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drei Kinder und verdiente auf diese Weise für die Familie etwas dazu. Natürlich schwarz. Früher war das so. Da hieß das auch nicht schwarzarbeiten, sondern putzen gehen. Frau Fischer kam montags und freitags und wir bekamen sie eigentlich selten zu Gesicht. Sie war eine kräftige Person, die immer mit dem Fahrrad kam. Am Morgen schob sie ihr Klapp-Rad durchs Gartentörchen als wir schon in der Schule waren. Und mittags, wenn wir aus der Schule kamen, war sie bereits fort oder war gerade dabei, den Wischmopp wegzuräumen.

      Meine Mutter brauchte die morgendliche Stunde, die zwischen unserem Verschwinden und Frau Fischers Auftauchen lag, um „klar Schiff zu machen“. So nannte sie das, wenn sie das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine verfrachtete und den Esstisch abwischte. Denn erst musste Ordnung herrschen und dann konnte sauber gemacht werden. Heute verstehe ich diese Vorgehensweise etwas besser. Früher, wenn ich mal krank zu Hause bleiben durfte, wunderte es mich. Warum begann meine Mutter mit der Putzerei, bevor ihre Hilfe da war? Wollte sie einen guten Eindruck auf sie machen? Eine Sauberkeit vorgaukeln, die wir gar nicht beherrschten? Während sie ihr in Wirklichkeit einfach Arbeit abnahm?

      „Sie kann dann direkt mit dem richtigen Putzen anfangen“, erklärte sie mir, als ich einmal nachfragte. Ich hatte bis zu jenem Zeitpunkt nicht gewusst, dass es ein richtiges und ein nicht so richtiges Putzen gab. Das richtige Putzen, in das Frau Fischer einstieg, sobald sie ihren Mantel oder ihre Jacke verstaut und die Hausschuhe angezogen hatte, bestand zunächst darin, beinahe alles, was mit den Füßen den Boden berührte, also bodenständig war, (kleiner Scherz, da bekommt das Wort doch gleich mal eine ganz neue Bedeutung), nach oben zu stellen: Stühle, Hocker, Waage, und Papierkörbe. Die Tische blieben stehen, denn auf ihnen wurden die Sachen in Sicherheit gebracht, die zuvor den Boden berührt hatten. Dann wurde gesaugt und gewischt. Bevor dann schließlich alles, was in Sicherheit gebracht worden war, wieder auf den Boden kam.

      Frau Fischer war freundlich und unauffällig. Bis auf das metallene Dreieck, das sie auf dem Kopf trug. Es sollte helfen, sie vor schlechter Energie zu schützen, erklärte sie uns, als wir fragten. Ich dachte an Gespenster und an andere übernatürliche Kräfte. Meine Mutter fand das alles ziemlich albern und verdrehte ständig die Augen, wenn Frau Fischer ihr Tipps geben wollte, wie sie mit ihrer guten Energie haushalten könnte.

      Frau Fischer war außerdem Zeugin Jehovas. Was das genau bedeutete, verstand ich als Kind nicht so genau. Während des Studiums dann, standen jeden Samstag ein bis zwei Zeugen Jehovas vor der Tür meines Studentenwohnheimzimmers und hörten gar nicht mehr auf, über die Vorzüge des Zeugendaseins zu sprechen. Diese ließen sich dahingehend verknappt zusammenfassen, dass eigentlich nur die Zeugen Jehovas ins Paradies kamen.

      Frau Fischer lamentierte manches Mal darüber, dass ihr Mann unter schweren, berufsbedingten Rückenschmerzen litt – er arbeitete als Schreiner und musste sich viel bücken und viel schleppen. So wünschte sich Frau Fischer beim Putzen manchmal laut, dass Armageddon doch bald kommen möge, damit ihr Mann endlich von seinen Schmerzen erlöst würde. Da war selbst meine Mutter kurz sprachlos gewesen. Dann sagte sie, dass sie überhaupt nicht bereit sei für dieses Armageddon. Musste sie auch gar nicht. Denn Frau Fischer wartete nicht auf Armageddon, sondern verschwand schon vorher, nach etwa fünf Jahren im Dienste unserer Familie, sang- und klanglos wieder aus unserem Leben. Sie war von einer Bekannten meiner Mutter abgeworben worden. So nach und nach. Zunächst war sie immer seltener erschienen, bis es meiner Mutter nicht mehr häufig genug gewesen war und dann hatte sie sich gegen meine Mutter und für die Bekannte entschieden.

      Kaum war Frau Fischer fort, nahm die Fluktuation in Sachen „Putzhilfe meiner Mutter“ so richtig Fahrt auf. Vielleicht war Frau Fischer ja doch die perfekte Putzhilfe gewesen und hatte die Latte entsprechend hoch gelegt.

      In jedem Fall hatte ihre direkte Nachfolgerin es schwer gehabt. Eine attraktive Person mit nicht enden wollenden schönen Beinen war sie gewesen, die es eigentlich nicht nötig gehabt hatte putzen zu gehen. Sie hatte immer wohlhabende Liebhaber, die ihr das Leben finanzierten. „Aber“, so sagte sie meiner Mutter zur Erklärung „Männer kommen und gehen.“

      Sie war für Unabhängigkeit und steckte sich daher das Geld meiner Eltern unversteuert in die Tasche. Ihr aktueller Partner war Besitzer einer italienischen Restaurantkette und sah es nicht gerne, dass sie putzen ging. Aber darüber lachte Frau Rosen nur. Sie hatte ein dreckiges Lachen, das durch ihren großzügigen Brustkorb einiges an Volumen bekam. Im Winter kam sie in einem Nerzmantel zur Arbeit. Meiner Mutter erzählte sie beim Putzen die abenteuerlichsten Geschichten, wenn sie mal wieder mit ihrem Liebsten in seiner Heimatstadt unten im italienischen Stiefel unterwegs gewesen war. Die großen Familienessen, denen sie beigewohnt hatte. Die köstlichen Speisen. Die Weinberge, die der Familie gehörten. Meine Mutter war überzeugt, dass es sich um mafiöse Verflechtungen handeln musste. Doch das sprach sie bei Frau Rosen nie offen an. Vielleicht auch aus Angst vor noch mehr Kommunikation. Denn das war ohnehin das Problem mit Frau Rosen. Sie schwatzte meiner Mutter zu viel und putzte zu wenig. Minutenlang ließ sie Staubsauger und Schrubber ruhen. Wenn sie pünktlich um zwölf Uhr das Haus verließ, entdeckte meine Mutter Staub hier, Schmutz da und empörte sich laut darüber. Frau Rosen kam einfach vor lauter Schwatzen nicht so recht zum Putzen.

      Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war dann aber folgender. Ein Cousin meiner Mutter war ein hervorragender Bildhauer gewesen. Er hatte meiner Mutter einst eine wunderbare Skulptur aus Keramik geschenkt. Einen Steinbock. Das Sternzeichen meiner Mutter. Diesen Bock stieß die Putzfrau meiner Mutter beim Putzen einmal versehentlich von seinem Sockel. Als meine Mutter vom Einkaufen zurückkam, fand sie einen Zettel. „Signora“, stand darauf „Ich habe dem Reh die Hörner abgestoßen. Alles aber halb so schlimm. Ich konnte sie mit UHU befestigen.“ Die Tirade, die meine Mutter daraufhin über ihre Putzfrau losließ, musste mal wieder ich mir anhören. „UHU! Das musst du dir mal vorstellen! UHU!!!!“ Sie ließ sich gar nicht wieder beruhigen. Es war eine wertvolle Skulptur gewesen. Laut der Aussage meiner Mutter hätte man sie sogar wieder kitten können, da sie aus Keramik war. Aber durch das UHU war sie für immer verhunzt. Das war dann wieder einmal ein triftiger Grund für meine Mutter ihrer Hilfe den Laufpass zu geben.

      Die Nächste kam aus Polen und überlebte nur einen knappen Monat bei uns. Ebenfalls eine adrette Person, die viel Wert auf ein minutiöses Makeup legte, wenn auch nicht ganz so attraktiv wie Frau Rosen. Magdalena zupfte sich dafür sorgfältig die Augenbrauen und investierte viel Zeit und sicher auch Geld in ihre Frisur und Haarfarbe. Mahagoni trifft vermutlich den Ton.

      Ihre Art zu putzen könnte man mit energisch oder akribisch beschreiben. Tatsache ist, dass die Möbel meiner Eltern Schaden nahmen. Magdalena ging mit dem Staubsauger so vehement zu Werke, dass jeder Schrank, jeder Tisch und jede Kommode in kürzester Zeit Macken abbekam.

      Meine Mutter war den Tränen nahe, als sie es mir am Telefon erzählte. „Ich bin sicher, dass sie mich um meine schönen Möbel beneidet. Sie macht das mit Absicht“, sagte sie mit bebender Stimme. Wie immer versuchte ich sie zu beschwichtigen und der Geschichte ein klein wenig Drama zu nehmen, indem ich ihr sagte, dass die Dame vermutlich gar nicht mitbekam, was sie da anrichtete. Doch meine Mutter machte das ihr typische „Pffff“ und erklärte mich für ziemlich naiv. „Das glaubst du doch nicht ernsthaft“, sagte sie. Und ihre Stimme klang jetzt wieder ganz fest. Meine Mutter entließ Magdalena dann mit dem Vorwand, sie würde nun wieder alleine putzen. Dagegen konnte man natürlich überhaupt nichts sagen. Auch wenn es nur ein Vorwand war und blieb.

      Gestern rief sie mich übrigens an, um mir die neuste Wendung in Robbys Leben zu erzählen.

      „Stell dir vor, gestern saß eine von diesen dicken Wildtauben auf der Wiese. Robby steuerte geradewegs auf sie zu. Sie ist im letzten Moment zur Seite gehüpft.“ Meine Mutter kriegt sich gar nicht mehr ein vor Lachen und ich habe viel Zeit zu überlegen, wo sich in dieser Geschichte der Witz versteckt hat.

      Kapitel 7

      Der

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