Die Macht des Gedankens. Orison Swett Marden

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Die Macht des Gedankens - Orison Swett Marden

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style="font-size:15px;">      Und doch leben wir von unsrer Geburt an unter der Herrschaft und in der Gegenwart dieses bösen Geistes, der Furcht! Tausendmal wird das Kind vor dem und jenem gewarnt: hier droht ihm Gift, hier ein Biss, hier gar der Tod; irgendetwas Schreckliches steht ihm bevor, wenn es dies oder das tut. Männer und Frauen können bestimmte harmlose Tiere nicht ohne Entsetzen erblicken, weil man ihnen als Kinder gesagt hatte, sie würden von ihnen verletzt. Es ist eine der größten denkbaren Grausamkeiten, in den bildsamen Geist eines Kindes das schreckliche Bild der Furcht einzudrücken, das wie die Buchstaben in der Rinde eines jungen Stämmchens mit den Jahren sich immer verbreitert und vertieft. Die düstern Schatten dieses schrecklichen Bildes hängen über dem ganzen Leben und schließen die Sonne der Freude und des Glückes von ihm aus.

      Ein australischer Schriftsteller sagt: „Fast das größte Unglück, das ein heranwachsendes Kind treffen kann, ist, eine Mutter zu haben, die beständig von nervöser Angst gequält wird. Wenn eine Mutter der krankhaften, ins Kleinste gehenden und alles durchdringenden Furcht Raum gibt, so erfüllt sie unvermeidlich die Umgebung ihrer Kinder mit Schreck und Angst. Der Hintergrund der Furcht ist die Gewohnheit oder die Neigung, das Schlimmste vorauszusehen und zu erwarten. Die Mutter, die keinen Schritt tut und ihre Kinder keinen Schritt tun lässt, ohne Millionen von furchtbaren Möglichkeiten im Geist heraufzubeschwören, verbittert ihnen den Lebenskelch mit einem langsam, aber sicher wirkenden Gift. Ich weiß, dass Tausende von Jungen und Mädchen heute ängstlich, schwächlich, untätig und ungeschickt sind, bloß weil man sie schon im frühesten Alter gelehrt hat, in allem, was sie taten oder nur versuchten, die Möglichkeit einer Gefahr zu erblicken. Eine Mutter nimmt eine furchtbare Verantwortung auf sich, wenn sie aus törichter Furcht vor einer möglichen Verletzung ihrem Kind das Austoben seines Überschusses an Lebenskraft verbietet, das den Mut, die Ausdauer, das Selbstvertrauen und die Selbstbeherrschung gleichmäßig fördert.“

      „Mehr als zwanzig Jahre habe ich der Erforschung der Seelenkunde des Verbrechers und des Kindes gewidmet“, sagt Dr. Lino Ferriani. „Tausendmal habe ich die traurige Tatsache feststellen müssen, dass mindestens achtzig von hundert krankhaft ängstlichen Kindern bei Zeiten hätten geheilt werden können durch die einfachsten, vom gesunden Menschenverstand eingegebenen Regeln der seelischen und körperlichen Gesundheitslehre, bei denen das wichtigste Stück die Suggestion ist, die von einem tapferen Mut ausgeht.“

      Nicht zufrieden damit, Furcht vor Dingen einzuflößen, die wenigstens wirklich werden könnten, erfinden viele Mütter und die meisten Kinderwärterinnen noch alle Arten von Schreckgespenstern und Ungetümen, um die armen Kinder durch Schrecken zum Gehorsam zu bringen. Manchmal kann man sogar hören, wie ein Kind zum Schlafen gebracht werden soll durch die Worte: „Wenn du nicht sogleich einschläfst, kommt ein großer schwarzer Bär und frisst dich.“ Wie viel Schlaf würde wohl ein Erwachsener in einer Lage finden, wo so etwas wirklich möglich wäre?

      Die Furcht im Dunkeln würde es fast gar nicht geben, wenn die Eltern sich bemühten, den Kindern beizubringen, dass im Finstern alles ebenso ist wie im Hellen. Aber stattdessen bevölkern sie das geheimnisvolle Dunkel noch mit allen möglichen Ungeheuern und Gespenstern, wie sie die menschliche Einbildungskraft sich nur ausdenken kann.

      Die Mütter verschwenden eine Unsumme von Energie in der Angst um ihre Kinder. Manche finden keinen Augenblick Ruhe, solange ihre Jungen oder Mädchen ihnen aus den Augen sind. Wie oft hast du in der Einbildung dein Kind von einem Baum oder sonst wo herunterfallen sehen! Wie oft hast du sie ertrinken sehen, wenn sie im Boot fuhren oder Schlittschuh liefen! Wie oft hast du deinen Jungen im Geist vom Fußball oder andern Spielen mit gebrochenen Gliedern oder blutendem Gesicht heimtragen sehen! Wenn nun nichts von all dem eingetroffen ist, was ersetzt dir die Stunden der Angst mit ihrer Schwächung der Lebenskraft und des Lebensmutes? Solche nutzlosen Einbildungen aller möglichen Übel machen viele Frauen vor der Zeit alt und welk. Und das Schlimmste ist, dass so viele meinen, es sei ihre Pflicht und ein Zeichen ihrer Liebe, wenn sie sich die ganze Zeit ängstigen!

      Wenn so furchtsame und ängstliche Mütter ihre Kinder mit einem Luftkreis von Furcht umgeben und ihnen gar noch neue und unwirkliche Gegenstände der Furcht aufreden, dann ist es nicht zu verwundern, dass die ganze Welt belastet und niedergedrückt erscheint unter dem furchtbaren Gewicht der Furcht und Angst. Geh in irgendeine Versammlung von Menschen, und wie heiter und glücklich sie auch erscheinen mögen, du wirst finden, wenn du einen der Heitersten fragst, dass der Wurm der Furcht in irgendeiner Gestalt an seinem Herzen nagt. Die Furcht vor einem Unglücksfall, vor Krankheit, vor Verarmung, vor dem Tod, vor irgendeinem schrecklichen Unglück lauert auch unter der Decke der scheinbar größten Lustigkeit. So verbringen Tausende von Menschen ihr Leben unter dem Schatten der Furcht, gescheucht von der Angst vor einem unbekannten drohenden Übel.

      So spricht die Sorge zu Faust:

       Wen ich einmal mir besitze,

      

       dem ist alle Welt nichts nütze;

      

       ewiges Düstre steigt herunter,

      

       Sonne geht nicht auf noch unter,

      

       bei vollkommen äußern Sinnen

      

       wohnen Finsternisse drinnen,

      

       und er weiß von allen Schätzen

      

       sich nicht in Besitz zu setzen.

      

       Glück und Unglück wird zur Grille,

      

       er verhungert in der Fülle.

      Viele Menschen verderben sich ihr Leben durch das ewige Sorgen um das, was wohl morgen geschehen wird. Die Familie leistet sich nicht das kleinste erlaubte Vergnügen, keine Reise, keine gute Zeitschrift, keine Erholung, man spart an der Kleidung, sogar am Essen und allem, was zur Bildung und Erholung gehört, wenn es Geld kostet – alles bloß, weil vielleicht nächstes Jahr schlechte Zeiten kommen könnten. „Es kann eine plötzliche Wendung des Geldmarktes eintreten“, sagt der Schwarzseher. „Ein Kind kann krank werden, die Zeiten können schlecht sein, die Ernte kann missraten, eine geschäftliche Unternehmung kann missglücken. Wir können nicht voraussagen, was geschehen kann, aber wir müssen auf das Schlimmste gefasst und vorbereitet sein.“ So wird das Leben von Hunderten von Familien verkümmert und manchmal gänzlich gestört, alles durch das Schreckensgespenst eines bevorstehenden Unglücks.

      Eine der schlimmsten Eigenschaften dieses übersparsamen, ängstlichen und hoffnungsarmen Lebens ist die, dass es die Entwicklung der Jugend hindert und schädigt und seine dunklen Schatten gleichmäßig über die Zukunft wie über die Gegenwart wirft. Eine Tochter oder ein Sohn sollten zum Beispiel dieses Jahr eine bestimmte höhere Schule besuchen. Die Zeit eilt schnell, und ehe sie es merken, sind sie zu alt dazu. Aber Vater und Mutter sind überzeugt, dass sie sich dieses Jahr keine besondere Ausgabe leisten können, und so heißt es jedes Jahr: „Sie müssen noch ein bisschen warten.“

      Wie viele Menschen werden in ihrer Bildung geschädigt und ihrer Möglichkeiten beraubt, bloß weil ihre Eltern die nötige Ausbildung aus Furcht vor etwas, das niemals eintrat, aufgeschoben haben,

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