Liccle Bit. Der Kleine aus Crongton. Alex Wheatle

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Liccle Bit. Der Kleine aus Crongton - Alex Wheatle

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Stimme war schwer vor lauter Trauer. Sein Tonfall überraschte mich. »Wenn ein Bruder in der Scheiße gesessen hat, war er immer der Erste, der angerannt kam, um zu helfen, hast du kapiert? Der hat nicht gezögert, Renegaten an die Wand zu drücken.«

      »Rene … was? Klar, kapiert… tut mir leid, du weißt schon, tut mir echt leid.«

      »Das weiß ich zu schätzen, Kleiner, ja wirklich. Ich werde mich um seine Familie kümmern, weißt du, denen was spenden. Die brauchen es, sein Dad hat sich schon lange verpisst. Keine Ahnung, wieso er die einfach hat sitzen lassen.« Pause. »Ich will, dass du mir einen Gefallen tust.«

      »Ich?«

      Ich hoffte, dass es was Leichtes sein würde, wie zum Beispiel Eis aus dem Laden holen. Aber irgendwie wusste ich schon, dass es das nicht war.

      »Ja, du«, sagte er. »Ich hab das Gefühl, ich kann dir vertrauen. Du bist ehrlich.«

      Ich stellte mir Elaine und Mum vor, wie sie mich beschimpften, aber schließlich konnte ich meine eigenen Entscheidungen treffen, oder? Außerdem war egal, was ich machte, die beiden hassten mich sowieso.

      »Was soll ich machen?«, platzte es aus mir heraus.

      »Bloß wo hingehen und was abholen«, erwiderte Manjaro. »Kein großes Ding, aber wenn du mir den Gefallen tust, spende ich dir was.«

      Ich fragte mich, wie viel das sein würde. Wenn ich noch öfter was für Manjaro erledigen könnte, wäre vielleicht außer den neuen Sneakern auch noch ein neues Adidas-Trikot drin. Gar nicht so schlecht, oder? Nur eine kleine Besorgung, dann konnte ich mir neue Klamotten kaufen. Vielleicht würde Venetia mich dann endlich mal zur Kenntnis nehmen. »Ist es weit?«

      »Nein, ungefähr zwanzig Minuten zu Fuß hinter den alten Fabriken. Nicht weit von Crong Village.«

      »Und soll ich heute da hin?«

      »Nein, nicht heute. Heute trauern wir um Nightlife und in den nächsten Tagen auch noch. Gib mir deine Handynummer, dann bekommst du einen Anruf, wenn das Ding abgeholt werden muss.«

       Muss ich wirklich meine Nummer rausrücken? Und wenn er mich zu Hause anruft, wenn Elaine da ist? Von jetzt an stell ich mein Handy lieber auf lautlos.

      »Was ist es denn?«, wollte ich wissen.

      »Kein großes Ding«, sagte Manjaro schulterzuckend. »Ich würd’s selbst holen, aber sobald ich das Viertel hier verlasse, hab ich die Bullen an den Fersen. Du weißt doch, wie das ist, wenn die einen anhalten und durchsuchen, die ganze Scheiße, hast du kapiert? Jetzt wo Nightlife tot ist, wird’s noch schlimmer – der wusste, was es bedeutet, ein wahrer Bruder zu sein. Ich will mich nicht mit den Bullen anlegen, solange ich um Nightlife trauere.«

      »Kann ich verstehen«, erwiderte ich.

      »Und du hast doch noch nie Ärger mit den Bullen gehabt, oder? Wenn du was rumschleppst, dann doch meistens deine Schultasche und deine Zeichnungen, oder?«

      »Ich und Ärger? Meine Mum würde mir so die Ohren lang ziehen, das würdest du noch am anderen Ende von Crongton hören.«

      Manjaro grinste, aber kurz danach war sein Gesicht wieder wie Beton.

      Ich gab Manjaro meine Nummer. Ich fand’s komisch, dass er sie sich aufschrieb und nicht in sein Telefon einspeicherte.

      »Du hörst von uns«, sagte er.

      »Okay«, sagte ich.

      Dann schob er sich die Hände in die Taschen und verzog sich. Ich sah ihm nach, bis er um eine Ecke bog, und fragte mich, ob es richtig gewesen war, ihm meine Nummer zu geben. Gar kein Ding, fand ich. Wahrscheinlich soll ich ein paar Sneaker oder so was bei einer Freundin abholen – McKay schätzt, Manjaro hat in ganz Crongton an die sechs Ladys verteilt. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb meine Schwester ihn abgesägt hatte.

      7

      KURIERDIENST

      DIE NÄCHSTEN FÜNF TAGE VERGINGEN, ohne dass ich was von Manjaro hörte. Allerdings umso mehr von Mum und Elaine. Sie meckerten, weil ich vergessen hatte, den Flur und die Küche zu wischen, schimpften, weil ich den Abfall am Montag nach dem Essen nicht runtergebracht hatte, und brüllten mich an, weil ich drei Gläser Ribena getrunken und die Flasche leer gemacht hatte. Am Dienstagabend nahm Mum mir den Fernseher weg, weil ich zurückgemotzt hatte, als sie mich einen »kleinen Gierschlund, der immer nur Geld will« geschimpft hatte. Dabei hatte ich es nur gewagt, sie um ein paar Pfund für einen Haarschnitt zu bitten.

      Ich fing ein neues Bild an. Ich hatte noch genau im Kopf, wie die Bullen am Tatort ermittelten, und zeichnete die Blocks im Wareika Way mit den Leuten an den Fenstern. Gran kam ab und zu in mein Zimmer und schaute schweigend zu, wie ich zeichnete, und wenn sie aufstand und wieder rausging, sagte sie immer: »Weiter so, Lemar. Gott hat dich mit Talent gesegnet.«

      Mum und Elaine nahmen es nicht mal zur Kenntnis.

      Am Mittwochabend, als ich die Menschenmenge dazu zeichnete, hörte ich mein Handy piepen. Es war kurz nach sieben und ich dachte, Jonah oder McKay würden mir eine SMS schicken – dass Manjaro was von mir wollte, hatte ich schon vergessen. Ich öffnete die Nachricht.

      Ware abholen in der Crongton Lane 269 – 20 Uhr

      Von wem die Nachricht kam, wurde nicht angezeigt. Keine Ahnung, was das war, aber irgendwas in mir prickelte vor Aufregung. Ich sah auf meinem Handy nach der Uhrzeit. 19.10 Uhr. Dann las ich die Nachricht noch einmal. Soll ich sie ignorieren? Vielleicht sollte ich Manjaro sagen, dass ich schon schlief? Nee, das kauft er mir nie ab. Wieso hab ich jetzt Schiss? Er will doch nur, dass ich was abhole, und dafür krieg ich was. Genau. Ich gehe. Die Crongton Lane ist auch gar nicht so weit.

      Ich ging ins Wohnzimmer. Gran glotzte irgendeine Talkshow, und Mum hatte sich auf dem Sofa zusammengekauert und pennte. »Ich … ich geh rüber zu McKay. Ich … brauch Hilfe bei den Mathe-Hausaufgaben.«

      »Macht aber wirklich Hausaufgaben und verschwendet nicht eure Zeit mit der blöden Playstation«, sagte Gran. »Und sei vorsichtig da draußen.«

      »Klar Gran, wir lernen.« Ich hob die Stimme ein bisschen, hoffte, dass Mum mich hören würde. »Mum! Ich geh zu McKay. Bis später!«

      »Glaubst du, ich steh im zehnten Stock?«, erwiderte Mum und öffnete schläfrig ein Auge. »Hab’s schon beim ersten Mal gehört. Jetzt lass mich schlafen.«

      Ich ging noch mal zurück in mein Zimmer, holte tief Luft und zog meine Sneaker an. Wer wohl dort sein würde? Einer, den ich kannte? Vielleicht jemand von ganz oben aus Manjaros Crew. Was sollte ich holen? Ich musste zugeben, dass ich ganz schön Angst im Bauch hatte, aber ich fand’s auch echt aufregend. Manjaro bittet mich um einen Gefallen, und er wird mir was spenden. Ich setzte mich auf mein Bett, dachte über die Vor- und Nachteile der Situation nach.

      Als ich eine Viertelstunde später das Haus verließ, sah ich mich immer wieder um, dachte, dass mir Mum oder Gran vielleicht hinterhergingen. Ich kam vorbei an dem kaputt randalierten Jugendklub, wo mein Dad früher immer gewesen war, und an der alten verfallenen Fabrik, in der jetzt Penner übernachteten. Immer weiter Richtung Central Crongton.

      Fünfzig Meter vor der High Street ging die Crongton Lane links ab. Vor den Häusern

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