Die Anti-Aging Revolution. Johannes Huber

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Die Anti-Aging Revolution - Johannes Huber

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Esslöffel geschrotete Leinsamen, gut für die Verdauung. Und täglich einen Löffel Kieselerde. Dazu einen Löffel Hefeflocken. Oder Bierhefe. Die gibt es im Reformhaus. Die kann man auch auf eine Suppe streuen und sind sehr gut für die Haut. »Darum habe ich auch immer noch so schöne Fingernägel«, sagt sie. »Die haben Frauen in meinem Alter sonst nicht.«

      Vor kurzem war Annelie Leichtfried wieder bei mir. Allein wie sie zur Tür hereinweht, ist beeindruckend. Neunzig Jahre Leichtigkeit. Heute habe sie einen Tisch in einem Wiener Haubenrestaurant reserviert, erzählte sie. Sie wird sich das Menü mit dem Lamm nehmen, dazu einen guten Cabernet Sauvignon. Weil das auch sein darf. Das Schöne am Intervallfasten ist, dass man das Essen nicht verschlingt, sondern mit allen Sinnen entdeckt. Dadurch entsteht ein ganz neues Körpergefühl. Eine Energie, die von innen kommt. Als würde der Körper danke sagen.

      Das Geheimnis der Nahrungskarenz

      Eine Kardinalstugend namens Dinner-Cancelling

      Wenn Sie sich jetzt fragen, wie ein Gynäkologe dazu kommt, sich mit Gewichtsproblemen und Ernährungsfragen zu beschäftigen, haben Sie schon irgendwie recht. Generell in mein ureigenstes Fach der Frauenheilkunde gehört es nicht. Partiell schon.

      Betrachtet man nur die Lebensphasen der Frau, stoßen wir allein schon auf zwei bedeutende Perioden, in denen der weibliche Organismus zulegt, zulegen muss. Die erste findet in der Pubertät statt, wenn das Mädchen zur Frau wird, die zweite in der Menopause, in der die Frau biologisch in Pension gehen darf. Zu beidem kommen wir noch ausführlicher. Und in den Jahren dazwischen ist es generell ein ärztliches Anliegen, seine Patienten gesund sehen zu wollen, wozu die Ernährung ja wesentlich beiträgt.

      In Wahrheit war mein Interesse am richtigen Essen aber ursprünglich gar kein medizinisches. Die Neugier wurde in meinen Jahren als Sekretär von Kardinal Franz König geweckt. Damals lernte ich das kennen, was sich später als das Beste herausstellte, was man für einen schlanken und gesunden Körper und für ein langes und agiles Leben tun kann.

      Anders gesagt: Es ist mir einfach passiert, ich bekam die gesunde Kost praktisch vorgesetzt.

      In den zehn Jahren meines Dienstes beim Kardinal arbeitete ich nicht nur im Erzbischöflichen Palais, ich wohnte auch dort, in dem ehrwürdigen Vierkanthof Ecke Wollzeile und Rotenturmstraße, gleich neben dem Stephansdom. Das Palais, das sogar schon den Dreißigjährigen Krieg erlebte, hat einen der schönsten Renaissancehöfe Wiens, die Treppe zu den Repräsentationsräumen gehört zu den prachtvollsten der Stadt. Architektonisch ist das Juwel trotzdem kaum bekannt.

      Am ehesten erinnert man sich an das sogenannte Rosenkranzfest im Oktober 1938, an dem Kardinal Theodor Innitzer, der sich sechs Monate davor mit seiner Befürwortung des Anschlusses Österreichs an Hitlers Drittes Reich keine Lorbeeren geholt hatte, zurückruderte und mit einer historischen Rede im brechend überfüllten Stephansdom das NS-Regime provozierte. Seine Kehrtwendung rief tags darauf die Hitlerjugend auf den Plan, die das Palais stürmte, tausendzweihundert Scheiben einschlug und die Möbel aus dem Fenster warf, im nahen Churhaus am Stephansplatz sogar den Domkuraten Johannes Krawarik.

      Mit ihren Bajonetten stachen die Jung-Nazis auf das große Christusgemälde ein, das in diesem malträtierten Zustand noch heute als Mahnbild an seinem Platz hängt. Das Ereignis gilt als Sternstunde des Widerstands. Im Keller des Palais unter der Kapelle hat Kardinal Innitzer dann auch viele Juden vor der Gestapo versteckt und ihnen damit das Leben gerettet.

      In diesem geschichtsträchtigen Haus hatte auch ich meine kleine Wohnung. In einem Teil waren die Schwestern untergebracht, in einem anderen die Administration. Ich schlief im sechsten Stock und schaute jeden Tag auf den Stephansdom. In der Früh ging ich um neun Uhr über die Bibliothek zur Morgenbesprechung, pünktlich um ein Uhr mittags gab es Essen. Die Mahlzeiten nahmen wir alle gemeinsam ein. Und nicht nur wir.

      Das Mittagessen war das Hauptereignis des Tages. Gäste waren mittags eingeladen, nie zum Dinner, wie in der Gesellschaft allgemein üblich. Um den Tisch des Bischofs, die Mensa Episcopalis, versammelten sich Tag für Tag Persönlichkeiten aus allen Lebensbereichen. Politiker ebenso wie Künstler, Nobelpreisträger wie Konrad Lorenz, der immer mit seiner Frau kam, genauso wie Journalisten vom Kaliber eines Hugo Portisch, mit dem mich seit damals eine innige Freundschaft verbindet. Die Mittagsgesellschaft von Kardinal König war ebenso interessant wie international, und hauptsächlich waren es Atheisten. Man unterhielt sich im wahren Sinn des Wortes über Gott und die Welt. Der Kardinal saß an der Kopfseite des Tisches und hat sich köstlich amüsiert.

      Ich erinnere mich an den ungarischen Kardinal József Mindszenty, der in Wien im Exil lebte. Wenn er zum Mittagessen geladen war, wurde Lateinisch gesprochen. Als er mich zum ersten Mal am Tisch sah, musterte er mich lange und fragte dann den Kardinal: »Ist der auch vertrauenswürdig?«

      Das Mittagessen war sozusagen heilig. Die Tafel war groß genug für ein Dutzend Gäste, weißes Tischtuch, schönes Geschirr, alles sehr kultiviert. Die Schwestern haben gekocht und serviert. Als erstes kam immer eine Suppe, dann eine Hauptspeise, hinterher Obst. Die Küche war einfach und gut. Egal, wer da war, es gab nichts Übertriebenes. Obligat war der italienische Wein, der immer dazu gereicht wurde. Ein Schluck Erinnerung an das Pontificium Germanicum Hungaricum in Rom, wo der Kardinal lange gewesen war.

      Wir Mitarbeiter bekamen auch abends zu essen, aber für Kardinal König war die Nahrungsaufnahme gewöhnlich mit 14 Uhr beendet. Er saß zwar um halb sieben meistens mit uns beim Nachtmahl, aber sein Teller blieb leer. Ab und zu, um nicht unsozial zu erscheinen, ließ er sich einen Apfel dünsten.

      Obwohl er einen leicht erhöhten Blutdruck hatte, war der Kardinal immer bestens drauf. Er war geistig und körperlich fit, hatte eine ungeheure Kondition und enorme Lebensgeister bis in sein hohes Alter, er wurde achtundneunzig Jahre alt.

      Irgendwann überlegte ich mir, was denn sein Geheimnis war. Waren es die Gene? Seine Mutter, die auch im Erzbischöflichen Palais gewohnt hatte, war ebenfalls sehr alt geworden, und die beiden hatten die gleiche glatte, fast jugendliche Haut an den Händen.

      Ja, vielleicht waren es die Gene. Aber dann beobachtete ich die Sache genauer und entschied mich fürs Essen. Besser gesagt: das Gegenteil davon. Kein Essen mehr nach 14 Uhr. Das war es, worin er sich von allen anderen unterschied.

      Verzicht, dachte ich, das ist es. Die Mäßigung, die schon zu Zeiten des Thomas von Aquin als eine der vier Kardinalstugenden gegolten hat. Ich musste schmunzeln, ich hatte wortwörtlich eine Kardinalstugend entdeckt.

      Kardinal König praktizierte sein Lebtag lang das, was später als Dinner-Cancelling in aller Munde war. Zu seiner Zeit hieß die Gewohnheit bloß: abends nichts mehr essen.

      Den englischen Ausdruck brachte ich erst zwei Jahrzehnte später aus Jakarta mit.

      Es muss so um 1995 herum gewesen sein. Die VAMED-Gruppe hatte in Indonesien ein Krankenhaus errichtet und wollte dort auch eine Hormonabteilung aufbauen. Man bat mich, mir das vor Ort anzuschauen, und wir flogen nach Jakarta. Bei einem Festessen mit der Regierung saß ich neben der indonesischen Gesundheitsministerin, wir unterhielten uns über das Altern. Ist vielleicht nicht das eleganteste aller Tischgespräche, aber in unseren Berufen hatten wir gewissermaßen eine Ausrede dafür.

      »Was glauben Sie«, fragte mich die Frau Minister, »gibt es ein Mittel, um langsamer zu altern?«

      Sie hatte sich während der vielen Gänge des Galamenüs als äußerst geistreiche Gesprächspartnerin erwiesen, also wollte ich ihr nicht einfach ein Medikament nennen.

      »Ich persönlich«, sagte ich, »glaube an ein Geheimrezept.«

      »Und?«,

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