Das letzte Steak. Hansjörg Anderegg
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Читать онлайн книгу Das letzte Steak - Hansjörg Anderegg страница 6
»Alles geht den Bach runter.«
»Scotty spielt auf seinem Computer«, sagte Josh mit einem Lächeln, das ihn aufmuntern sollte.
Tatsächlich war es das erste Mal, dass er den Computerspielen seines Sohnes etwas Positives abgewinnen konnte.
Josh wandte sich an seinen Vorarbeiter: »Was geht den Bach runter?«
»Thomas steht auf der Straße. Seine Bude ist pleite.«
Josh sah Thomas vorwurfsvoll an. »Warum sagst du denn nichts?«
»Was soll ich dazu sagen? Mir gehen jetzt andere Dinge durch den Kopf, wie du dir vorstellen kannst.«
Josh überlegte nicht lange. »Mach dir mal keine Sorgen um den Job«, beruhigte er. »Aaron kann einen guten Magaziner brauchen, nicht wahr?«
Die Frage war an den Vorarbeiter gerichtet. Der grinste erfreut und antwortete:
»Jederzeit. Du kannst morgen anfangen.«
Flüchtig streifte Thomas der Gedanke an einen üblen Scherz, doch Josh streckte ihm die Hand entgegen und fragte:
»Deal?«
Er schlug zögernd ein. »Ich weiß nicht, ob ich morgen schon …«
»Ach, war nicht so gemeint«, stellte Aaron klar. »Lass dir ruhig Zeit, aber ich rechne mit dir.«
»Ein Problem weniger«, lächelte Josh. »Siehst du, schon geht es wieder aufwärts.«
Er stand auf und zog das Telefon aus der Tasche, während er murmelte: »Jetzt wollen wir mal der Polizei Beine machen.«
Während des Gesprächs tigerte der Patron erregt durch die Wohnung, sodass nur Wortfetzen an den Küchentisch drangen.
»Sie wird nach London überführt«, erklärte er, als er sich wieder setzte. »Scotland Yard übernimmt den Fall. Wurde auch Zeit, dass die Profis übernehmen.«
Die Nachricht überraschte und verwirrte Thomas. »London?«, fragte er unsicher. »Was heißt das? Wann kann ich zu ihr?«
Josh klopfte ihm auf die Schulter. »Bald. Lass das nur meine Sorge sein. Ich mache ihnen Feuer unterm Hintern, dass ihnen Hören und Sehen vergehen, wenn sie schlampen.«
Er brauchte gern große Worte, doch der forsche Ton wirkte unter diesen Umständen beruhigend. Thomas traute ihm durchaus zu, selbst bei Scotland Yard etwas zu bewegen. Josh war nicht irgendwer. Er gehörte zum Jetset Norwichs, wo er seinen Landsitz hatte, und zu den besten Steuerzahlern Suffolks, wo seine Fabrik stand. Sein Einfluss auf Politik und Behörden war nicht zu unterschätzen.
Thomas fühlte sich jedenfalls wesentlich besser, nachdem er mit den beiden gesprochen hatte.
»Meinst du, er packt es?«, fragte Aaron, als Josh zu ihm ins Auto stieg.
Josh nickte schweigend.
»Schlimm für deinen Jungen«, murmelte Aaron.
Josh warf ihm einen warnenden Blick zu und sagte nur: »Du solltest dich in der Fabrik umhören – und am Hafen.«
»Darauf kannst du einen lassen. Wir kriegen das Schwein.«
Scotland Yard, London
Detective Chief Inspector Adam Rutherford eilte mit stummem Gruß an der Vorzimmerdame vorbei zur Tür von Chief Superintendent Whitney. Die Dame, die schon zwei Chiefs überlebt hatte, sprang entsetzt auf und rief:
»Halt Sir! Der Superintendent darf nicht gestört …«
Den Rest verschluckte sie, denn Adam betrat nach energischem Klopfen kurzerhand das Allerheiligste seines Vorgesetzten und Freundes.
»Eines Tages wirst du sie umbringen«, warf der ihm vor, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. »Kannst du dich nicht anständig anmelden wie alle andern?«
»Ich bin nicht alle andern«, brummte Adam. »Hast du zwei Minuten?«
»Die sind schon fast vorbei.«
Er staunte über die ausnehmend gute Laune seines Chefs. Ironie war sonst nicht seine Stärke, wie auch alle andern Formen von Humor. Er nutzte die Gelegenheit, um gleich den heiklen Punkt anzusprechen.
»Ich brauche zehn Leute.«
Ein Wolkenbruch braute sich auf Whitneys Gesicht zusammen, doch dann zog er die Mundwinkel hoch und fragte leichthin:
»Nur zehn?«
Sein Chef war heute wirklich nicht zu bremsen.
»Ich mache keine Witze«, sagte er bestimmt.
Whitney beugte sich vor und blickte ihn an wie sein Mathematiklehrer vor hundert Jahren nach einer verpatzten Arbeit. Ungeduldig fragte er:
»Erinnerst du dich an die Kürzung unseres Etats im Januar? Du musstest selbst zwei Leute entlassen.«
»Habe ich vergessen, mich dafür zu bedanken? Hör mal, ich weiß nicht, wie du dir das vorstellst. Beim Chapham Killer hat sich gerade eine heiße Spur ergeben, in Felixstowe muss die ganze verdammte Fabrik vernommen werden, Hafenarbeiter, Anwohner, Autovermietungen, Taxifahrer und Wirte nicht zu vergessen. Das sind über fünfhundert Leute. Jetzt sollen noch vier meiner Männer die Drugs unterstützen. All das mit elf überarbeiteten Detectives, mich eingeschlossen. Es wird lange dauern.«
Whitney versuchte eine Weile, in seinen Gedanken zu lesen.
»Fünfhundert?«, fragte er schließlich verwundert. »Gibt es denn so viele Menschen in diesem gottverlassenen Felixstowe?«
Er wollte dem Superintendent die gute Laune wirklich nicht verderben, aber sein Problem musste jetzt gelöst werden. Ungeduldig wartete er auf Whitneys konstruktiven Beitrag.
»Ich kann keine zehn Detectives aus dem Hut zaubern, nicht einmal einen«, erklärte der schließlich zögernd, während er sein Gekritzel auf dem Notizblock eingehend betrachtete.
Was schließen wir daraus?, hätte Adam beinahe gefragt, doch er ließ Whitney weiter zappeln. Endlich legte sein Chef den Stift weg.
»Wie weit seid ihr mit den Dealern?«
Die Unterhaltung schwenkte in die richtige Richtung, dachte Adam erfreut.
»Meine Leute sind eben erst daran, sich einzuarbeiten.«
»Die sollen die Akten wieder zurückschicken. Ich sorge dafür, dass die Drogenfahndung allein klarkommt. Konzentriert euch auf die Tötungsdelikte.«
Adam erwiderte den vernichtenden Blick der Vorzimmerdame mit einem zufriedenen Lächeln. Sein Plan war aufgegangen. Whitney würde nach einer oder zwei Stunden auch begreifen, dass er keineswegs seinen Laden aufblähen, sondern sich nur auf den eigentlichen Job der Mordkommission konzentrieren und den lästigen Exkurs in die Drogenfahndung vermeiden wollte. Womöglich würde ihn die Geschichte eine