Die Putzfrauen meiner Mutter. Katja Pelzer

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Die Putzfrauen meiner Mutter - Katja Pelzer

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den neuen Präsidenten, dessen Name nicht genannt werden darf, ad absurdum geführt. Weil für ihn Political Correctness gleichbedeutend ist mit Political Incorrectness.

      Ich hatte also, wie gesagt, noch niemals eine Haushaltshilfe. Ich habe bisher keine gebraucht. Ich lasse nur selten und ungern andere Menschen in meine Wohnung. Wenn ich andere Menschen in meine Wohnung lasse, beispielsweise zu einer Abendessenseinladung, dann räume ich vorher auf. Die Vorstellung aber, für eine Putzhilfe extra aufräumen zu müssen, finde ich absurd. Schließlich sollte ja sie es sein, die Dreck und Chaos für mich beseitigt. Wofür sollte ich sie denn sonst einstellen? Da mache ich doch lieber einen Rundumschlag, räume auf, sauge und putze und fühle mich anschließend richtig gut – Stichwort: instant gratification. Auch so ein Anglizismus. Von meinem Mann, der ist nämlich Engländer. Und dem ist es bei uns sauber und aufgeräumt genug. Sagt er zumindest. Aber nur, wenn ich ihn frage.

      Meine Mutter jedenfalls hat eine Putzhilfe. Ach, was sage ich, Putzhilfe! Putzhilfen hat sie. Also immer nur eine zur Zeit. Eine Art serieller Monogamie ist das. Bezüglich der Hilfe, die sie im Haushalt in Anspruch nimmt. In der Liebe ist sie tatsächlich überzeugte Monogame.

      Und obwohl sie diejenige ist, die mir als Kind eingebläut hat, dass man „Putzfrau“ nicht sagt, ist sie heute diejenige, die „Putzfrau“ sagt.

      Und dass, obwohl sie gerade gar keine hat.

      Ach, und habe ich es schon erwähnt? Vor wenigen Wochen sagte sie dann zu mir: „Du glaubst ja gar nicht, wie schwierig es ist, einen guten Gärtner zu finden.“ Ich glaube als ich sie daraufhin fragend anlächelte, kam das ziemlich gequält rüber. Denn gedacht habe ich. Nein, jetzt nicht auch noch der Gärtner. Das Problem mit diesem war, dass er es im Rücken hatte und dass er in den Zeiten, in denen meine Eltern ihn wirklich gebraucht hätten, beispielsweise im Frühling, im Sommer und im Herbst nur sehr selten Zeit hatte. Im Winter dagegen tauchte er mehrmals in der Woche auf. Obwohl wirklich nichts zu tun war. Was soll ich sagen?

      Es ist Frühsommer und jetzt hat meine Mutter den Gärtner durch einen Roboter ersetzt. Zumindest beim Rasenmähen. Die Blumen gießt sie wieder selbst. Auch das Unkraut jätet sie. Dass es gut für die Bienen und Schmetterlinge wäre, es stehen zu lassen, lässt sie nicht gelten. Sie zupft. Obwohl sie es an den Knien hat und doch jeder weiß, dass Unkrautzupfen nicht gut für die Knie ist. Doch meine Mutter geht tapfer in die Hocke und zupft, was ihre arthritischen Finger hergeben. Allerdings interessiert sie sich nicht erst seit des Gärtners Abgang so sehr für die aktive Gartenarbeit. Michelle Obama ist Schuld. Denn während der Amtszeit ihres Mannes hat die First Lady einmal ihre perfekt geformten Oberarme ihren Aktivitäten im Garten zugeschrieben. Also jätet meine Mutter und gräbt und setzt und pflanzt und hofft auf ein entsprechendes Ergebnis. Ich möchte sie nicht desillusionieren indem ich ihr sage, dass die wirklich bezaubernde First Lady (mittlerweile ja leider Ex-First Lady) sicher noch die eine oder andere Kraftübung auf sich nimmt, um solche Oberarme zu formen. Zumindest aber Liegestütze.

      Meine Mutter betätigt sich ansonsten jedoch nicht sportlich. Also sage ich lieber nichts, denn generell sind die Vorzüge von Bewegung an der frischen Luft ja nicht von der Hand zu weisen. Und besser gärtnern als gar kein Sport.

      Währenddessen dreht nun der Roboter seine Runden. Er sieht aus, wie eine gestauchte Version eines schwarzen Porsche Cayenne, findet meine Mutter, oder wie eine riesige schwarze Kröte, finde ich. Aber für meine Mutter zählen ohnehin vor allem seine inneren Werte: Robby ist gewissenhaft, gründlich, pünktlich und er macht fast keinen Mucks. Soweit die Vorteile gegenüber seinen menschlichen Kollegen. Meine Mutter jedenfalls ist voll des Lobs für Robby.

      „Er ist so süß!“ ruft sie verzückt aus, als sie mir zum ersten Mal von ihm erzählt. „Oh warte. Wie spät ist es? Ich kann den Rasen erst sprengen, wenn er im Stall ist.“

      Um Punkt sechzehn Uhr hat Robby nämlich Feierabend. Dann fährt er ganz eigenständig in seine Garage und kommt erst am nächsten Tag wieder zum Vorschein.

      „Aber Mama, weißt du denn nicht, dass die Dinger Blindschleichen, Frösche und Igel überfahren?“

      „Pfff“, sagt meine Mutter. „Dafür ist doch Robby viel zu langsam. Und außerdem ist das Gequake unserer Frösche ohnehin nervtötend.“ Sie lacht.

      Und überhaupt: Warum in aller Welt, muss ein Rasen täglich gemäht werden? „Ist das denn nicht ein wenig übertrieben?, frage ich meine Mutter.

      Doch die macht nur wieder „Pfffff. Sonst sieht er nicht anständig aus.“

      Ich denke, es gibt wichtigere Dinge als einen gleichmäßig gestutzten Rasen. Obwohl man so etwas wohl weder in Deutschland noch in England laut aussprechen darf. Denken schon, aber nicht aussprechen. Denn natürlich gibt es kaum etwas Wichtigeres als ein gepflegtes Auto und einen perfekt gestutzten Rasen. Denn wie sollte sonst irgendjemand auf den Gedanken kommen, dass das Gras auf der anderen Seite grüner ist?

      Kapitel 2

      Apropos England: Mein Mann ist also Engländer und heißt sehr englisch George. Die Nächte verbringt er eher mit den Sternen als mit mir. Er ist zwar eigentlich Augenarzt, aber vom Herzen her ist er Astronom beziehungsweise seit Neustem Hobby-Exosoziologe. Das ist der jüngste Trend auf dem Gebiet. Exosoziologen beschäftigen sich mit allem, was im Universum – jenseits unseres blauen Planeten – existiert und passiert und was das mit uns – also den Menschen – macht. Das ist interessant, finde ich, aber folgen möchte ich George in diese Sphären nicht. Ich will nämlich gar nicht wissen, was das mit mir macht. Wirklich nicht. Es ist mir unheimlich, mir vorzustellen, da würde ein Paralleluniversum in Form einer zweiten Erde existieren. Bevölkert von menschenähnlichen Wesen mit eigener Weltanschauung und Politik, eigenen Schicksalen, in einem eigenen Mikrokosmos.

      „Ja eben“, sagt George dazu. „Genau damit beschäftigt sich ja die Exosoziologie. Mit genau diesen Ängsten. Siehst du, das macht selbst mit dir was!“

      „Wie meinst du das – selbst mit dir was?“, frage ich. Vielleicht klinge ich ein wenig gereizt.

      „Na ja, selbst so nüchterne Naturelle wie du, wühlt dieses Phänomen auf.“

      „Ich bin doch kein nüchternes Naturell“, widerspreche ich nüchtern.

      „Doch bist du“, widerspricht mir George. „Aber das ist okay. Und das bedeutet, dass es mit emotionaleren Menschen erst recht etwas macht. Das Phänomen, meine ich. Und um das zu erforschen, was eben dieses Phänomen mit den Menschen macht, dazu dient die Exosoziologie.“

      „Aha“, sage ich skeptisch. Und denke mir – noch eine weitere Spinnerei macht jetzt auch nichts mehr.

      George spricht mir von Kometen und Meteoritenschauern. Vom Asteroiden-Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter.

      Dem Radianten der Perseiden und den Aurigiden, von Leoniden und Geminiden. Ich schaue ihn bei diesen Vorträgen andächtig an. Ich sehe die Haare, die ihm aus der Nase wachsen und frage mich, ob ich ihn bitten darf, sie sich zu zupfen, ohne, dass er es übergriffig findet. Auch aus den Ohren wachsen ihm Härchen. Auf der Brust dafür gar keine, was natürlich okay ist. Ich komme ohne Haare auf der Brust klar. Aber ich möchte als Ausgleich nicht von denen in seiner Nase gekitzelt werden, wenn er mich mal küsst. Was nicht mehr oft passiert. Eigentlich kaum noch. Fast nie. Na ja, wir sind ja auch immerhin schon dreiundzwanzig Jahre verheiratet.

      Weil ich mir aber über all’ diese Sachen Gedanken mache, weiß ich nie, was er mir von den Sternen erzählt. Ich kenne mich also überhaupt nicht aus. Denn die Sterne sind ja zwar sehr schön, spielen aber

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