Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz. Markus Mäurer

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Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz - Markus Mäurer hep praxis

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Ländern (z. B. Deutschland, Österreich oder Norwegen) können Personen mit einschlägiger Berufserfahrung direkt zu Abschlussprüfungen zugelassen werden, nach deren Bestehen ein Zertifikat verliehen wird. Vorhandene berufliche Kompetenzen werden insofern anerkannt, als kein formeller Kompetenzerwerb verlangt wird (→ Abbildung 2-4).

      In der Schweiz besteht die Möglichkeit der direkten Zulassung zur Abschlussprüfung seit 1930. Heute werden für die «direkte Zulassung zur Abschlussprüfung» fünf Jahre berufliche Erfahrung verlangt (BBV 2003, Art. 32), davon – so legen es die jeweiligen Bildungsverordnungen[5] fest – in der Regel drei Jahre im Beruf, für den zertifiziert werden soll. Bei einigen Berufsprüfungen (z. B. für jene des Hauswarts/der Hauswartin) wird sowohl auf ein EFZ als Aufnahmekriterium als auch auf den Besuch von Ausbildungselementen verzichtet, wobei Letzteres in der Praxis selten zum Erfolg führt. Berufserfahrung von einer bestimmten Dauer wird immer verlangt.

      Da Zertifikate nur ausgestellt werden können, wenn sich jemand alle zu bestätigenden Kompetenzen bereits angeeignet hat, viele Personen jedoch nur über einen Teil der erforderlichen Kompetenzen verfügen, führt die Anerkennung von Kompetenzen in manchen Fällen nur zu Teilzertifikaten (→ Abbildung 2-5). Es handelt sich dabei um eine von einer zuständigen Stelle ausgestellte Bestätigung, dass einzelne Kompetenzen einer berufsqualifizierenden Ausbildung vorhanden sind, andere aber noch erworben werden müssen. Das Abschlusszertifikat wird verliehen, wenn sämtliche Teilzertifikate vorliegen. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist eine Modularisierung der entsprechenden Ausbildung (→ Abschnitt 5.2).

      In der Berufsbildung für Erwachsene ist dieser Ansatz die Grundlage des Validierungsverfahrens (BBT, 2010a), das wir in Abschnitt 5.3 darstellen.

      Grundsätzlich sind auch Anerkennungsverfahren denkbar, bei denen auf die Anerkennung von Kompetenzen direkt die Zertifizierung folgt (→ Abbildung 2-6). Dieses Verständnis liegt etwa der Empfehlung des EU-Rates zur Validierung (Rat der Europäischen Union, 2012a, S. C 398/395) zugrunde. Sie legen fest, dass die Zertifizierung an die formale Bewertung von Erfahrungen anschliesst. Ähnlich vorgegangen wurde in der Schweiz unter anderem bei der Anerkennung der Kompetenzen von Angestellten der Schweizerischen Post als Logistikassistentinnen und -assistenten (Voit et al., 2007; vgl. auch Abschnitt 5.2.1). In der Regel führt die Anerkennung von Kompetenzen in der Schweiz aber nicht direkt zum Zertifikat.

      In einigen Ländern verbreitet ist der direkte Zugang zum Zertifikat nach der Anerkennung vor allem bei kürzeren Ausbildungen. Ein Beispiel dafür ist die Validierung im Bereich der arbeitsmarktlichen Massnahmen in Schweden (→ Abschnitt 8.4.3).

      Anerkennung eines früher erworbenen Abschlusses

      An die Stelle der Anerkennung von informell erworbenen Kompetenzen («Erfahrungen») kann auch die Anerkennung von früher oder in einem anderen Bildungssystem erworbenen Abschlüssen treten. Üblich ist dies bei einer Reform eines Bildungssystems, so geschehen unter anderem bei der Aufwertung von höheren Fachschulen zu Fachhochschulen und bei der Ablösung der Regelung der Pflegeausbildung durch das SRK.

      Spezielle Regelungen wurden zudem für die Anerkennung von Abschlüssen geschaffen, die im Ausland erworben wurden. In der Schweiz wird nicht ein Schweizer Abschluss abgegeben, sondern eine Gleichwertigkeitsbestätigung ausgestellt. Für Abschlüsse der Berufsbildung und von Fachhochschulen ist dafür das SBFI zuständig (SBFI, 2015a).

      Auch im Rahmen eines Validierungsverfahrens können bereits erworbene Abschlüsse berücksichtigt werden, indem abgeklärt wird, welche Kompetenzen durch die bereits besuchte Ausbildung abgedeckt sind (Teilzertifizierung) (→ Abschnitt 5.2).

      2.4.2 Methoden der Anerkennung von Kompetenzen bei Erwachsenen

      Kompetenzen sind nicht direkt messbar. Damit erworbene Kompetenzen anerkannt werden können, müssen sie sichtbar gemacht werden. Im Bildungswesen geschieht dies üblicherweise durch schriftliche und mündliche Prüfungen oder Arbeiten (z. B. eine individuelle praktische Arbeit, IPA) während oder am Schluss einer Ausbildung. Damit lässt sich evaluieren, ob die angestrebten Kompetenzen wirklich vorhanden sind.

      Vor allem für Erwachsene gibt es seit einiger Zeit auch alternative Methoden der Kompetenzevaluation, die in der Schweiz zum Teil im Rahmen des Validierungsverfahrens zur Anwendung kommen (vgl. als Überblick: Annen, 2012). Diese Methoden können unterschiedlich stark strukturiert sein, je nachdem, ob eine formelle Anerkennung der Kompetenzen angestrebt wird oder nicht.

      Ein Teil der fraglichen Methoden fokussiert auf Selbsteinschätzung. Dies ist etwa bei der Portfoliomethode der Fall. Dabei geht es um die Darstellung der Kompetenzen in einem Dossier, das biografische Informationen, Abschluss- und Arbeitszeugnisse, aber auch Reflexionen zu beruflichen Handlungsabläufen enthalten kann. Ein Beispiel eines solchen Portfolios ist der Europass der EU, in dem der Lebenslauf und berufliche Kompetenzen online standardisiert dargestellt werden (Cedefop & Europäische Kommission, 2015). Bei dieser Form des Portfolios geht es lediglich darum, vorhandene Erfahrung und Kompetenzen sichtbar zu machen, nicht um deren formelle Anerkennung im Hinblick auf den Erwerb eines Berufsabschlusses. Das Portfolio wird jedoch auch eingesetzt, wenn genau dies das Ziel ist, zum Beispiel in der Bilanzierungsphase des Validierungsverfahrens in der Schweiz (BBT, 2010a, S. 11). Wie gerade dieses Verfahren zeigt, können im Rahmen von Portfolios weitere Methoden der Selbsteinschätzung verwendet werden. So fordern einige Kantone sogenannte Lupen ein (→ Abschnitt 5.2).

      Wird

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