Schweizerische Demokratie. Sean Mueller

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Schweizerische Demokratie - Sean Mueller

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Wolf LinderSean MuellerSchweizerische Demokratie

      Wolf Linder

      Sean Mueller

      Schweizerische Demokratie

      Institutionen – Prozesse – Perspektiven

      4., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

      Haupt Verlag

      Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.

      4. Auflage: 2017

      3. Auflage: 2012

      2. Auflage: 2005

      1. Auflage: 1999

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      E-Book-ISBN 978-3-258-48009-1

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       Brockhaus Commission, Kornwestheim

       www.brocom.de

      Alle Rechte vorbehalten.

      Copyright © 1999 Haupt Bern

      Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig.

      Umschlaggestaltung: Atelier Nicholas Mühlberg, Basel

      Satz: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH, Göttingen

       www.haupt.ch

      Vorwort

      In den letzten 20 Jahren hat sich «Schweizerische Demokratie» als Grundlagenwerk zum Studium des schweizerischen Politiksystems etabliert und bewährt. Darüber hinaus wird das Buch von politisch Interessierten, Medienschaffenden und Politikerinnen unvermindert nachgefragt. Eine neue, vierte Auflage konnte und wollte ich – seit sieben Jahren emeritiert – allerdings nicht mehr allein bewältigen. Mit Sean Mueller habe ich nun einen Co-Autor gefunden, der das Buch mit mir zusammen umfassend überarbeitet und aktualisiert hat. Er wird künftige Ausgaben der «Schweizerischen Demokratie» in eigenem Namen übernehmen. Nicht jedem Autor eines Lehrbuchs fällt solches Glück tüchtiger und engagierter Nachfolge zu.

      Das «Blaue Buch», wie es die Studierenden nennen, legt weiterhin grossen Wert auf Verständlichkeit. Es stützt sich auf die aktuelle politikwissenschaftliche Forschung, will aber auch einer nicht akademischen Leserschaft vertiefte Einblicke in die faszinierende schweizerische Demokratie verschaffen. Die Neuauflage des Buchs erforderte, wie alle vorangehenden, eine gründliche Überarbeitung des Texts und die Aufdatierung aller statistischen Angaben. Denn die politischen Institutionen, die schweizerische Politik und ihre internationale Verflechtung sind einem tief greifenden und schnellen Veränderungsprozess unterworfen. Mit dem Aufstieg der SVP und der Spaltung des ehemals geschlossenen Bürgerblocks hat sich die Parteienlandschaft nachhaltig verändert. Die politische Polarisierung zwischen Links und Rechts ist stärker geworden, und die Konkordanz als «Politik der Verständigung» hat mehrere Krisenmomente überstehen müssen. 25 Jahre nachdem die Stimmbürgerschaft entschieden hat, den EWR-Beitritt abzulehnen, ist die schweizerische Gesellschaft in der EU-Frage immer noch tief gespalten. Der bilaterale Weg entspricht zwar den Wünschen eines Grossteils der Wählerschaft, hat aber die Europäisierung und Globalisierung der Wirtschaft weit über die Verträge mit Brüssel hinaus vorangetrieben. Beides hat die schweizerische Politik schneller und womöglich stärker verändert als alle vorherigen Jahrzehnte der Nachkriegszeit. Der damit verbundene Wandel ist gerade in jüngster Zeit von heftigen gesellschaftlichen Konflikten begleitet: Die Annahme der Volksinitiative «gegen die Masseneinwanderung» hat nicht nur die Stimmbürgerschaft gespalten, sondern zu Konflikten mit Brüssel und Ungewissheit über die Zukunft unseres Verhältnisses mit der EU geführt. Vermehrt nimmt die politische Öffentlichkeit wahr, wie Globalisierung und Europäisierung die institutionelle Politik verändern: Der Einfluss der Regierung nimmt zu auf Kosten des Parlaments, die Kräfteverhältnisse unter den Verbänden ändern sich, Volksinitiativen reiben sich an der Internationalisierung des Rechts. Die einst klare Trennung zwischen Innen- und Aussenpolitik wird unscharf, und trotzdem haben sich zwei sehr unterschiedliche Regimes im Entscheidungsprozess herausgebildet: Die Innenpolitik folgt nach wie vor dem langsamen Rhythmus bedächtiger Schritte, die, wie die Reform der Gesundheits- und Sozialpolitik, nur gegen den Widerstand vieler zu erringen sind. Ganz anders die Aussenpolitik: In ihren europäisierten Bereichen hat sie sich dem Entscheidungstempo und Veränderungsdruck aus Brüssel anzupassen – ein Prozess, der von vielen als Diktat von aussen und oben empfunden wird und der deshalb die interne Polarisierung laufend verstärkt.

      Dies alles sowie der Wunsch, die jüngsten Forschungserträge der schweizerischen Politikwissenschaft zu berücksichtigen, machten erneut eine gründliche Überarbeitung der «Schweizerischen Demokratie» notwendig: Die institutionellen Reformen der Verfassung, des Finanzausgleichs, der Volksrechte, der Justizreform etc. sind nachgeführt; Gleiches gilt für alle statistischen Daten. Letztere veralten zwar schnell und sind heute zudem über das Internet leicht zugänglich. Dennoch behalten wir sie in diesem Lehrbuch bei – nicht um eine falsche Zahlengläubigkeit zu fördern, sondern um den Sinn für Proportionen zu schärfen. Inhaltliche Veränderungen gibt es in allen Kapiteln, vor allem in jenen zu den Parteien, zum Föderalismus und zur Konkordanz. Der letzte Teil – die «Perspektiven» – thematisiert vor allem die Zukunftsfragen von Europäisierung und Globalisierung.

      Anders als die Verfassungslehre, welche sich auf die Interpretation der institutionellen Rechtsregeln beschränkt, beschreibt und analysiert Politikwissenschaft auch die Prozesse der gesellschaftlichen Konfliktbewältigung; sie verbindet also gewissermassen die institutionellen Regeln mit den Spielen, die darin stattfinden. Dabei steht die Auseinandersetzung mit der Demokratie im Vordergrund. Die Schweizerinnen und Schweizer leben heute mit dem ererbten Privileg der Volksrechte, das ihnen ein Stück mehr Volksherrschaft in die Hand gibt als den Bürgerinnen und Bürgern im europäischen Umfeld. Und doch erfährt auch die Schweizer Stimmbürgerschaft die Grenzen unverfälschter und gleicher Partizipation in der realen Demokratie. Dieses Spannungsfeld zwischen idealer und realer Demokratie auszuloten, ist unser besonderes Anliegen. Denn im aktuellen Prozess der Globalisierung und internen Polarisierung steht die Demokratie vor neuen Herausforderungen, aber auch vor Gefährdungen.

      Beibehalten bleibt die Struktur des Stoffes: Nach einer kurzen Einführung präsentieren wir kapitelweise die grundlegenden Elemente schweizerischer Demokratie – Staatsvolk, Parteien und neue soziale Bewegungen, Verbände, Parlament, Regierung, Volksrechte und Föderalismus. Wie all diese Elemente zusammenwirken, wird im Kapitel «Das Entscheidungssystem der Konkordanz» gezeigt. Wer mit dem schweizerischen Politiksystem wenig vertraut ist, kann dieses Kapitel zuerst lesen und zusammen mit der Einleitung als Übersicht zur Kenntnis nehmen. Obwohl zwar immer «alles mit allem» zusammenhängt, lässt sich jedes Kapitel als selbständige Einheit lesen, was Benützer auch immer wieder als besonderen Vorzug des Buches bezeichnen. Um die Zahl der Verweise auf andere Kapitel in Grenzen zu halten, haben wir gewisse Wiederholungen in Kauf genommen. Die zeitgeschichtliche Perspektive scheint uns wichtig. Erst sie erschliesst die Bedeutung vieler tagespolitischer Ereignisse. Wir haben daher nicht nur die Entwicklung der Institutionen, sondern auch die Entscheidungsprozesse einzelner

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