Unabwendbare Zufälligkeiten. Inge Borg

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Unabwendbare Zufälligkeiten - Inge Borg

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Hans-Peter war diese Steckwand für Aushänge beim Einkauf aufgefallen und ein Versuch konnte nicht schaden.

      Das schien eine gute Lösung zu sein, jedenfalls waren alle auf Anhieb damit einverstanden. Sie atmeten erleichtert auf, es war ihnen nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, für Vater einen Heimplatz zu suchen. Dafür versprachen sie sich nun gegenseitig, ab sofort viel öfter mit Vater zu telefonieren und damit wurde es auch Zeit den Heimweg anzutreten. Immerhin waren die Fahrten bis Nähe Hannover und Bielefeld noch ziemlich weit.

      Hans-Peter schrieb die Aushänge vor und er beschrieb einige Bogen Papier, ehe er endlich zufrieden war und ihm der Text gefiel. So schrieb er schließlich zwei Karten:

       Suchen für unseren Vater eine Haushaltshilfe

      für Einkäufe, putzen, waschen, bügeln usw.,

      sie sollte auch gut kochen können.

       Melden Sie sich per Telefon – Nr. 171817

      oder schauen Sie in der Bergstr. 10 vorbei.

      Während nun der Sohn gleich früh montags in den Ort fuhr mit den handgeschriebenen Karten, die auch die Zustimmung seines Vaters fanden, rückte dieser schon die leichteren Möbel in die Mitte des Zimmers. Damit sie, nach Hans-Peters Rückkehr, mit dem Abreißen der Tapete beginnen konnten.

      Inzwischen hatte dieser schon eine Karte im Baumarkt an der Aushänge-Tafel befestigt und begab sich zum Haus Agnes, mit der zweiten Karte. Dort bekam er gleich das Mittagessen ‚für Zwei‘ eingepackt, zum Mitnehmen. „Das braucht Ihr nur noch aufwärmen.“ Agnes Hackler winkte ab, als Hans-Peter die Geldbörse hervorzog. „Die lass mal stecken, das geht heute aufs Haus!“ Hans-Peter sah noch, wie sie die Karte, sichtbar für jeden, auf die Theke an eine Vase anlehnte und schritt zufrieden zum Parkplatz.

      Kaum zuhause angekommen, rief Vater ihm entgegen: „Junge, wo bleibst du denn so lange? Hier war schon ein Anruf, eine Frau kommt nachher um sich vorzustellen.“

      Hans-Peter fand einen ziemlich aufgeregten Vater vor. Aber das nutzte momentan überhaupt nichts, besser ging es doch nicht. Trotzdem, die alte Tapete musste runter von der Wand und es ging leichter als gedacht. Sie stopften sie in die Müllsäcke, welche sie zu diesem Zweck extra eingekauft hatten. Gegen Mittag bat der Sohn: „Vater, wärm du das Essen auf, dann rühre ich schon mal den Kleister an, damit wir nachher gleich anfangen können. Hoffentlich lässt sich die neue Tapete gut verarbeiten.“ Immerhin konnte Hans-Peter diesbezüglich schon so einige Erfahrungen sammeln und war dementsprechend skeptisch. Aber erst wurde Frau Hackler‘s Menü verspeist.

      Danach kämpften Vater und Sohn gerade mit der ersten Tapetenbahn, da schellte es. Otto Scholz öffnete erwartungsvoll die Haustüre. Hans-Peter sah neugierig vom Flur aus zu und erkannte sofort Vaters Entsetzen. Dann sah Hans-Peter sie auch. Und ehe diese bunt gekleidete und zurechtgemachte Dame überhaupt ihren knallrot geschminkten Mund auftun konnte, ließ Vater einen Schrei los: „NEIN!“ In der nächsten Sekunde schlug er dieser Dame die Haustüre vor der Nase zu. Geschockt starrte er ein paar Sekunden die geschlossene Tür an. Mit aufheulendem Motor und quietschenden Reifen schien die Bewerberin ihrer Empörung Luft zu machen. Ein Auto fuhr davon und wurde schnell leiser.

      „Was war das denn?“, stöhnte Vater Scholz, sich seinem Sohn zuwendend und hörte nicht auf, seinen Kopf zu schütteln. So etwas Aufgedonnertes! In seinem Haushalt? Nie und nimmer! „Ehe die sich in einen Paradiesvogel verwandelt hat, ist doch der Tag rum, wann will die denn kochen? Und putzen? Die?“

      „Hm, Papa, vielleicht kann sie außerdem nicht richtig lesen und hat was ganz Anderes gedacht?“ Hans-Peter kicherte eine Weile belustigt vor sich hin. Dann fand er jedoch: „Aber sie war doch schon früh unterwegs, muss doch die Karte unmittelbar gelesen haben, nachdem ich sie am Brett befestigte. Sie hatte doch schon angerufen, ehe ich zurückkam“, gab der Sohn zu bedenken.

      Vater raunte: „Meine Güte, was haben wir da nur angezettelt?“ An diesem Tag gab es keine weitere Störung mehr in gleicher Sache. Nicht an der Haustür und auch nicht am Telefon. Die Herren Scholz ahnten allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht, wie ganz und gar überflüssig eigentlich das Schreiben und Aushängen dieser Karten gewesen war.

       10

      Ein plötzliches lautes Kindergeschrei ließ Susanne aus ihrem Haus auf die Straße rennen. Ebenso eilig stürzte Helene aus ihrer Haustüre. Das hörte sich ja bedrohlich an! Beide sahen das kleine Mädchen gleichzeitig. Es stand auf der Straße, weit vorgebeugt, seine krausen blonden Löckchen fielen ihm halb ins Gesicht, es starrte auf seine Knie, das rechte blutete stark, das Blut lief bereits in das helle Söckchen. Rosi oder Rosa, wie immer auch ihr Name lautete, schrie wie am Spieß! Im nächsten Moment wurde schräg gegenüber, bei der Haus Nummer 4, die Eingangstüre ruckartig aufgerissen. Die Mutter erschien und kreischte hysterisch laut: „Mach, dass du reinkommst und hör mit dem Gebrüll auf, ehe die ganze Straße zusammenläuft. Wird’s bald, mach dich rein, verdammt noch mal!“

      Helene und Susanne erschraken, diese unmögliche Person!

      Die Kleine wimmerte: „Ich wollte fortlaufen, da bin ich gefallen.“ Das war sehr leise, nur Helene Weber konnte es verstehen, sie stand nahe genug, auch noch um zu sehen, wie sich die Kleine von ihrer Mutter eine Backpfeife einfing. Dann schlug die Tür mit einem Knall hinter Mutter und Kind zu.

      „Die hat sie doch nicht alle“, entschlüpfte es Helene entrüstet.

      Susanne ging ein paar Schritte die Straße hinab, näherte sich Helene. „Wann hast du zuletzt den Vater von, ich nenne sie jetzt einfach mal Rosi, gesehen?“, fragte sie.

      Helene hob die Schultern. „Das ist mindestens vier Wochen her.“ Sie war viel zu empört und auch verwirrt, um einen klaren Gedanken fassen zu können. „Vielleicht auch länger.“

      Inzwischen war Frank Hauff ebenfalls von dem Spektakel angelockt worden und trat zu ihnen. „Was war denn los?“

      „Frau Haas hat mit ihrer kleine Tochter Stress“, antwortete Helene aufgeregt. „Das Kind flüsterte es wollte fortlaufen, deshalb sei es gefallen.“

      „Wenn ein Kind von zu Hause weglaufen will, stimmt es da sicherlich schon länger nicht mehr“, überlegte Frank laut.

      „Das glaube ich auch und jetzt verstehe ich erst, was Michael gemeint hat mit den traurigen Augen der kleinen Rosi“, entrüstete sich Susanne. „Er weiß nicht einmal ihren Namen. Michael glaubt sie heißt Rosi, jedenfalls so ähnlich. Und das, wo sie doch die einzigen Kinder in unserer Siedlung sind.“ Und nach kurzem Nachdenken: „Na ja, wir Erwachsenen machen es ihnen ja vor, Fremde zu sein.“

      Helene meinte zu wissen: „Ihr Vater ist oft wochenlang auf Montage, manchmal sogar im Ausland, wahrscheinlich derzeit auch wieder. Hat irgendwas mit Maschinenbau zu tun, ich weiß aber nichts Genaues. Frau Haas ist ein Biest! Sie will mit nichts und niemand etwas zu tun haben, ist die Unhöflichkeit in Person! Und ich weiß wovon ich spreche! Sie hält sich wohl für was Besseres. – Du hast recht Susanne, wir können und müssen was dran ändern, ich meine in der Nachbarschaft, wir sollten endlich aufeinander zugehen! Und wenn es alleine nur dem kleinen Nachbarkind zuliebe ist.“

      „Genau, wir haben ja schon den Anfang gemacht. Aber in der Sache Haas heißt das erst mal, wir müssen unsere Augen und Ohren weit geöffnet halten!“, fürchtete Susanne.

      „Wie willst du das denn anstellen?“ Frank schüttelte

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