Mehr ausbrüten, weniger gackern. Andreas Müller

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Mehr ausbrüten, weniger gackern - Andreas Müller LernCoaching

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des täglichen Schullebens Zeit und Raum zu geben. Viele zwingende Arrangements, den Hintern zu heben, sind verschwunden. Und was nicht natürlicherweise geschieht, muss inszeniert werden. Etwas aktiv tun – körperlich zumal – ist eine Quelle der Erkenntnis, dass es zum Wohlbefinden beiträgt, den inneren Schweinehund an die kurze Leine zu nehmen. Nietzsche passt deshalb auch hier: «Wer sich selber nicht mag, ist fortwährend bereit, sich dafür zu rächen.» An sich, an anderen und an den Dingen.

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      Geist oder Glotze

      In den Jahren 2004 und 2005 untersuchten Forscher die geistige Entwicklung von knapp 1900 Vorschulkindern. Grundlage der Untersuchung war ein Test, bei dem die Kinder aufgefordert wurden, einen Menschen zu zeichnen. Je differenzierter und realistischer die Abbildung war, desto höher wurde die Leistung des Kindes eingestuft.

      Die Abbildungen zeigen typische Zeichnungen von Kindern, ...

      ... die täglich bis zu einer Stunde fernsehen

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      ... die täglich mindestens drei Stunden fernsehen

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      Quelle: «Kinder- und Jugendarzt» 4/2006

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      Orientierung

      Wer nicht weiss, wohin er will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.

      LRF 1:

      Orientierung bieten

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      Angenommen, jemand fährt in dunkler Nacht auf Nebenwegen nach Paris. Plötzlich taucht im Scheinwerferlicht ein Ortsschild auf. Der Fahrer kennt den Ort nicht. Aber er nimmt die Karte hervor. Und er sieht: Ah, da liegt diese Ortschaft. Und er kann erkennen, wie weit es noch geht bis Paris. Und wo die Autobahn verläuft. Anders gesagt: Er kann sich orientieren. Das gibt Sicherheit.

      Orientierungslosigkeit dagegen schafft Unsicherheit. Unsicherheit macht Angst und führt zu Abhängigkeiten. Das gilt auch und gerade fürs Lernen. Denn lernen soll ja von der Abhängigkeit in die Unabhängigkeit führen. Das beginnt beim Kleinkind. Und es sollte in der Schule weitergehen. Das heisst: Die Schule muss den Lernenden Orientierung bieten auf ihrem Weg in die Unabhängigkeit.

       image aufgepickt

      Wer in die falsche Richtung geht, dem hilft auch Rennen nichts.

      In tradierten schulischen Settings dreht sich die Orientierung um die Lehrperson. Sie ist die Orientierung. Sie sagt, wann was zu geschehen hat. Sie sagt, was gut ist und was nicht. Die zentrale Frage, die Lernende sich stellen müssen, ist einfach: Was will er oder sie da vorne unter der Wandtafel? Die entsprechenden Anpassungsleistungen werden honoriert. Unter anderem durch gute Noten.

      Folgende Szene: Ein Lernender erklärt, er hätte eine Fünf5 haben sollen. Er habe jetzt aber nur eine Vier geschafft. Deshalb reiche es ihm nicht für den Übertritt. Wird dieser Lernende gefragt, was er denn mehr gewusst oder gekonnt hätte mit einer Fünf, wird er die Antwort wohl schuldig bleiben. In der Schule (und in den Diskussionen um Schulleistungen in der Familie) geht es selten um Inhalte. Es geht fast ausschliesslich um Stellvertreter von Inhalten – in Form von Zensuren.

      Für alle Fächer legt ein Lehrplan die Themen fest. Bestimmt wird aber das, was in der Schule «durchgenommen» wird, von den Lehrmitteln – Kapitel um Kapitel, Seite um Seite. Sie sind, zusammen mit den Vorlieben der Lehrpersonen, der heimliche Lehrplan. Verstärkt ist jetzt noch das Teaching-to-the-test im Hinblick auf die Standards aller möglichen Vergleichsarbeiten und Testverfahren dazugekommen. Lernende haben sich an externe Drehbücher zu halten. Sie haben nachzusingen, was andere vorgesungen haben – Karaoke-Lernen.

      Wer hat, dem wird gegeben

      Die Orientierung an Inhalten erleichtert den Wissensaufbau. Denn: «Wissen ist der entscheidende Schlüssel zum Können.» (Stern 2007) Damit ist nicht eine Ansammlung lebloser Fakten gemeint. «Mit derartigem Wissen kann man mit etwas Glück einige Runden im Fernsehquiz überstehen. Ansonsten ist isoliertes Faktenwissen unbrauchbar. Zweifellos sieht ein Grossteil des in der Schule erworbenen Wissens genau so aus: einige korrekte Fetzen aus einem wüsten Haufen Müll. (...) Es gibt intelligentes und weniger intelligentes Wissen. Die Redewendung ‚Wissen vermitteln’ ist, wenn es um intelligentes Wissen geht, unangemessen. Intelligentes Wissen kann nicht über eine Art Fotokopierprozess vom Kopf des Lehrers in den Kopf des Schülers übertragen werden. Es muss vom Lernenden konstruiert werden, indem er mit der neu eingegangenen Information an sein bereits bestehendes Wissen anknüpft. Je mehr Wissen er hat und je besser dieses strukturiert ist, umso leichter kann er neu eingehende Informationen aufnehmen.» (Stern 2007) Oder wie heisst es in der Bibel: Wer hat, dem wird gegeben.

      Lernen ist also ein individueller Konstruktionsprozess. Lernende lernen selbst. Es geschieht einfach. Wer aber sein Lernen zielführend gestalten will, muss sich orientieren können. Und zwar an Inhalten! Lernende müssen wissen, was man können könnte. Sie müssen wissen, wo sie stehen. Sie müssen Ziele sehen. Und das alles auf der Basis von klaren und transparenten Inhaltsbeschreibungen.

      Denn kompetenzorientiertes und selbstwirksames Lernen braucht Orientierung in Form von Referenzwerten.

      Selbstwirksamkeit kann auch umschrieben werden als Gegenteil des Gefühls, ausgeliefert zu sein. Dieses Gefühl der Abhängigkeit kann leicht entstehen in einem System, in dem Lehrpersonen, unterstützt durch Lehrmittel, den Stoff und die Dosierung weitgehend bestimmen.

      Selbstwirksames Lernen verlangt indes nach anderen Arrangements. Lernende müssen ihr Lernen selbst in die Hand nehmen können. Ein methodischer Ansatz dabei: Referenzieren.

      Worum geht es? Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, individuelle Leistungen mit einem Referenzwert in Beziehung zu bringen. Diesen Referenzwert und damit die inhaltliche Basis bilden so genannte Kompetenzraster.

      «Unbestritten ist», stellt Anton Strittmatter klar, «dass aus dem heutigen Nebel der überladenen Lehrpläne und diffusen sowie widersprüchlichen Ansprüche an Schule und Unterricht herausgefunden werden muss, dass der Bildungsauftrag stärker fokussiert werden muss, und dies in Form von Kompetenzbeschreibungen (in der Art des Europäischen Sprachenportfolios) und zugeordneten Standards des Erreichens durch die Lernenden der verschiedenen Bildungsstufen. Dieser Ansatz macht jedoch nur dann Sinn, wenn die Standards eben auch Standards des Erreichens sein dürfen, was eine Politik des ‚Mastery Learning’ voraussetzt.» (Strittmatter 2006)

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      Beispiel Kompetenzraster

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      Solche Referenzwerte sind anschaulich

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