Ausbilden. Andreas Grassi
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Die Leitung des Projektteams musste unserer Ansicht nach ein OdA-Vertreter innehaben. Er führte das Projekt operativ, leitete die Teamsitzungen, tauschte sich intensiv mit der pädagogischen Beratung aus und pflegte einen direkten Kontakt zu Personen der Branche und der praktischen Ausbildung.
1.4.3 Pädagogische Beratung
Das Projektteam wusste dank der OdA-Vertreter, welches Fachwissen in der Grundbildung vermittelt werden muss. Über spezifisches Wissen, wie eine Bildungsverordnung und ein Bildungsplan heutzutage entwickelt und geschrieben werden, verfügten die OdA-Vertreter nicht. Aus diesem Grund wurde eine spezialisierte Beratungsfirma beigezogen. Sie wurde mit grosser Sorgfalt ausgewählt, denn es war wichtig, dass sie zum einen über Erfahrung mit solchen Reformen verfügt und zum andern die Vorgaben und Prozesse des SBFI genau kennt. Zu bedenken war dabei auch, dass die Vorstellungen, welche Strukturen oder Formulierungen in den Bildungsverordnungen und -plänen richtig sind, von Beratungsunternehmen zu Beratungsunternehmen variieren.
1.5 Verschiedene Anforderungen unter einen Hut bringen
Bei der Berufsbildung treffen erfahrungsgemäss die unterschiedlichsten Vorgaben, Anforderungen und Wünsche aufeinander:
•Die Lehrbetriebe möchten eine Ausbildung, die ihnen nützt und die möglichst kurz ist, damit die Lernenden nicht allzu häufig abwesend sind.
•Bei den Lehrpersonen stehen vor allem pädagogisch-didaktische und ab und zu auch ganzheitlich-humanistische Aspekte im Vordergrund.
•Ausbildungsstätten bevorzugen umfangreiche Ausbildungen, damit sie ihren Lehrauftrag möglichst vollumfänglich erfüllen und dabei auch ihre Infrastrukturen auslasten können.
•Den Verwaltungen von Bund oder Kantonen sind formale und juristische Faktoren wie auch die Kosten wichtig.
•Die Berufsverbände schliesslich wollen eine kostengünstige Ausbildung.
Die Vorgaben der Branche – beispielsweise die Anzahl der Tage für die überbetrieblichen Kurse – wollten wir möglichst früh festlegen. Damit ein effizienter Projektablauf möglich war, sollten diese Vorgaben später nicht mehr verändert werden. Wir hielten deshalb alle Entscheide schriftlich fest. Auch die Kommission B&Q diskutierte in einer sehr frühen Phase Rahmen und Ziele der Revision. Auch ihre Beschlüsse wurden konsequent schriftlich festgehalten.
Gesetzliche Vorgaben von Bund und Kantonen sind zwingend einzuhalten. Dazu gehört beispielsweise die Anzahl der Lektionen in den Fachkursen. Bei der Revision können diese Vorgaben natürlich nicht verändert werden. Indem die mit der Revision betrauten Gremien frühzeitig über nicht veränderbare Randbedingungen informiert wurden, konnten unnötige Diskussionen vermieden werden.
1.6 Eine Revision ist nicht gratis zu haben
Das SBFI unterstützt die Revision von Bildungsverordnungen und Bildungsplänen finanziell mit einem Pauschalbetrag. Doch dieser vermochte die Projektkosten bei Weitem nicht zu decken, denn es wurden die Ausbildungspläne für insgesamt neun Berufe revidiert und für einen Beruf vollständig neu entwickelt. Wichtig war darum, dass die OdA ihrerseits über ausreichend finanzielle Mittel und Personalressourcen verfügten.
1.7 Das Geheimnis des Erfolgs
Eine Revision der Bildungspläne und Bildungsverordnungen ist ein grosses Unterfangen und hat für die Lehrbetriebe und Bildungseinrichtungen mitunter weitreichende Konsequenzen. Die Schweizer Infrastrukturbauer und Infra Suisse haben die aktuelle Revision erfolgreich bewältigt. Rückblickend haben sich folgende Elemente als zentral erwiesen:
•Einen allen bekannten Handlungsspielraum schaffen. Die Revision einer Bildungsverordnung und von Bildungsplänen erfolgt im Rahmen gesetzlicher Vorgaben. Es gibt Randbedingungen, die gegeben sind und daher auch nicht ständig infrage gestellt oder ausufernd diskutiert werden müssen. Es gibt zudem Punkte, die vom Steuerungsausschuss frühzeitig entschieden werden und später nur im Ausnahmefall abgeändert werden dürfen.
•Experten aus der Praxis beziehen. Jede Revision orientiert sich an der Berufspraxis. Es war uns darum wichtig, die Lehrbetriebe möglichst früh in den Prozess einzubeziehen und ihre Meinungen und Erfahrungen zu nutzen, beispielsweise in Workshops. Während der Revisionsarbeit ergaben sich immer wieder folgende Fragen: Welche Kompetenzen braucht unsere Branche wirklich? Was muss eine Fachperson an ihrem ersten Arbeitstag nach dem Lehrabschluss wirklich können?
•Lehrkräfte und Instruktoren beziehen. Die Ausbildnerinnen und Ausbildner an Berufsfachschulen und in überbetrieblichen Kursen verfügen über einen grossen Erfahrungsschatz. Eine Revision, die dieses Wissen miteinbezieht, hat es bei der praktischen Umsetzung leichter.
•Beratung von aussen holen. Wissen, das bei den OdA oder in der Kommission B&Q nicht vorhanden ist, muss zugekauft werden. Es war wichtig, dass die beigezogenen Berater die Prozesse einer Revision kennen und beim Formulieren von Arbeitssituationsbeschreibungen und Kompetenzen überzeugen. Zudem mussten sie ein gewisses Verständnis für den Arbeitsalltag unserer Berufe mitbringen.
•Sich auf das Wesentliche beschränken. Die Gefahr, dass mit jeder Revision der Anforderungskatalog an die Grundbildung wächst, ist gross. Eine Bildungsverordnung oder ein Bildungsplan wird nie komplett oder gar perfekt sein. Es ist darum ratsam, bei jeder Kompetenz zu überlegen, ob sie von einem Berufseinsteiger erwartet werden darf oder muss. Was Aufgabe des Kaders ist, hat in einer Grundbildung nichts zu suchen. Diese Einsicht verlangt von allen Mut zur Lücke und eine realistische Einschätzung des Arbeitsalltags.
•Ein gut organisiertes und geführtes Projektteam garantieren. Eine speditive und effiziente Reform ist für alle Beteiligte motivierend und führt nicht selten auch zu besseren Ergebnissen. Die Organisation des Projektteams ist dabei entscheidend. Damit es effizient arbeiten kann, muss das Team gut geführt und sein Zuständigkeitsbereich klar geregelt sein.
2 Von Inhaltskatalogen zu beruflichen Handlungskompetenzen
Weg von Inhaltskatalogen, hin zu beruflichen Handlungskompetenzen – das erklärte Ziel der vorliegenden Reform. Doch was verbirgt sich überhaupt hinter dem Begriff «Handlungskompetenz»? Und welchen Weg muss man gehen, damit man zu einer handlungsorientierten Grundbildung kommt?
In der beruflichen Grundbildung ist es in den letzten anderthalb Jahrzehnten zu einem Paradigmenwechsel gekommen, der sich auch in den curricularen Grundlagen spiegelt. Während Ausbildung und Qualifikationsverfahren früher durch Inhaltskataloge und Lernziele gesteuert wurden, stehen heute die Handlungskompetenzen im Mittelpunkt.
2.1 Grundlagen des Paradigmenwechsels
Gesetzliche Basis für die berufliche Grundbildung bildet das Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 2002 (BBG, in Kraft seit dem 1. Januar 2004). Folgendes ist in Artikel 15 zu lesen:
«Die berufliche Grundbildung dient der Vermittlung und dem Erwerb der Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten (nachfolgend Qualifikationen),