorische Ausbildung im Vergleich zu höher qualifizierten Personen signifikant häufiger von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen sind (Bertschy, Böni & Meyer, 2007; BFS, 2011; Fritschi, Bannwart & Zürcher, 2012).

      Auch aus diesen Gründen wird die Bedeutung des Themas in der Schweiz zurzeit kaum mehr in Zweifel gezogen. Davon zeugen Vorstösse im Bundesparlament[1] und umfassende Berichte von Bundes- und Kantonsbehörden. Gleichzeitig haben sich Gewerkschaften mit Vorschlägen gemeldet, und auch einzelne Arbeitgeberverbände (so z. B. der Schweizerische Baumeisterverband) suchen nach Lösungen für ihre Branche.

      Trotzdem: Die Zahl der Erwachsenen, die einen Berufsabschluss erwerben, stagniert seit Jahren auf tiefem Niveau. Das liegt unter anderem daran, dass es an Vorstellungen mangelt, wie solche Hürden überwunden werden können.

      In diesem Buch stellen wir das vorhandene Wissen zum Thema zusammen; wir zeigen, welche Herausforderungen zu meistern wären, und weisen auf Elemente einer guten Praxis hin. Daraus leiten wir Handlungsempfehlungen ab.

      Im Zentrum stehen Ausbildungen und Abschlüsse zur nachhaltigen beruflichen Integration von Erwachsenen ab 25, die noch keinen beruflichen Erstabschluss erworben haben.

      Den Schwerpunkt legen wir dabei auf die reguläre berufliche Grundbildung und die Wege, die auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes (BBG) für Erwachsene geschaffen worden sind: die direkte Zulassung zur Abschlussprüfung, das Validierungsverfahren und die verkürzte Grundbildung. Wir gehen aber auch auf nichtformale – also nicht durch das BBG geregelte – berufsqualifizierende Abschlüsse ein. Bei manchen dieser Wege handelt es sich um Alternativen für Personen, die nicht oder nicht in einem einzigen Schritt einen der Abschlüsse nach BBG erreichen wollen oder können (→ Abschnitt 5.6). Solche Angebote sind für eine berufliche Integration Geringqualifizierter ebenfalls wichtig, und wir sind überzeugt, dass sie künftig noch wichtiger werden könnten, nicht zuletzt, wenn mehrere Teilabschlüsse zu einem anerkannten Berufsabschluss führen (→ Abschnitt 7.9). Schliesslich kommen wir auf Abschlüsse der höheren Berufsbildung zu sprechen, soweit sie sich ohne abgeschlossene berufliche Grundbildung erreichen lassen. Etwas im Hintergrund bleiben arbeitsmarktliche Massnahmen für Stellenlose und berufsqualifizierende Massnahmen im Asylwesen, weil diesbezüglich noch wenig Erfahrungen vorliegen und sie quantitativ noch von geringerer Bedeutung sind.

      Die berufliche Integration für Menschen mit Behinderungen, insbesondere die erstmalige berufliche Ausbildung gemäss Invalidenversicherungsgesetz (IVG, Art. 16), stellt einen anspruchsvollen Bereich mit eigener Tradition dar, der so umfassend ist, dass seine Darstellung sowohl den Rahmen des vorliegenden Buches als auch das Wissen des Autorenteams sprengen würde.

      Das Buch beruht auf einer intensiven, teilweise über fünfzehnjährigen Auseinandersetzung der Autoren und der Autorin mit dem Thema. Wir haben viele Gespräche geführt: mit Anbietern, erwachsenen Lernenden, mit Behördenvertretern und vielen weiteren Personen – solchen, die Berufsbildungsangebote für Erwachsene gestalten, und solchen, die Angebote erfolgreich genutzt haben oder dabei gescheitert sind. Wichtig bei der Vorbereitung des Buches waren auch Präsentationen und Vorträge, die im Rahmen einer Veranstaltungsreihe an der PH Zürich in den Jahren 2014 und 2015 gehalten wurden.[2] Auch die einschlägigen behördlichen Strategiepapiere, Berichte und Evaluationen zu Angeboten im In- und Ausland und die relevante wissenschaftliche Literatur wurden ausgewertet (vgl. dazu das Literaturverzeichnis).

      Eine Schwierigkeit, mit der wir ständig konfrontiert waren, war der Mangel an Daten. Grundlegende Aussagen – ob es sich im Einzelfall zum Beispiel um einen Erst- oder Zweitabschluss handelt – sind erst möglich, wenn Auswertungen der erst vor Kurzem eingeführten Individualerhebung vorliegen werden. Es gibt auch keine empirischen Erhebungen, die zeigen, weshalb zwei Drittel der Erwachsenen, die einen beruflichen Abschluss anpeilen, eine reguläre berufliche Grundbildung mit Lehrvertrag absolvieren und nicht einen der Wege wählen, die eigens für Erwachsene geschaffen wurden. Statistisch gesicherte Aussagen, weshalb die meisten Interessierten dann doch auf die Ausbildung verzichten (und wie hoch diese Quote ist), fehlen ebenfalls, um nur drei Beispiele für Datenlücken zu nennen.

      Insgesamt ist das Fehlen von Daten ein wichtiger Grund dafür, dass wir im Buch zum Teil auf Berichte von einzelnen Betroffenen zurückgreifen mussten.

      Ziel dieses Buches ist – wir haben es erwähnt –, einen Überblick über das (beschränkte) Wissen zur Thematik der Berufsbildung für Erwachsene zu gewinnen, weiter eine Darstellung und Analyse der heutigen Situation und, darauf aufbauend, der Entwurf einer Vision als Basis für die Weiterentwicklung der Berufsbildung für geringqualifizierte Erwachsene in der Schweiz.

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